Die US-Behörde für nationale Arbeitsbeziehungen und Arbeiterrechte (National Labor Relations Board, NLRB) hat in dieser Woche eine Beschwerde gegen Google und seine Muttergesellschaft Alphabet eingereicht und beschuldigt den Konzern, gegen Arbeitsgesetze zu verstoßen.
Das Unternehmen habe Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer gesetzlich "garantierten Rechte behindert, eingeschränkt und genötigt", hieß es in der am Dienstag eingereichten Beschwerde. Die Agentur gibt an, dass Google Mitarbeiter "bei zahlreichen Gelegenheiten" unrechtmäßig überwacht habe, darunter auch bei der Einsichtnahme in eine Mitarbeiterpräsentation zur Unterstützung von Gewerkschaftsbemühungen, heißt es in den Akten.
Google soll Mitarbeiter nicht nur unrechtmäßig ausspioniert haben, sondern mehrere Mitarbeiter dazu weiterhin "verhört" und einige als Vergeltung für den Versuch der gewerkschaftlichen Organisierung entlassen haben. Mitarbeiter sollen vom Unternehmen unrechtmäßig daran gehindert worden sein, Beschwerden und Informationen über die Arbeit auszutauschen. Sollte dies zutreffen, würde Googles Handeln schwere Verstöße gegen das US-Arbeitsrecht darstellen.
Zuvor hatten zwei gekündigte Mitarbeiter mithilfe der Gewerkschaft Communications Workers of America eine Klage bei der NLRB eingereicht. Rebecca Rivers und Laurence Berland wurden im November 2019 plötzlich und auf unbestimmte Zeit von der Verwaltung beurlaubt, weil sie angeblich "Geschäftsinformationen außerhalb ihres Arbeitsplatzes verbreitet" hätten. Kurz darauf entließ Google die Sicherheitsingenieurin Kathryn Spiers, nachdem sie eine Pop-up-Benachrichtigung im Google-internen System erstellt hatte. Die Mitarbeiter sollten auf die Zusammenarbeit des Konzerns mit IRI Consultants, einer für ihre gewerkschaftsfeindliche Arbeit bekannten Firma, und auf ihre Rechte aufmerksam gemacht werden. Berland und Spiers wandten sich an das NLRB.
Die Beschäftigten erhielten öffentliche Unterstützung von den Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren, die Google wegen der "gewerkschaftsfeindlichen" Aktionen auf Twitter kritisierten.
Laut der US-Behörde gab es seitens der Mitarbeiter keinerlei Fehlverhalten. Es wird bis Mitte Dezember mit einer Antwort auf ihre Beschwerde von Google gerechnet. Im April nächsten Jahres will die NLRB eine Anhörung zu dem Fall durchführen. Google könnte angewiesen werden, die entlassenen Mitarbeiter wieder einzustellen. Sollte Google sich nicht auf eine Einigung einlassen, landet der Fall vor einem Verwaltungsgericht, wie die New York Times berichtet.
Der Technikgigant erlebte in den letzten Jahren eine Reihe von Mitarbeiterrevolten. Im Jahr 2018 unterzeichneten mehr als 3.000 Arbeiter eine Petition, in der das Unternehmen aufgefordert wurde, sich aus einem KI-Projekt des Pentagon zurückzuziehen, und forderten das Unternehmen auf, die Entwicklung von "Kriegsführungstechnologie" zu unterbinden. Zufälligerweise verschwand Googles inoffizielles Motto "Don't be Evil" im selben Jahr.
Im Jahr 2019 strebte Google bei der NLRB an, Mitarbeitern die Nutzung des Mailpostfaches zur Organisation von Protesten zu untersagen. Nach Schikanen des Konzerns sollen mehrere Mitarbeiter, die in die Proteste involviert waren, ihren Arbeitsplatz ohne den Behördengang zur NLRB geräumt haben.
Am Donnerstag twitterte die Ex-Google-Sicherheitsingenieurin Spiers, dass es bei ihr ein Jahr gedauert habe, die Bestätigung des NLRB zu erhalten, dass ihre Entlassung illegal war. Sie fügte hinzu, sie hofft, dass es bei Timnit Gebru schneller geht. Der Experte für Künstliche Intelligenz und leitende Angestellte für Ethik wurde offenbar in diesen Tagen entlassen.
Auch der Online-Gigant Amazon macht aktuell wieder Schlagzeilen aufgrund seiner bedenklichen Herangehensweise an Arbeitsbedingungen und Arbeitnehmerrechte. In Spanien bahnt sich eine gerichtliche Auseinandersetzung mit der Arbeitergewerkschaft Comisiones Obreras (CCOO) wegen eines Berichts an, wonach private Ermittler angeheuert wurden, um einen Streik vor einem der Lagerhäuser des Unternehmens zu infiltrieren und heimlich zu überwachen.
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