Studie: US-Männer haben ihre Männlichkeit verloren

Wie viel Mann tatsächlich in einem Mann steckt, entscheidet das Hormon Testosteron. Und genau davon sollen die Männer in den Vereinigten Staaten von Amerika immer weniger haben. Das Ergebnis ist nicht wirklich überraschend, auch andere Studien deuteten darauf hin. Die Deutlichkeit aber erschreckt.

von Peter Andrews

Luftverschmutzung, Bewegungsarmut, Soja und selbst soziale "Feminisierung" wurden bereits als Gründe für die größer werdende Testosteronkrise genannt. Aber eine Antwort darauf zu finden ist wichtig, die Zukunft der US-amerikanischen Bevölkerung hängt sprichwörtlich davon ab. 

Testosteron ist das wichtigste männliche Sexualhormon und macht aus Jungen Männer. Nach der Pubertät steigern die Hoden die Hormonproduktion drastisch, worauf sekundäre Geschlechtsmerkmale ausgebildet werden. Auch kommt es zum Wachstum der Muskeln und Knochen, einer tieferen Stimme sowie zum Sprießen der Körperbehaarung. Man könnte meinen, dass man ohne das Sexualhormon nur noch auf Männer mit schlaksigen Armen und hohen Stimmen treffen würde.

Eine neue Studie, die jüngst in der Fachzeitschrift Journal of Sexual Medicine veröffentlicht wurde, fand heraus, dass sich das Testosteron in einer Krise befindet. Zumindest was die US-amerikanischen Millennials und die Generation Z betrifft. Die Produktion des Hormons lässt im Alter auf natürliche Weise nach. Die Studie jedoch, die vergangenen Oktober der "Sexual Medicine Society of North America" präsentiert wurde, zeigte eine schockierende Abnahme des Hormons bei jungen US-amerikanischen Männern seit 1999.

Die Autoren testeten die gesamte Menge an Testosteron im Blut von 4.045 Männern im Alter von 15 bis 39 Jahren und achteten dabei auf verschiedene Faktoren wie Alter, Herkunft und Grad der körperlichen Aktivität. Dennoch war das Ergebnis unmissverständlich: Der Testosterongehalt hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten um mehr als ein Viertel abgenommen.

Dies sind kaum überraschende Neuigkeiten. Auch Daten, die zeigen, dass die Anzahl von Spermien zurückgegangen ist, wurden in den vergangenen Jahren vielfach präsentiert und diskutiert. Nachdem Hoden beides produzieren, Testosteron sowie Samenzellen, liegt die Vermutung nahe, dass die Ursachen zumindest überlappend sind. 

Könnten die lästigen Männerrechtsaktivisten doch recht haben?

Männerrechtsaktivisten, die immer wieder mit dem Totschlagargument "Verschwörungstheoretiker" abgetan werden, warnen vor Umwelthormonen in der Lebensmittelversorgung und Xenoöstrogenen im Wasser. Die Ursache zu identifizieren, kommt einem Bingospiel zur Diagnose einer modernen Krankheit gleich. Die Allgegenwärtigkeit der Internetpornografie? Die Dezimierung der Handarbeit unter den Arbeitern? Sojabasierte Babynahrung? Weil die Untersuchung dieser Effekte für eine Studie niemals finanziert werden würde, ist es unmöglich zu wissen, welche Rolle sie spielen könnten. 

Die dürftigen Diäten und mangelnde Bewegung, denen viele junge US-Amerikaner frönen, gehören sicherlich zu den wichtigsten Faktoren – doch dies kann den Rückgang allein nicht erklären. 

Die Feminisierung der Gesellschaft ist eine interessante Hypothese, auch wenn es schwierig oder sogar unmöglich ist, diese zu untersuchen (selbst wenn es nicht politisch inkorrekt wäre). Könnte die Ausübung von bisher männerdominierten Berufen einen Einfluss auf die Endokrinologie (Fachgebiet der Inneren Medizin, die sich mit der Funktion und krankhaften Störungen von hormonproduzierenden Organen befasst/Anm. der Redaktion) von Frauen gehabt haben? Auf lange Zeit und in großem Maßstab ist dies absolut plausibel.  

Während einst amerikanische Arbeitsplätze männlicher Konkurrenz ausgesetzt waren, einen einzigen Gott verehrten – realen Geschäftserfolg – und rücksichtslos kapitalistisch in ihrer Incentive-Struktur waren, sind sie heute alles andere als das. Selbst der private Sektor wird von ausufernden Personalabteilungen stranguliert, die ihre Bosse wegen harmloser Witze erpressen und dadurch Kleingeistigkeit und absolute Unterwerfung als Karriereweg fördern. Es ist leicht zu erkennen, wie die natürlichen aggressiven Säfte von Männern bei der Arbeit unterdrückt (von ihrem Zuhause gar nicht erst zu sprechen) wurden. 

Warum Amerika?

Amerikaner kommen hier nicht gut weg. Doch sieht es in anderen hyperfeminisierten Gesellschaften wie zum Beispiel in Westeuropa tatsächlich anders aus? Hierzu wird demnächst eine ähnliche Studie erwartet. Ein Blick der Autoren auf den Östrogenspiegel bei US-amerikanischen Männern oder auch auf den Testosterongehalt bei US-amerikanischen Frauen wäre durchaus interessant. Könnten beide gestiegen sein? Frauen haben einen Bruchteil des Testosterongehaltes von Männern im Blut. Jede Überproduktion kann jedoch zu offensichtlichen Veränderungen wie einer vermehrten Körperbehaarung oder einer tieferen Stimme führen. 

Wir dürfen uns nichts vormachen: Dies sind äußerst besorgniserregende Nachrichten. Nicht nur ist der Testosteronmangel mit einer Reihe von negativen gesundheitlichen Folgen verbunden, auch führt er zu einem höheren Sterberisiko. Ganz zu schweigen von der Fruchtbarkeit! Jemand, der es nicht besser weiß, könnte behaupten, dass sinkende Testosteronwerte gleichzeitig die Ursache und eine perfekte Metapher für eine existenzielle Krise der US-amerikanischen Männlichkeit sind. 

Peter Andrews ist ein irischer Wissenschaftsjournalist und Autor, der in London lebt. Er befasst sich mit Biowissenschaften und hat ein Studium der Genetik an der University of Glasgow absolviert.

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.