von George Pumphrey
In Srebrenica sollen bis zu 8.000 muslimische Männer und Jungen – unbewaffnete Zivilisten – von serbischen Exekutionskommandos erschossen worden sein. Zahlreiche Fakten aber, die trotz aller Bemühungen nicht unterdrückt werden können, lassen Zweifel aufkommen, ob ein Massaker dieses Ausmaßes in Bosnien überhaupt stattgefunden hat.
Am 10. August 1995 trat der UNO-Sicherheitsrat in geschlossener Sitzung zusammen, um über die "Operation Sturm" zu debattieren. Beginnend am 4. August hatte die kroatische Regierung innerhalb von vier Tagen in einer militärischen Blitzaktion 250.000 Serben aus der Krajina vertrieben. Unzählige Serben, die ihre Heimat nicht freiwillig verlassen wollten, wurden ermordet. Es war die größte ethnische Säuberung seit dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Vertretung im Sicherheitsrat hatte jedes Interesse, die Debatte darüber zu verhindern, schließlich bestand die Gefahr, dass die aktive Rolle der USA in diesem Verbrechen zur Sprache kommen würde.
Die UNO-Botschafterin der USA, Madeleine Albright, ergriff das Wort und präsentierte militärische und nachrichtendienstliche Luftaufnahmen, die angeblich "massenhafte Gräueltaten an muslimischen Zivilisten" durch bosnische Serben nach der Einnahme von Srebrenica am 11. Juli zeigten. Von den acht Fotos, die sie dem Sicherheitsrat vorgelegte, bekam die Öffentlichkeit nur drei zu sehen. Die anderen wurden als "geheim" eingestuft. Damit war eine unabhängige Prüfung dieser "Beweise" von vornherein ausgeschlossen, wohl wissend, dass die US-Regierung von keiner Macht der Welt gezwungen werden kann, der Freigabe der Originalfotos zuzustimmen. Damit hatte sie sich einen gesetzlosen Raum geschaffen, in dem sie Beweise fabrizieren, manipulieren, vorlegen oder vorenthalten kann.
Auf den Fotos zeigen nachträglich eingezeichnete Pfeile auf ein paar helle Stellen auf einem Feld, bezeichnet als "Fahrzeugtarnung" und "kürzlich aufgewühlte Erde" – "mögliche Massengräber" also. Warum wurden dem Sicherheitsrat nicht die Originalfotos gezeigt? Aufklärungsfotos weisen normalerweise eingebaute zeitliche und geografische Erkennungsmerkmale auf. Woher soll man wissen, dass diese Fotos in der Nähe von Srebrenica aufgenommen wurden? Und zu welcher Zeit? Ohne diese Merkmale können Fotos beliebig interpretiert werden, und sie können schon gar nicht als Beweis dienen.
Schon während ihrer Präsentation wollte Albright wohl die Öffentlichkeit auf die Möglichkeit vorbereiten, dass es keine Beweise für ihre Behauptungen geben könnte, und natürlich die Serben daran schuld sein würden: "Wir werden aufpassen, ob die bosnischen Serben versuchen, Beweise, für das was sie angerichtet haben, zu beseitigen."
Die New York Times (NYT) schrieb, "Frau Albrights Präsentation kam gerade, als tausende von Serben aus ihrer Heimat flüchteten, nachdem kroatische Truppen mit stillschweigender Zustimmung der USA das von rebellischen Serben besetzte Gebiet angegriffen und überrollt hatten."
Albrights Peepshow hatte vollen Erfolg. Die kroatischen Verbrechen gegen die Serben schafften es kaum mehr in die Medien. Das "Massaker von Srebrenica" wurde, wie Außenminister Joschka Fischer es nannte, zum "Symbol des serbischen Faschismus".
Präsident Clintons Angebot
Die US-Regierung unter Präsident George Bush Sr. war gegen die Zerschlagung Jugoslawiens und gegen ein Eingreifen der USA – im Gegensatz zu Bill Clinton, der im Januar 1993 das Amt übernahm. Ebenso ab Januar 1993 bemühten sich Vertreter der UNO und der EG in Verhandlungen mit Serben, Kroaten und Muslimen um einen Friedensplan, dem alle drei Konfliktparteien zustimmen konnten. Die USA waren an diesen Verhandlungen nicht beteiligt. Die Pläne scheiterten jedes Mal an Alija Izetbegović, dem muslimischen Präsidenten von Bosnien-Herzegowina. Ihm hatte die Clinton-Regierung immer wieder eingeflüstert, dass die USA ihm in Verhandlungen bessere Bedingungen schaffen könnten. Schließlich übernahmen die USA die alleinige Führung der Verhandlungen, und es wurde ein Plan ausgehandelt, der einen Bevölkerungsaustausch bzw. eine Umsiedlung vorsah, "ohne Enklaven und Korridore". Entgegen der weit verbreiteten Behauptung haben die Serben Srebrenica 1995 nicht "an sich gerissen", sondern es wurde ihnen im Austausch zugeteilt.
Am 22. Juni 1998 erschien in der muslimischen Zeitung Dani ein Interview mit Hakija Meholjić, dem Polizeichef von Srebrenica. Als Vorsitzender der (muslimischen) Sozialdemokratischen Partei in Srebrenica hatte er im September 1993 mit einer Delegation an einem Parteitag in Sarajevo teilgenommen. Dort erzählte Alija Izetbegović ihm und seiner Delegation, US-Präsident Clinton habe im April 1993 eine militärische Intervention [der USA/NATO] angeboten, wenn "die Streitkräfte der Tschetniks [Schimpfwort für Serben] in Srebrenica einmarschieren und 5.000 Muslime umbringen."
Die NATO brauchte also ein "serbisches Massaker an Muslimen", um eine Militärintervention zu rechtfertigen.
Ein Journalist als "Augenzeuge"
Am 18. August 1995 veröffentlichte die US-Tageszeitung Christian Science Monitor einen exklusiven "Augenzeugen-Bericht" ihres Korrespondenten David Rohde in Zagreb. Dieser behauptete, er sei "ohne Erlaubnis seitens der bosnischen Serben" nach Srebrenica gefahren, "um die Vorwürfe der amerikanischen Behörden zu prüfen, Serben hätten hunderte, vielleicht sogar tausende Muslime ermordet." Die Zeitung erklärte, Rohde sei der erste westliche Journalist am Ort der angeblichen Gräueltaten gewesen.
Seinem "Augenzeugen-Bericht" fehlte jedoch jeder Hinweis, dass er tatsächlich in Srebrenica gewesen ist. Seine Beschreibung sollte aber wohl den Eindruck erwecken, die Serben hätten wie die deutsche SS gewütet. Der Artikel war nur mit Archivfotos illustriert.
Im Oktober 1995, zwei Monate nach seinem ersten "Besuch", begab sich Rohde tatsächlich nach Srebrenica. Dort agierte er offensichtlich so verdächtig, dass er von serbischen Militärangehörigen verhaftet wurde, die, laut Rohde, wohl annahmen, er arbeite für die CIA. Die bosnisch-serbischen Behörden wollten ihn so schnell wie möglich loswerden, aber die USA zögerten. Seine Verhaftung kam mitten in den Dayton-Verhandlungen, und solange er in den Händen der bosnisch-serbischen Behörden war, diente er als willkommenes Druckmittel gegen die serbische Seite.
Die "größte Enttäuschung" während seiner Reise nach Srebrenica im Oktober sei seine Verhaftung gewesen, erzählte Rohde der Newsweek Monate später.
Ich war sehr frustriert, denn die Serben haben mir am Ende den Film abgenommen, auf dem ich diese Gräber abgelichtet hatte, diese ersten Vor-Ort-Fotos, Fotos der Knochen und der Stöcke, die alten Männern weggenommen worden waren.
Heißt das, bei seinem "ersten" Besuch war der ambitionierte Journalist auf der Suche nach seinem großen Exklusivbericht den ganzen Weg von Zagreb durch ein Kriegsgebiet nach Srebrenica gefahren – ohne Fotoapparat? Beim zweiten wurde ihm "der Film abgenommen". Ob und was er fotografiert hat, bleibt ungewiss.
Als Jahr für Jahr die fortlaufenden Exhumierungen keine Beweise erbrachten, die die ursprüngliche Behauptung einer Hinrichtung von 7.000 bis 8.000 Menschen nur annähernd bestätigen konnten, begann auch Rohde seine ursprünglichen Behauptungen zu relativieren. Er sprach nicht mehr von Massakern (das in der anti-serbischen Kriegspropaganda als standrechtliche Massenhinrichtung dargestellt wurde), sondern von "Massakern" und "Hinterhalten". Er machte natürlich keine Angaben zur Anzahl derer, die angeblich "hingerichtet" wurden – also einem Verbrechen zum Opfer fielen und jenen, die seinen Aussagen zufolge "aus dem Hinterhalt" getötet wurden. Töten durch Angriffe aus dem Hinterhalt ist ein "normaler" Vorgang im Krieg und stellt kein Kriegsverbrechen dar.
Während David Rohde behauptete, Massengräber gesehen zu haben, kamen andere Journalisten, die sich auf ähnliche Expeditionen begaben, zu anderen Ergebnissen. Die Medien-Analytikerin Mira Beham schrieb in ihrem Buch "Kriegstrommeln": "In den Monaten nach dem Fall von Srebrenica versuchten 24 internationale Journalisten, unter ihnen Mike Wallace vom CBS, ein BBC-Team und mehrere CNN-Journalisten, den Spuren nachzugehen, die von den US Satellitenfotos und von Vor-Ort-Informationen über die Massengräber stammten – ohne Erfolg." Das wurde allerdings nirgends berichtet.
Bemerkenswert ist übrigens auch, dass der Journalist Rohde keinen Artikel über die "Operation Sturm", die ethnische Säuberung von 250.000 Krajina-Serben schrieb, obwohl er aus der kroatischen Hauptstadt Zagreb berichtete.
Jonglieren mit Zahlen
Anfang September 1995, zwei Monate nach der Übergabe Srebrenicas an die Serben, suchte das Internationale Rote Kreuz Auskunft über vermisste Personen. Der Direktor der operativen Abteilung Westeuropa, Angelo Gnaedinger, erbat von offiziellen bosnisch-serbischen Stellen Informationen über den Verbleib von 3.000 Personen aus Srebrenica, die von bosnisch-serbischen Sicherheitskräften festgenommen worden sein sollen. Von der Regierung in Bosnien-Herzegowina [bosnisch-muslimische Seite im Bürgerkrieg] wollte das IKRK Auskunft über 5.000 Personen, die vor der serbischen Übernahme Srebrenicas geflohen waren. Ein Teil von ihnen soll das muslimisch kontrollierte Zentralbosnien erreicht haben.
Die New York Times vom 15. September gab den von der IKRK genannten Zahlen eine andere Bedeutung. Sie nannte 8.000 vermisste Muslime, darunter 3.000 Personen, die von Serben festgenommen sein sollen. Nicht nur wurden die zwei Gruppen einfach zusammengezählt, die NYT erwähnte auch nicht, dass das IKRK die bosnisch-muslimische Regierung um Informationen über die Gruppe der 5.000 gebeten hatte, von denen ein Teil muslimisches Gebiet bereits erreicht hatte. Die von der New York Times unterschiedslos addierte Zahl machte von da an die Runde als "bis zu 8.000 Opfer des serbischen Massakers in Srebrenica" – der Beweis für den "serbischen Völkermord an Muslimen".
Die New York Times hatte offensichtlich auch vergessen, was sie im Juli zuvor berichtet hatte. "3.000 bis 4.000 bosnische Muslime, die nach dem Fall von Srebrenica von UNO-Beamten als vermisst betrachtet wurden," hätten "durch die feindlichen Linien hindurch das bosnisch muslimische Gebiet erreicht".
Zur gleichen Zeit schrieb die Washington Post, "rund 4.000 bosnische Soldaten stapften fünf Tage lang durch serbisches Territorium, um aus Srebrenica zu fliehen und einen sicheren Hafen in Medjedja zu erreichen."
Die London Times berichtete Ähnliches am 2. August 1995: "Tausende von vermisst geglaubte bosnisch-muslimische Soldaten von Srebrenica, die im Zentrum der Berichte über Massenhinrichtungen durch Serben standen, sollen sich wohlbehalten im Nordosten von Tuzla aufhalten." Das Rote Kreuz habe von Quellen in Bosnien erfahren, bis zu 2.000 bosnische Soldaten seien dort von Srebrenica "ohne Wissen ihrer Familien" angekommen. Die Berichte könnten aber nicht überprüft werden, "da die bosnische [muslimische] Regierung dem Roten Kreuz den Zutritt zu diesem Gebiet verwehrt habe."
Ende von Teil I, Teil II folgt.
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