von Andreas Richter
Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) sorgte am Wochenende mit einem angeblich satirisch gemeinten Video seines Kinderchors für Aufsehen. Der Chor gab in dem auf Facebook geposteten Video eine modifizierte Version des Scherzlieds "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" zum Besten, in dem die Oma zur "alten Umweltsau" erklärt wurde, weil sie ein spritschluckendes Motorrad und ein sogenanntes SUV fährt, sich täglich ein Kotelett brät, "weil Discounter-Fleisch so gut wie gar nix kostet", und schließlich mehrere Kreuzfahrten im Jahr unternimmt.
Nach einer Welle des Protests vor allem in den sozialen Netzwerken zog der Sender das Video zurück und entschuldigte sich. Man habe den "Generationenkonflikt" um Fridays for Future "mit den Mitteln der Satire" aufgreifen wollen, sich dabei aber im Ton vergriffen und damit Gefühle verletzt.
Tatsächlich warfen die meisten Kritiker dem Sender vor, es an Respekt gegenüber der älteren Generation fehlen zu lassen und Jung gegen Alt in der Debatte um den "Klimaschutz" gegeneinander aufzustacheln. Natürlich fehlte es auch nicht an Kommentaren, die den Inhalt des "satirisch" modifizierten Liedes verteidigten und den WDR für sein "Einknicken" gegenüber – natürlich – den "Rechten" und "Nazis" kritisierten.
Selbstverständlich wurde in der Debatte auch das alte Tucholsky-Zitat bemüht, nach dem Satire alles dürfe. Allerdings wird dabei zum einen übersehen, dass wirkliche Satire eben die Wahrheit aufbläst und nicht falsch darstellt, zum anderen, dass sie nach oben tritt, nicht nach unten. Denn die im Lied nicht ganz zu Unrecht angeprangerten Verhaltensweisen gehen auf das herrschende Wirtschaftssystem zurück, das das beschriebene Konsumverhalten erst hervorbringt und fördert. Das nicht zu benennen, heißt, den Blick vom Wesentlichen abzuwenden.
Die Schuld stattdessen quasi durch Kindermund der älteren Generation zuzuschieben, ist doppelt unangebracht. Es ist falsch, die Generationen gegeneinander auszuspielen, und es ist vor allem unfair, den Älteren eine besondere Schuld zuzuweisen, wenn doch tatsächlich der ökologische Fußabdruck von Generation zu Generation größer wird.
Wenn man schon auf ein Segment der Gesellschaft aufmerksam machen will, bietet sich dafür ganz unabhängig vom Alter viel eher die urbane Mittelklasse an. Eltern, die ihre Kinder im SUV zu den freitäglichen Kundgebungen von Fridays for Future fahren, Aktivisten und Politiker, die vor der "Klimakatastrophe" warnen und zum Urlaub mal schnell nach Lateinamerika fliegen, das bietet Stoff für wirkliche Satire.
Zumal sich die typischen Vertreter dieser Klasse wie eh und je für den Ausbund des "Guten, Wahren und Schönen" halten, ganz im Gegensatz zu der von ihnen als ignorant verachteten Unterschicht. Der WDR-Kinderchor, der seine jugendlichen Mitglieder zu "Klimabotschaftern" ausbilden lässt und Konzertreisen bis nach Südkorea unternimmt, passt selbst gut in dieses Schema.
Ansatzpunkte für Satire bietet das Thema Umweltschutz also allemal. Doch den Machern des Videos (den Kindern wurde das Lied ja in den Mund gelegt) geht es offenbar um etwas anderes. Das Thema Erderwärmung und CO2 wird in einer Weise dargestellt, die es erlaubt, das gegenwärtige Wirtschaftssystem mit neuer Ausrichtung (Stichwort: "Green New Deal") fortzusetzen. Wie hier bestimmte Teile der Gesellschaft – die Alten, die Fleisch beim Discounter kaufen – zu Sündenböcken erklärt werden, lässt ahnen, wer dafür bezahlen soll.
Beim Video des WDR-Kinderchors geht es wie bei dem ganzen Wirbel um Fridays for Future letztlich darum, Unterstützung für eine Politik zu generieren, die sich gegen die Interessen der Bevölkerungsmehrheit richtet und deren Nutzen für die Umwelt zweifelhaft ist. Dass das Wirtschaftssystem als eigentliche Ursache der Probleme ausgeblendet wird, ist damit kein Unfall, sondern Programm. So etwas ist keine Satire, kann es nicht sein, es ist im besten Fall schlechte Comedy, im schlimmsten verhetzende Propaganda.
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