von Hasan Posdjnakow
"Ostdeutsche haben wenig Vertrauen in Staat und Demokratie" – so betitelt die westdeutsche Frankfurter Allgemeine Zeitung die Resultate einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach, die sie beauftragt hatte. Die Zeit formuliert es noch plakativer "Ostdeutsche vertrauen der Demokratie weniger als Westdeutsche". Dazu passend: Pegida-Anhänger als Titelbild.
Dabei ist die Frage, die in der Studie untersucht wird, ob "die, Demokratie, die wir in Deutschland haben, die beste Staatsform ist". Es geht also nicht um Demokratie im Allgemeinen, sondern um die spezifische Konstellation staatlicher Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland. Das ist ein fundamentaler Unterschied, den jedoch die BRD-Journalisten nicht wahrhaben wollen oder können.
Die FAZ bemängelt etwa, dass 23 Prozent der Ostdeutschen – nach der Wende von einigen BRD-Übermenschen als "Dunkeldeutsche" verunglimpft – meinen, es gebe "bessere politische Systeme" als das aktuelle der BRD. Somit wird der kritische Impuls, der aus dem Gebiet der DDR kommt, voreilig verworfen. Wenn aber eine Gesellschaft nicht mehr in der Lage ist, selbstkritisch die aktuelle Situation zu bewerten und Mängel sowie Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren, sich dazu vielleicht noch die bestmögliche Gesellschaft wähnt, dann kapselt sie sich selbst vom Fortschritt ab und droht in eine Stagnation zu geraten.
Die Zeit, ebenfalls ein westdeutsches Organ,ist sich sicher: "Menschen in Ostdeutschland stehen der Demokratie deutlich skeptischer gegenüber als Westdeutsche." Dies gehe aus der oben erwähnten Umfrage hervor. Wie erläutert wurde, ist das eben falsch.
Die Springer-Zeitung Welt vermeldet sogar noch verzerrender als die anderen beiden großen bürgerlichen Zeitungen, dass nur 42 Prozent der Ostsdeutschen "die Demokratie für die beste Staatsform halten".
Die Skepsis der Ostdeutschen bezüglich der BRD-Institutionen ist dabei durchaus gerechtfertigt. Wenn man sieht, wie die führenden gesellschaftlichen und politischen Institutionen, wie etwa die Medien, Universitäten und vor allem die gemeinsamen politischen Institutionen auf Bundesebene, fast überall von Westdeutschen dominiert wird, so ist es fast zwangsläufig, dass ihnen die BRD als fremde Gewalt gegenübertritt. Wie sollen sich die Ostdeutschen denn mit einem Staat identifizieren, der sie nicht vertritt und in dem sie kaum vertreten sind?
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Nach dem Jahr 1990 wurden in Ostdeutschland sämtliche "Eliten", wie es im Mainstream-Sprachgebrauch heißt, ausgetauscht, die Industrie der DDR wurde vernichtet, die Wirtschaft plattgemacht und das Gebiet östlich der Elbe zu einem Absatzmarkt der westlichen Großkonzerne. Inhaltlich erfüllt der Umgang mit dem Gebiet der DDR durch Westdeutschland nach der sogenannten Wende alle Kriterien einer Kolonialisierung. Jetzt erwarten die Medienorgane aus Westdeutschland, dass die derart Einverleibten noch dankbar sein sollen.
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