von Thomas Schwarz
Die Kampagne großer deutscher Medien zur angeblichen Einmischung Russlands in westliche Demokratien hat schon lange den Charakter der Losung "Haltet den Dieb!": Um die eigenen massiven Einmischungen etwa in der Ukraine oder in Syrien (und aktuell in Hongkong) zu kaschieren, wird mit aller medialer Macht auf die vorgebliche "Collusion" zwischen Russen und europäischen Antidemokraten gedeutet. Zwar sollen Versuche Russlands, die Geopolitik auch in seinem Sinne zu gestalten, hier keineswegs abgestritten werden. Die Relationen aber sind ziemlich klar: Während die westlichen Einmischungen einen offensichtlich aggressiven Charakter haben und international weitaus mehr Menschen treffen, kann man den russischen Versuchen (bislang und mutmaßlich) einen eher reagierenden Charakter unterstellen. Zusätzlich aufreizend werden die westlichen Einmischungen durch die moralische Selbstüberhöhung der westlichen Geopolitik durch große westliche Medien.
Heiko Maas, die BILD und ihre militanten "Freiheits-Helden"
Angesichts der Unruhen in Hongkong konnte man in dieser Woche die westliche Einmischung sowie deren mediale Verkörperung in Reinform erleben: So hatte die BILD "fünf Freiheits-Helden" geladen, um sie "von ihrem Kampf" erzählen zu lassen. Dieser Kampf der geladenen "Helden" ist mehr als einmal in Militanz, Gewalt und (versuchte und geglückte) Staatsstreiche abgeglitten: Zumindest mit den Personen Vitali Klitschko (Maidan), Joshua Wong (Hongkong) und Raed al-Saleh ("Weißhelme"/Syrien) präsentierte die BILD hier ohne jede Scham einige Protagonisten der militanten westlichen Einmischungen in fremden Ländern.
Einen zusätzlich skandalösen Charakter erhielt die BILD-Aktion durch das devote Auftreten von Bundesaußenminister Heiko Maas, der durch diesen Auftritt der Propaganda der BILD einen "offiziellen" Segen gibt. Man darf gar nicht darüber nachdenken, dass hier ein SPD-Politiker die Militanz in der Ukraine, in Syrien und nun in Hongkong durch diesen peinlichen Auftritt und Kraft seines Amtes legitimiert.
"Hongkong-Held": Wer ist Joshua Wong?
Wen die BILD da genau aus Hongkong eingeladen hat und welche massive Unterstützung Wong aus dem Westen erhält, das haben die NachDenkSeitenuntersucht:
Spätestens 2015 begann nämlich die Karriere des "westlichen Einflussagenten" Wong. Nachdem Wong vom Time Magazine zum "einflussreichsten Teenager" des Jahres 2014 ernannt und von Fortune und Foreign Affairs als "Freiheitskämpfer" ausgezeichnet wurde, wurde Wong nun auch offiziell in Washington und den mit der US-Regierung assoziierten Thinktanks und Vorfeldorganisationen herumgereicht. (…) Stattdessen war Wong nun auch noch Dauergast bei den Veranstaltungen amerikanischer Thinktanks wie dem "Freedom House" und durfte für Zeitungen wie dem britischen Guardian oder dem Wall Street Journal für sein Ziel, ein Referendum, bei dem sich Hongkong von der Volksrepublik China lossagt, werben. 2017 drehte Netflix mit Wong eine unkritische "Dokumentation" mit dem vielsagenden Titel "Teenager vs. Superpower" und im Februar 2018 nominierte Rubio Wong sogar für den Friedensnobelpreis.
Die Verdrehungen der taz
Diese Informationen sind offensichtlich nicht bis zur taz vorgedrungen, denn die Zeitung streitet – wie fast alle großen deutschen Medien, die hier nicht zusätzlich zitiert werden müssen, – jede westliche Einmischung ab, und fordert sie statt dessen ein. Dass die westliche Einmischung stets "höflich" und angesichts der Hongkonger Unruhen "folgenlos" bliebe, gehört zu den gewagten Deutungen der taz:
Dieses Prinzip ist seit Jahrzehnten das gleiche, ob Tibet, Xinjiang oder nun Hongkong. Es lautet: 'Mischt euch nicht in unsere inneren Angelegenheiten ein.' Und Deutschland hält sich an diese Vorgabe, weil die ökonomische Abhängigkeit von China viel zu groß ist. Da scheint es genug, wenn die Kanzlerin beim China-Besuch kurz die 'Lage der Menschenrechte' oder die 'Situation in Hongkong' anspricht. Höfliche Kritik, stets folgenlos.
Berlin als "Auslandszentrale der chinesischen Opposition"
Dass sich die deutschen Medien und die deutsche Politik mit der BILD-Aktion zur "Auslandszentrale der chinesischen Opposition" degradieren würden, hat German Foreign Policy festgestellt:
Mit einem groß inszenierten Empfang für den Hongkonger Aktivisten Joshua Wong präsentiert sich Berlin vor der Weltöffentlichkeit als Auslandszentrale der chinesischen Opposition. Wong wurde in Berlin vom Außenminister persönlich begrüßt; er stellte seine Forderung, Maßnahmen gegen China zu ergreifen, in der Bundespressekonferenz vor. In Deutschland hatten schon zuvor zwei Männer aus Hongkong Asyl erhalten, die für die Abspaltung der Stadt von China eingetreten sind und wegen ihrer Beteiligung an gewalttätigen Krawallen vor Gericht gestellt werden sollten.
9/11 – Gefühle und unterschlagene Fakten
Es ist für diese Kolumne immer auch interessant, worüber gar nicht oder nur unangemessen in den Medien berichtet wurde. Dazu gehörten in dieser Woche einmal mehr die Anschläge vom 11. September 2001 in New York, die sich zum 18. Mal jährten. Im Vorfeld dieses Jahrestages hat die US-Universität von Alaska, Fairbanks, eine neue Studie über den Zusammenbruch von WTC 7 veröffentlicht, die den Verdacht einer geplanten Sprengung stützt. Diese Ergebnisse werden in den großen deutschen Medien erwartungsgemäß nicht angemessen dargestellt. Hier wird nach wie vor eine unhaltbare offizielle Version von "9/11" verbreitet.
In diesem Text soll betont werden, dass hier keine konkrete Theorie der Vorgänge vom 11. September 2001 verteidigt wird. Da aber die offizielle Version mutmaßlich unhaltbar ist, soll hier eine ganz neue Untersuchung der Anschläge gefordert werden.
Statt neuer Fakten wurden in zahlreichen Beiträgen Gefühle transportiert. So hat etwa die ARD "9/11 – Kinderbücher gegen das Vergessen" thematisiert und in den Tagesthemen eine Reportage über einen an den Spätfolgen gestorbenen Feuerwehrmann gebracht. Dieser emotionale Fokus auf die "Spätfolgen" wurde – im Gegensatz zu einem kühlen Blick auf die Fakten der Vorgeschichte – von zahlreichen weiteren Medien verfolgt.
Sascha Lobo verfängt sich im geschlossenen Weltbild
Diese zahlreichen emotionalen und faktenarmen Berichte müssen hier nicht analysiert werden. Besondere Betrachtung verdient aber die alljährliche Diffamierung von 9/11-Skeptikern als "Verschwörungstheoretiker" und darunter wiederum eine Kolumne im Spiegel von Sascha Lobo.
In diesem schlichten Text beschreibt Lobo 9/11 als den "vergifteten Brunnen des 21. Jahrhunderts." Der folgende Absatz soll Skeptiker der offiziellen Version zum 11. September diffamieren – er klinge jedoch, als würde Lobo hier seine eigenes geschlossenes Weltbild beschreiben:
Aus den Anerkennungsreizen ergibt sich eine hermetisch nach außen abgeschottete Gruppe, das Gefühl der 'Erleuchtung' lässt diese Abgrenzung positiv erscheinen. Verschwörungstheoretiker möchten ihr soziales Umfeld an ihrer Welterkenntnis teilhaben lassen. Aber weil sie meist nur Kopfschütteln, Mitleid oder Spott ernten, grenzen sie sich noch stärker ab. Das mögliche Korrektiv des eigenen sozialen Umfelds wird abgekoppelt. Irgendwann gibt es Anerkennung fast nur noch in der eigenen Gruppe – ein weiterer Verstärkungseffekt.
9/11: Deutsche Journalisten als blinde Sektenjünger
Die NachDenkSeiten thematisieren anlässlich von Lobos Text auch die "geschlossenen Weltbilder vieler Journalisten" und fahren fort:
Denn wenn Gruppen beim Thema 9/11 geschlossene Weltbilder präsentieren, dann gehören zahlreiche etablierte Journalisten dazu. Wie Sektenjünger verteidigen sie blind eine bis auf die Knochen diskreditierte Ex-US-Regierung. Für diese Verteidigung sind sie auch bereit, weitgehend seriöse Skeptiker wie etwa die Architects & Engineers for 9/11 Truth zu ignorieren. Da werden lieber exzessiv die offiziellen Phrasen der US-Regierung rezitiert, als dass den weltweit zahlreichen skeptischen Wissenschaftlern Gehör geschenkt würde.
Russische Regionalwahlen: Plötzlich doch kein "Stimmungstest für Putin"
Bei der Berichterstattung zu den jüngsten Regionalwahlen in Russland konnte man in dieser Woche einen Stimmungsumschwung beobachten: Während vor den Wahlen fast unisono von einem "wichtigen Stimmungstest" für den russischen Präsidenten Wladimir Putin geschrieben wurde (etwa hier oder hier oder hier), verstummten diese Ansichten nach der Wahl. Denn die "Kreml-Partei" Einiges Russland hat die Wahlen gewonnen – oder, wie der Spiegel schreibt: "Kremlpartei verteidigt Mehrheit – trotz großer Verluste in Moskau".
Da also der große "Stimmungstest" zugunsten Putins ausgefallen war, mussten die großen deutschen Medien sich auf das auch vom Spiegel herausgestellte Ergebnis in Moskau konzentrieren. Manche Medien dehnten also das Ergebnis in der Hauptstadt einfach auf ganz Russland aus, um die gewünschte Botschaft (im Widerspruch zum Wahlergebnis) in die Artikel zu zwingen. So behauptet die Frankenpost:
Aber der Zauber schwindet; immer mehr Menschen scheinen, von Putins Politik enttäuscht zu sein.
"Militärische Muskelspiele von Syrien bis zur Krim"
Die Frankfurter Rundschau fabuliert eher allgemein – doch auch hier klafft der Widerspruch zwischen dem Wahlergebnis und dem angestimmten Abgesang auf Putin:
Dem Mann, der seit 20 Jahren Regie führt in Moskau, scheint mittlerweile einiges zu verrutschen. Die Realeinkommen der Russinnen und Russen sinken das fünfte Jahr in Folge. Die Renten sind niedrig, und wer sie Anspruch nehmen will, muss länger arbeiten denn je. Das schafft Unmut unter den Älteren; ganze Regionen und Jahrgänge fühlen sich nicht mehr mitgenommen in die Moderne. Lange hat Putin dies alles zugekleistert, mit militärischen Muskelspielen von Syrien bis zur Krim und mit immer neuen Inszenierungen seines russischen Neo-Nationalismus. Inzwischen aber hinterlassen die strahlenden Auftritte Putins immer mehr Fragezeichen.
"Einiges Russland" ist "faktisch tot"?
Der Mannheimer Morgen stellt – mit Bezug auf namenlose "Beobachter" – Erstaunliches fest, etwa, dass die Partei Einiges Russland "faktisch tot" sei:
Die Partei, die dem Präsidenten Wladimir Putin stets als Blitzableiter dient, verliert seit Monaten an Zustimmung. 'Faktisch tot' nennt sie mancher Beobachter im Land. Deshalb zeigt sich, dass im Kleinen Bewegung möglich ist. Die Opposition ist angesichts dieser Mini-Schritte hoffnungsvoll.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Kommunistische Partei zahlreiche Stimmen, die Einiges Russland in Moskau verloren hat, einsammeln konnte – dass also sogar in Moskau die Unzufriedenen das Heil nicht in den westlich orientierten neoliberalen Parteien sieht, wie etwa die Zeit einräumt:
Die Kommunisten, die bisher fünf Stadträte stellten, können demnach mit 13 bis 14 Sitzen rechnen.
Als Fazit ist festzustellen, dass die westlichen Betrachtungen der russischen Regierungspartei – gerade angesichts der existenziellen Verluste zahlreicher EU-Regierungsparteien – das Kriterium des Messen mit zweierlei Maß überfüllen. Man muss sich zur Entlarvung der Heuchelei nur vorstellen, man würde diese Maßstäbe auch an die deutschen Regierungsparteien und deren jüngsten Ergebnisse bei den Landtagswahlen anlegen.
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