In Washingtoner Geheimdienstkreisen wird darüber spekuliert, dass Michael Morell wieder die Leitung der Central Intelligence Agency (CIA) übernehmen könnte. Morell war zwischen 2010 und 2013 stellvertretender Direktor der CIA in der Obama-Regierung und fungierte in dieser Zeit auch zweimal als amtierender Direktor der Behörde.
Vom 1. Juli bis zum 6. September 2011 war er zum ersten Mal amtierender Direktor der CIA und löste Leon Panetta ab, als dieser zum Verteidigungsminister ernannt wurde. Am 9. November 2012 wurde Morell nach dem Rücktritt von David Petraeus infolge eines Sexskandals erneut kommissarischer Direktor.
2010 wurde Morell für seine Rolle bei der Operation, die zur Tötung von Osama bin Laden führte, mit der Distinguished Intelligence Medal, der zweithöchsten Auszeichnung der CIA, ausgezeichnet. Denn auch schon unter Obamas Vorgänger, George W. Bush, gehörte Morell zu den einflussreichen Geheimdienstmitarbeitern rund um das Weiße Haus. Er briefte 2001 Bush täglich über die Berichte des CIA. Den 11. September 2001 verbrachte Morell zusammen mit Bush. Auf die Frage von Bush, wer für die Anschläge verantwortlich war, sagte Morell: "Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Spur bis vor die Haustür von bin Laden und al Qaida führen wird."
2013 verließ Morell schließlich die CIA und ging zu der Beratungsfirma Beacon Global Strategies. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben auf Fragen der internationalen Politik, Außenpolitik, Landesverteidigung, Cyber- und Nachrichtendienste sowie innere Sicherheit spezialisiert. In einem Artikel in dem US-Magazin Defense News vom September 2013 (leider online nicht mehr auffindbar, deswegen ausnahmsweise eine Wikipedia-Link) wird Beacon Global Strategies als einzigartig für eine Washingtoner Beratungsfirma beschrieben, da ihre Partner die Absicht hätten, irgendwann in die Regierung zurückzukehren. Zudem hätten die meisten Gründer der Firma Verbindungen zur ehemaligen Außenministerin Hillary Clinton.
Eine Vermutung, über die auch das Nachrichtenportal The Intercept berichtete. Nun könnte es in der Tat ein Comeback für Morell unter Joe Biden geben. Es wären weitere schlechte Nachrichten für das ohnehin schwer angeschlagene Verhältnis zwischen den USA und Russland.
In einem Interview mit dem US-amerikanischen Moderator Charlie Rose im August 2016 machte Morell keinen Hehl daraus, wie er in Syrien vorgehen würde, wenn er denn könnte. Wörtlich sagte er: "Wir müssen die Iraner und Russen in Syrien einen Preis zahlen lassen." Auf die Nachfrage von Rose, ob mit "Preis zahlen" gemeint sei, "Russen und Iraner zu töten", erwiderte Morell: "Ja, verdeckt."
Weniger verdeckt sollte es allerdings im Umgang mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zugehen. In demselben Interview sagte Morell:
Ich will Assad Angst einjagen. Ich möchte seine Büros mitten in der Nacht zerbomben.
Hier ein Ausschnitt aus dem Interview:
Auch zu der vermeintlichen Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf 2016 hat Morell klare Ansichten. Im Dezember 2016 erklärte er, dass die "Einmischung Russlands" in die Präsidentschaftswahlen der Vereinigten Staaten 2016 "das politische Äquivalent zu 9/11" sei. Er fügte hinzu, dass Präsident Obama trotz der Zweifel des designierten Präsidenten Donald Trump an den Vorwürfen des russischen Einflusses in Kürze mit harten Sanktionen zurückschlagen sollte.
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