US-Präsident Trump ergreift die Gelegenheit, die konservative Mehrheit im Obersten Gericht der USA zu zementieren. Am Samstag hat er die Juristin Amy Coney Barrett für den freien Sitz im Supreme Court nominiert und will sie noch vor der Präsidentschaftswahl am 3. November ins Amt bringen. Barrett soll die Liberalen-Ikone Ruth Bader Ginsburg ersetzen, die vergangene Woche an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben ist.
Bei der Bekanntgabe der Nominierung sagte der US-Präsident, Barrett gehöre zu den brillantesten Rechtsexperten in den USA. Sie selbst betonte:
Richter machen keine Politik, und sie müssen alle politischen Ansichten zurückstellen.
Die 48-Jährige wurde bereits in den vergangenen Tagen als aussichtsreichste von mehreren Kandidatinnen gehandelt. Sie ist seit dem Jahr 2017 Richterin an einem Berufungsgericht. Die Katholikin gilt unter anderem als Abtreibungsgegnerin. Bei der Anhörung im US-Senat für den Posten als Berufungsrichterin im Jahr 2017 betonte die Juristin, dass sie sich nur vom Gesetz und nicht von ihrem Glauben leiten lasse.
Die Demokraten, die Barretts Ernennung nicht verhindern können, wollen nun die Wähler mobilisieren. Sie schlagen Alarm, dass die Ansichten der konservativen Juristin das Ende der Gesundheitsversorgung für Millionen Amerikaner bedeuten könnte. Mit der 48-jährigen Barrett hätten die konservativen Richter eine klare Mehrheit von sechs der neun Sitze im Supreme Court. Das könnte die amerikanische Gesellschaft nachhaltig verändern. Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, sagte:
Wenn die Amerikaner mehr über Barretts Ansichten erfahren, wird sie sehr unpopulär werden.
Die Demokraten um Präsidentschaftskandidat Joe Biden fordern, dass der Sieger der Präsidentenwahl über die Ginsburg-Nachfolge entscheidet. Bisher haben sich zwei republikanische Senatorinnen gegen eine Entscheidung vor dem 3. November ausgesprochen. Die Ernennung scheitert, wenn die Republikaner auf weniger als 50 Ja-Stimmen kommen – bei einem Patt von 50 zu 50 kann Vizepräsident Mike Pence auf ihrer Seite eingreifen.
Das Oberste Gericht hat in den USA oft das letzte Wort bei Grundsatzfragen zu Streitthemen wie Abtreibung, Einwanderung, Waffenrecht und Diskriminierung. Es gilt als wahrscheinlich, dass amerikanische Konservative nun einen neuen Anlauf machen könnten, das Recht auf Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehen vor Gericht zu kippen oder zumindest einzuschränken.
Die Richter am Obersten Gericht werden auf Lebenszeit ernannt. Sie werden vom Präsidenten vorgeschlagen und vom Senat bestätigt. Die Republikaner haben im Senat eine Mehrheit von 53 der 100 Sitze. Barretts Anhörung im Justizausschuss soll bereits am 12. Oktober beginnen.
Zur Kontroverse um die Nominierung trägt auch bei, dass im Jahr 2016 die Republikaner im Senat einen Kandidaten des damaligen Präsidenten Barack Obama für die Nachfolge des verstorbenen Richters Antonin Scalia blockiert hatten. Mehrheitsführer Mitch McConnell erklärte damals zur Begründung unter anderem, dass der Senat in einem Wahljahr grundsätzlich keine Richterposten am Supreme Court besetzen sollte. Jetzt nahm er diese Regel mit der Begründung zurück, dass diesmal das Weiße Haus und der Senat in der Hand einer Partei seien. (dpa)
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