Gute Rüstung, schlechte Rüstung: Die deutschen Medien und der SIPRI-Bericht

Die weltweiten Rüstungsausgaben steigen und die deutschen Medien geben sich betrübt. Dabei zeigen sie wieder einmal ihre doppelten Standards. Denn mit Blick auf die deutsche Zwei-Prozent-Debatte zeigt sich: Für die Medien gibt es gute und schlechte Rüstung.

von Andreas Richter

Am Montag veröffentlichte das schwedische Forschungsinstitut SIPRI seinen jährlichen Bericht zu den weltweiten Militärausgaben. Demnach stiegen diese Ausgaben im vergangenen Jahr auf 1,82 Billionen US-Dollar, das bedeutet auf den höchsten Stand seit dem Kalten Krieg.

Die Reaktionen der deutschen Medien waren erwartbar. Sie übernahmen weitgehend den implizit kritischen Ton der Studie. Es kommt der Verweis auf die weltweiten Krisen, die Modernisierungsprogramme vieler Staaten, einige von ihnen zitierten auch den verantwortlichen SIPRI-Wissenschaftler, der die exorbitanten Ausgaben in Relation zur Armut in der Welt setzte.

Ansonsten blieb die Empörung der Medien unscharf und selektiv. Dass die Ausgaben der USA, unangefochtener Spitzenreiter der Liste der Staaten mit den höchsten Ausgaben, denen der folgenden acht Länder zusammen entsprechen, wird als normal wahrgenommen und lässt auch niemanden am Gebrauch des Begriffs "Verteidigung" zweifeln. Dass die NATO-Staaten insgesamt für den Großteil der weltweiten Rüstung verantwortlich sind, findet keine Beachtung.

Dass Frankreich sich in dieser Liste an Russland vorbei auf Rang fünf schiebt, findet nur zum Teil und am Rande Beachtung. Überhaupt Russland: Dass die russischen Rüstungsausgaben seit dem Abschluss des großen Modernisierungsprogramms im Jahr 2010 laut SIPRI sinken, findet tagesschau.de etwa gar nicht berichtenswert.

Dass die Ausgaben der Russen, die vom medialen Mainstream stets als Bedrohung für den Westen und die Welt dargestellt werden, etwa ein Zehntel der US-Ausgaben und ein Fünfzehntel der der NATO-Staaten beträgt, findet nirgendwo explizit Erwähnung.

Die Aussage des SIPRI-Berichts, dass Russland bei seinen europäischen Nachbarn als Bedrohung wahrgenommen werde, wird dagegen gern hervorgehoben, bietet sie doch zu einer negativen Erwähnung des Landes Anlass. Bei der Deutschen Welle klingt das dann so:

Die russischen Militärausgaben sorgen in den europäischen Nachbarstaaten für Unruhe, so der SIPRI-Bericht weiter. Der Russland-Ukraine-Konflikt trägt zur angespannten Situation bei und lässt die Militärausgaben steigen.

Dabei wirkt die Aussage von der wahrgenommenen Bedrohung schon im SIPRI-Bericht nach einem Framing-Versuch. Steigende Rüstungsausgaben in anderen Regionen werden nicht so einfühlsam psychologisch erklärt.

Interessanterweise vertritt ein Großteil des deutschen Mainstreams, der den weltweiten Anstieg mit Missfallen sieht, in der deutschen Debatte die Auffassung, dass die Bundesrepublik das ominöse Zwei-Prozent-Ziel der NATO bei den Rüstungsausgaben einzuhalten habe. Die eher armselige Begründung: es sei so versprochen worden. Eine inhaltliche Begründung ist für sie dabei nicht nötig; sie wäre auch schwer zu finden.

Für die deutschen Medien gibt es also gute und schlechte Rüstungsausgaben. Das zeigt nicht nur einmal mehr die hier gängigen doppelten Standards, es zeigt auch, dass die Mainstreammedien nicht Berichterstattung im herkömmlichen Sinne betreiben, sondern dass sie selbst als Akteur mit einer klaren Agenda wahrgenommen werden müssen.

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