Gebannt schaut, nein, starrt die Welt in einer Mischung aus Faszination und Ungläubigkeit auf die hollywoodreifen Geschehnisse in Übersee. Das Rennen um die US-Präsidentschaft schien gelaufen, nachdem US-Leitmedien verkündet hatten, dass Herausforderer Joe Biden genügend Wahlmännerstimmen hinter sich vereinen konnte.
Hierzulande freute man sich bereits darüber, dass nun neben Biden samt Gattin auch endlich wieder ein Hund durch die Gemächer des Weißen Hauses tollen würde.
Hunde erinnern einen daran, in der Gegenwart zu leben", zitiert etwa die FAZ den ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden.
Das tiefe Sehnen nach transatlantischer Selbstvergewisserung war und ist geradezu mit Händen zu greifen.
Doch abgesehen davon, dass es dieses "Zurück in die Zukunft" ohnehin nicht geben wird, heißt der gewählte und amtierende US-Präsident noch immer Donald Trump. Und dieser setzt nun alles daran, nicht der einzige US-Präsident nach knapp 30 Jahren zu sein, der sich ohne eine zweite Amtszeit hinter sich zu wissen, als gut gebuchter Gastredner und Buchautor auf sein Altenteil zurückzieht. Trump wittert Betrug bei der Stimmauszählung.
Derweil meldete sich nun auch US-Außenminister Mike Pompeo zu Wort.
Es wird einen reibungslosen Übergang zu einer zweiten Trump-Administration geben", erklärte Pompeo vor Pressevertretern im US-Außenministerium.
Und während seine Kontrahenten in Politik und Medien nicht müde werden, darauf zu verweisen, dass es für Trumps Behauptungen des Wahlbetrugs keine "Beweise" gäbe, erteilte US-Justizminister William Barr den Staatsanwälten die Erlaubnis, genau diese zu erbringen.
Die Staatsanwälte sollen die Vorwürfe über Wahlbetrug noch vor Bekanntgabe der Endergebnisse untersuchen. Solche Verfahren dürften aufgenommen werden, wenn es "klare und offenbar glaubwürdige Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten" gebe, die den Wahlausgang in einem Bundesstaat beeinflusst haben könnten, hieß es demnach in Barrs Schreiben an die Staatsanwälte.
Derweil überschlagen sich in Washington die Ereignisse, und wie zu Bestzeiten läuft ein wütender Trump auf Twitter zu Höchstform auf.
Wir werden gewinnen", setzte er nun als Nachricht auf dem Kurznachrichtendienst ab.
Wie nun berichtet wird, dreht der US-Präsident am Personalkarussell – und das ausgerechnet im Pentagon. Am Montag feuerte Trump den bisherigen US-Verteidigungsminister Mark Esper.
Ich freue mich, bekannt zu geben, dass Christopher C. Miller, der hochangesehene Direktor des Nationalen Antiterrorismuszentrums (einstimmig vom Senat bestätigt), mit sofortiger Wirkung amtierender Verteidigungsminister wird", twitterte Trump daraufhin.
Damit vollzog er seine erste personelle Rochade seit dem Beginn der US-Wahlen. In einer Erklärung äußerte sich Esper nach seiner Entlassung durch Trump:
Ich bin besonders stolz auf diese Errungenschaften angesichts der Herausforderungen, denen wir auf unserem Weg begegnet sind: eine globale Pandemie, Konfrontationen mit Iran und seinen Vertretern im gesamten Nahen Osten, die fortgesetzte Stationierung von Truppen in Konfliktgebieten, innere Unruhen, böswilliges Verhalten Russlands und Chinas weltweit und eine aufgeladene politische Atmosphäre hier zu Hause. Durch dick und dünn haben wir jedoch immer die Menschen und das Land an die erste Stelle gesetzt.
Nun bestätigte das Pentagon in einer Erklärung die Entlassungen (resignantions) von Spitzenbeamten der Abteilung für Politik und Geheimdienst. Zu den Beamten, die ihren Rücktritt einreichten, zählen James Anderson, der bis dato amtierende Staatssekretär für Politik, Joseph Kernan, Staatssekretär für Nachrichtendienste, und Jen Stewart, seines Zeichens Espers Stabschef. In der Pressemitteilung hieß es, Kernans Rücktritt sei bereits "seit mehreren Monaten geplant" gewesen.
Es scheint, dass wir mit den Enthauptungen vorerst fertig sind", soll ein hochrangiger Beamter des Pentagons mit Bezug auf die Welle von Entlassungen gegenüber CNN geäußert haben.
Am Dienstag besetzte Trump die Posten der Beamten dann mit "Loyalisten", wie US-Medien meldeten. General a. D. Anthony Tata soll nun Anderson ersetzen. Ezra Cohen-Watnick, der im Verteidigungsministerium arbeitet und ein Vertrauter des in Ungnade gefallenen ehemaligen Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn, wird Kernans Posten besetzen. Kash Patel, ein ehemaliger Beamter des Nationalen Sicherheitsrates, soll Stewart ersetzen.
Das ist beängstigend, es ist sehr beunruhigend. Das sind Schritte eines Diktators", soll ein Pentagon-Beamter gegenüber dem führenden US-Nachrichtensender geäußert haben.
Auch deutsche Politiker äußerten sich zuletzt vermehrt zu den Vorgängen in den USA. Als besonders umtriebig erweist sich dabei der SPD-Fraktionsvorsitzende im schleswig-holsteinischen Landtag, Ralf Stegner.
Die Nachwahlfarce in den USA geht weiter, da der amtierende Präsident Donald Trump nichts unversucht lässt, das demokratische Wahlergebnis zu diskreditieren. Er orientiert sich an seinen Vorbildern Kim, Bolsonaro, Erdogan & Co. und blockiert den demokratischen Wechsel", ist sich Stegner sicher.
In einer Erklärung dankte der neue Verteidigungsminister Miller derweil den geschassten Beamten für ihre Arbeit.
Ich möchte Dr. Anderson, Admiral Kernan und Jen Stewart für ihren Dienst für die Nation und das Ministerium danken. Jeder von ihnen hat in seiner Laufbahn einen großen Beitrag zur Landesverteidigung und zur Zukunft des Verteidigungsministeriums geleistet. Wir wünschen ihnen bei ihren nächsten Bemühungen das Beste.
US-Medien brachten den nun von Miller zu seinem Stabschef ernannten Kash Patel mit "Bemühungen in Verbindung", "die Untersuchung der Verbindungen zwischen dem Wahlkampfstab Trumps und Russland" nach Trumps Wahlsieg 2016 "zu diskreditieren". Bis heute konnten die entsprechenden Vorwürfe gegenüber dem US-Präsidenten freilich nicht mit "Beweisen" untermauert werden, auch wenn Demokraten und US-Leitmedien nun nicht müde werden, ebensolche Beweise für Trumps Wahlbetrugsvorwürfe zu fordern.
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