Die von Trump-Gegnern seit dessen Wahl im November 2016 immer wieder gern gestreuten Gerüchte bezüglich angeblicher "Russlandkontakte" des Präsidenten dürften seit Sonntag nun gänzlich an Substanz verloren haben. Es war wiederholt behauptet worden, es hätte Absprachen und geheime Kooperationen zwischen Trumps Wahlkampfteam und "dem Kreml" gegeben. Durch bewusste Verletzung der nationalen Sicherheit der USA habe es das Trump-Lager schließlich "russischen Hackern" ermöglicht, brisante Daten aus den Servern der Demokratischen Partei zu stehlen und diese WikiLeaks zur Veröffentlichung zuzuspielen.
Zudem war noch im Wahlkampf bekannt geworden, dass Hillary Clinton während ihrer Zeit als Außenministerin für ihre dienstliche E-Mail-Kommunikation teilweise einen privaten Server nutzte. Auch das FBI warf Clinton damals vor, "extrem leichtsinnig" mit "streng geheimen Informationen" umgegangen zu sein. Obendrein löschte Clinton dann noch mehr als 30.000 dieser E-Mails, bevor sie dem Außenministerium übergeben werden konnten – nach eigenen Angaben ausschließlich jene, die "rein private" Informationen enthielten. In der sogenannten Russlandaffäre um Trump legte Clinton dann aber nach: Demnach hätte sich Trump mit Russland "verschworen", indem er Moskau um genau diese gelöschten E-Mails bat.
Hauptstütze der Vorwürfe gegen Trump war stets das sogenannte Steele-Dossier. Christopher Steele, ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter des britischen MI6, hatte im Juni 2016 einen Bericht verfasst, in dem er auf angeblich jahrelange Bemühungen Putins einging, Trump zu umwerben. In dem Bericht wurde beispielsweise behauptet, dass die Russen ein Video hätten, das Trump mit russischen Prostituierten beim Sex in einem Hotelzimmer des Moskauer Ritz Carlton im Jahr 2013 zeigen soll.
Für die Erstellung des Berichts war Steele von der Firma Fusion GP bezahlt worden. Diese wiederum hatte unter anderem von Clintons Wahlkampfstab Gelder erhalten. Auch das FBI bezahlte Steele für seine "Informationen" und nutzte diese später zum Erwirken eines Beschlusses für die Überwachung von Carter Page, Mitarbeiter in Trumps-Wahlkampfteam. Der damalige FBI-Chef James Comey gilt als erklärter Gegner von Donald Trump.
Im Frühjahr 2018 hatte das FBI die Glaubwürdigkeit des Steele-Dossiers gegenüber dem Geheimdienstausschuss des Senats bekräftigt. Demnach habe es bereits zu Beginn des Jahres 2017 Gespräche mit der primären Unterquelle für Steeles Bericht, Igor Dantschenko, gegeben. Dantschenko, ein in der Ukraine geborener und in Russland ausgebildeter Forscher und Analyst der Brookings Institution, habe "keine wesentlichen Bedenken hinsichtlich der Art und Weise, wie seine Informationen in dem Dossier eingeschätzt und bewertet wurden, angeführt". Und weiter: "Zumindest bestätigen unsere Gespräche mit [der primären Unterquelle], dass Steele sich das Dossier nicht selbst ausgedacht hat."
Am vergangenen Sonntag legte der republikanische Senator Lindsey Graham, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses des US-Senats, nun aber Beweise vor, die das FBI bezüglich seiner Aussagen gegenüber dem Gremium im Jahr 2018 in große Bedrängnis bringen. Demnach hatte Dantschenko bereits bei den Gesprächen im Jahr 2017 gegenüber dem FBI erklärt, dass er die Ursprünge einiger ihm zugeschriebener Behauptungen im Steele-Dossier "nicht kannte". Auch habe er nicht gewusst, dass Steele seine privaten Gespräche mit ihm im Dossier verwerten werde. Trumps angebliche Sexeskapaden in einem Moskauer Hotelzimmer habe er gegenüber Steele lediglich "im Scherz" genannt. Graham führt gegenüber dem US-amerikanischen Fernsehsender Foxnews aus:
Tatsächlich sagte die Unterquelle, es waren alles nur Bargespräche, Hörensagen, Spekulationen und Vermutungen, und die gesamte sexuelle Aktivität des Präsidenten wurde im Scherz gemacht. Somit haben sie [das FBI] gegenüber dem Geheimdienstausschuss des Senats im Jahr 2018 völlig falsch dargestellt, was die Unterquelle dem FBI im Jahr 2017 mitgeteilt hatte.
Graham zufolge habe es bereits im Dezember 2016 starke Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Steele-Dossiers im FBI gegeben. Dies dürfte im Übrigen der Anlass für die kurz darauf geführten Gespräche mit Dantschenko gewesen sein. Dennoch hatte das FBI gegenüber dem Geheimdienstausschuss noch ein Jahr später die Unwahrheit gesagt. Graham dazu:
Jemand muss dafür ins Gefängnis.
Immerhin erklärte das US-Justizministerium nunmehr, dass die FBI-Interviews mit Dantschenko "erhebliche Fragen zur Zuverlässigkeit des Steele-Dossiers aufwerfen" und einige seiner schlimmsten Behauptungen infrage stellen. Mit dem In-sich-Zusammenfallen von Steeles "Informationen" wird nunmehr offenkundig, dass es sich bei den Anschuldigungen gegen Trump im Rahmen der sogenannten Russlandaffäre um eine nicht länger haltbare Verschwörungstheorie handelte.
Den offiziellen Medien hierzulande scheint diese Erkenntnis weniger am Herzen zu liegen. Dabei besonders pikant: Ausgangspunkt von allem waren ja die auf WikiLeaks veröffentlichten Dokumente. Diese belegen eine Manipulation der parteiinternen Vorwahlen innerhalb der Demokratischen Partei durch die Partei selbst, um Hillary Clintons damals aussichtsreichsten parteiinternen Widersacher Bernie Sanders zu beschädigen und Clinton zur offiziellen Kandidatin küren zu können. Dieser eigentliche Skandal, der leider ganz und gar keine Theorie ist, wurde von den deutschen Mainstream-Medien eher am Rande zur Kenntnis genommen.
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