US-Präsident Donald Trump soll über einen Geheimdienstbericht informiert worden sein, wonach eine nicht näher bezeichnete Spezialeinheit des russischen Geheimdienstes den Taliban in Afghanistan ein Kopfgeld auf US-Amerikaner und Briten angeboten haben soll. Diese Erkenntnis stamme "zum Teil aus Verhören von gefangen genommenen afghanischen Militanten und Kriminellen", berichtet die New York Times.
Es sei aber nicht klar, wie die Auswahl der Ziele stattgefunden habe, wie das angebliche Kopfgeld ausgehändigt wurde oder ob russische Agenten überhaupt in Afghanistan operierten. Auf jeden Fall habe der nationale Sicherheitsrat in einer Sitzung Ende März darüber beraten, welche Schritte das Weiße Haus unternehmen sollte, um Russland zu einem Strategiewechsel zu bewegen. Doch bis jetzt sei noch keine Entscheidung gefallen, heißt es in dem Bericht weiter.
Für Trumps Gegner reichte dieser Bericht aus, um ihm vorzuwerfen, nichts gegen diese vermeintliche Bedrohung für US-Soldaten unternommen zu haben.
Der US-Präsident bestritt aber, dass er oder Vizepräsident Mike Pence darüber informiert wurden. Am Montagmorgen erklärte Trump über Twitter, dass er soeben vom Geheimdienst in Kenntnis gesetzt wurde, dass sie diesen von der New York Times zitierten Bericht für nicht glaubwürdig hielten und den Präsidenten deshalb auch nicht darüber informiert haben. Es handle sich möglicherweise um einen weiteren "fabrizierten Russland-Schwindel", legte Trump nach.
Bereits am Sonntag bestätigte der oberste Geheimdienstchef John Ratcliffe, dass weder Trump noch Pence zu diesem Bericht gebrieft wurden und deshalb der Beitrag der New York Times "inakkurat" sei.
Auch der zum fraglichen Zeitpunkt kommissarisch eingesetzte Geheimdienstchef und bis vor Kurzem noch Botschafter in Berlin, Richard Grenell, stritt jegliche Kenntnisnahme ab:
Ich habe nie davon gehört. Und es ist widerlich, wie Sie weiterhin Geheimdienste politisieren. Sie verstehen eindeutig nicht, wie rohe Informationen verifiziert werden. Das Weitergeben von Teilinformationen an Reporter aus anonymen Quellen ist gefährlich, weil Leute wie Sie es zum politischen Vorteil manipulieren.
Wenn also zutreffen sollte, dass dieser Bericht den Analysten des Geheimdienstes als nicht glaubwürdig genug erschien, um es in das Präsidentenbriefing zu schaffen, wer entschied dann erst vergangene Woche, diese Information mit dem britischen Geheimdienst zu teilen?
Laut Sky News hätten anonyme Sicherheitsbeamte inzwischen bestätigt, dass der Artikel der New York Times stimmt. Und man habe auch bereits herausgefunden, wer hinter diesem Plan steckt: Die geheimnisumwobene Spezialeinheit 29155 des russischen Militärgeheimdienstes GRU, der vorgeworfen wird, hinter dem Anschlag von 2018 auf die Skripals in Salisbury zu stecken. Premierminister Boris Johnson wurde am Wochenende über diesen Bericht in Kenntnis gesetzt, und es wird nun erwartet, dass die britische Regierung etwas gegen Russland unternimmt.
Das russische Außenministerium wies die Anschuldigungen von sich und bezeichnete sie als "Fake News":
Diese anspruchslose Fälschung zeigt deutlich die geringen intellektuellen Fähigkeiten von US-Geheimdienstpropagandisten, die solchen Unsinn erfinden müssen, anstatt etwas Glaubwürdigeres zu schaffen. Was könnte man auch sonst von einem Geheimdienst erwarten, der in dem 20 Jahre langen Krieg in Afghanistan so kläglich gescheitert ist.
Wenn man über Fakten sprechen wolle, dann könne man über die "sehr gut bekannten" Fakten wie dem Drogenschmuggel der US-Geheimdienste oder Barzahlungen an Militante, damit sie die Transportkonvois durchlassen, sprechen. "Die Liste ihrer Taten kann weitergeführt werden, wenn man es möchte", heißt es weiter aus Moskau. Dmitri Poljanski, der russische Vize-UN-Botschafter, äußerte sich ähnlich auf Twitter:
So werden haltlose, highly-likely-mäßige Fake News Schmierkampagnen gegen Russland durch westliche Medien gestartet. CNN nach New York Times. Und wie gewöhnlich wird niemand die Fakten wollen oder sogar daran denken, sich für diese böse Verleumdung zu entschuldigen ...
Während die Echtheit der Aussagen von afghanischen "Kriminellen" und der Taliban in Gefangenschaft unmöglich verifiziert werden kann, wehrte sich Zabihullah Mudschahid, ein Taliban-Sprecher, gegen diese Anschuldigung. Man habe keinerlei Beziehungen zu "irgendeinem Geheimdienst", sagte er. Stattdessen bestätigte er, dass man eigene Ressourcen in den letzten Jahren verwendet habe, um "gezielte Tötungen und Anschläge" durchzuführen. Aber seit der Unterzeichnung des Abkommens mit den USA, sei das Leben der US-Amerikaner "sicher, und wir greifen sie nicht (mehr) an."
Selbst die New York Times musste eingestehen, keine Antwort auf die Frage zu haben, welches Motiv Russland haben sollte, den Taliban ein Kopfgeld auf britische und US-Soldaten anzubieten. Immerhin kämpfen die Taliban seit bald zwei Jahrzehnten gegen die westlichen Truppen – und die afghanische Armee.
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