von Willy Wimmer
Fast zeitgleich kommen zwei Ereignisse explosionsartig in Deutschland hoch, die auf den ersten Blick weit auseinanderliegen und erst auf den zweiten Blick einander bedingen. Die Ereignisse in Chemnitz haben deutlich gemacht, daß der Staat zerfällt. Es ist die zentrale Aufgabe des Staates, Sicherheit, Ordnung und den Respekt vor den Gesetzen sicherzustellen. Genau das wird in Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes notleidend, obwohl gerade in den neuen Ländern - zwischen Rostock und Dresden - die Bürgerinnen und Bürger förmlich nach einem geordneten Gemeinwesen rufen und dafür auf die Straßen gehen. Das ist nicht nur ihr gutes Recht. Der Staat, den wir bisher hatten, konnte sich mit seinen Menschen- und Bürgerrechten, seiner Verfassung ganz allgemein und mit seinen hohen Standards in der Übernahme internationaler Regeln bestens überall blicken lassen.
Was den Umstand anbetrifft, dass ein Mensch in Chemnitz Opfer einer Gewalttat geworden ist, so ist es das legitime Recht eines jeden Staatsbürgers, öffentlich seine Trauer und Anteilnahme zum Ausdruck zu bringen. Wenn die Bundeskanzlerin öffentlich in diesem Zusammenhang von "Zusammenrottungen" und "Hetzjagd" in Chemnitz gesprochen hat, offenbart sie ein außerdemokratisches Rechtsverständnis, indem sie Strafrechtsbegriffe des DDR-Unrechtsstaates gegen das in Deutschland grundgesetzlich garantierte Recht auf Meinungsfreiheit instrumentalisiert und den Eindruck eines illegalen Verhaltens von Staatsbürgern hervorruft.
Sowohl die Bundeskanzlerin als auch der Sprecher der Bundesregierung haben in diesem Zusammenhang in der öffentlichen Diskussion den nur im deutschen Jagdrecht vorkommenden Begriff der (verbotenen) "Hetzjagd" verwendet und damit in der Wirkung denjenigen die Legitimation entzogen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben. Andererseits wurden durch diese bewusste Wortwahl andere Menschen ermuntert, sich als Verteidiger von Werten aufzuschwingen, die angeblich in Gefahr zu sein schienen. Auf diese Art und Weise spaltet man die Menschen im Lande.
Es ist Aufgabe der entsprechenden polizeilichen und sonstigen staatlichen Organe, Rechtsverstöße festzustellen und sie zügig zu ahnden. Wenn die Bundeskanzlerin spalterische und in der Strafrechtsordnung nicht vorkommende Begriffe im Zusammenhang mit rechtlich zu bewertenden Vorkommnissen verwendet, muss sie sich fragen lassen, ob nicht durch ihre Wortwahl die öffentliche Ordnung zerstört werden sollte. Weder durch die Bundeskanzlerin noch durch den immer unglücklicher handelnden Bundespräsidenten kann die Verteidigung unserer Rechtsordnung nicht in die Hände von Kräften gelegt werden, die nach unserer Rechtsordnung dazu nicht legitimiert worden sind. Straße kann und darf nicht gegen das Recht mobilisiert werden, auch und erst recht nicht durch höchste Repräsentanten des Staates.
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Es ist gerade die Bundeskanzlerin, die durch die Wochenend-Entscheidung vom 4./5. September 2015 geltendes Recht zum Schutze unseres Staates nicht nur außer Kraft gesetzt hat. Sie hat seither nichts unternommen, um den Schutz der deutschen Grenze in der gebotenen Weise wiederherzustellen. Wenn öffentliche Aussagen über angeblich rund 700.000 Personen, die sich ohne jeden Rechtsgrund in Deutschland aufhalten, zutreffend sein sollten, wird die Dimension des Schadens deutlich, der dem deutschen Staat und damit uns allen zugefügt worden ist.
Wenn vor gut einem Jahr in einer deutschen Tageszeitung ein prominenter Richter am Bundesverfassungsgericht davon spricht, dass unter den fast zwei Millionen Menschen, die illegal über die deutschen Grenzen in unser Land gekommen sind, bestenfalls rund 7.000 Menschen das grundgesetzlich verbriefte Recht auf Asyl wahrnehmen könnten, dann spricht das doch Bände.
Seither erweckt die Bundeskanzlerin den Eindruck, dass alles unternommen werden muss, einen ununterbrochenen Zuzug von Personen ohne jede Legitimation zum Überschreiten der deutschen Staatsgrenze in der Substanz aufrechtzuerhalten und nichts zu unternehmen, die Anzahl der unberechtigt in Deutschland befindlichen Menschen zu vermindern. Damit wird unser Land in der Substanz und auf Dauer verändert. Diese Veränderung widerspricht dem Appell eines der europäischen Gründungsväter. Robert Schuman (nicht der Komponist Robert Schumann, Anm.) hat darauf aufmerksam gemacht, dass ein europäisches demokratisches Gemeinwesen nur christlich oder gar nicht sein könne.
Von welchen Umbauphantasien die Vereinten Nationen derzeit erfasst werden, konnten deutsche Fernsehzuschauer im Frühjahr feststellen, als ein Harvard-Professor vom Umbau genau dieser europäischen Demokratie sprach. Auffallend ist, dass die Vereinten Nationen zwar als friedensschaffende Kraft seit Jahrzehnten ausfallen, sich allerdings über den Marrakesch-Prozess jetzt daran machen, Europa vom Grunde aus zu zerstören. Wer sich mit demographischen Entwicklungen beschäftigt, sollte auf das gewaltige Familien-Unterstützungsprogamm in der Russischen Föderation blicken. Das greift den Familien, die sich bilden wollen, so nachdrücklich unter die Arme, dass man erstaunt sein muss. Noch nicht einmal die christlichen Kirchen in Deutschland blicken auf etwas, das in Russland seitens der Kirche hervorragend unterstützt wird.
Unter diesen Umständen muss sich die Bundeskanzlerin anrechnen lassen, die Rechtsstruktur Deutschlands auszuhebeln und die Kriegspolitik der NATO durch vermeintliche Humanität stützen zu wollen, denn darin liegen um uns herum die Kriegsursachen. Die Schwäche des deutschen Staates durch den Übergang der Macht vom Bürger - als dem eigentlichen Souverän - hin zu einer Macht der Verbände und Nichtregierungsorganisationen hat mit dem Übergang von Bonn nach Berlin begonnen. Die Bundeskanzlerin hat sich offenbar zum Ziel gesetzt, diesen Weg unumkehrbar zu gestalten. Wenn selbst deutsche Ministerpräsidenten dem Deutschen Bundestag im Fernsehen attestieren, in der Migration seit September 2015 seinen Aufgaben nicht nachgekommen zu sein, dann weiß man alles.
Kein Wunder, dass die Menschen verzweifelt sind über das, was regierungsseitig angerichtet wird. In deutschen Publikationen aus regierungsfreundlichen Verlagen wird doch seit Jahren darauf aufmerksam gemacht, in welcher Weise sich oberste deutsche Polizisten schon lange vor dem Auftauchen der Migranten an deutschen Grenzen bemüht haben, Frau Dr. Merkel zum Handeln zu bewegen. Das war allerdings vergeblich, auch nach dem Septemberwochenende 2015.
Diese Zerstörung der deutschen Staatssubstanz hatte ein Vorspiel und es ist erbärmlich, wenn die Bundeskanzlerin in diesen Tagen das Wort "Rechtsstaat" überhaupt in den Mund nimmt. Das starke Empfinden und die notwendige Verpflichtung, staatliches Handeln wieder an Recht und Gesetz auszurichten, wurde mit dem ersten Krieg unter deutscher Beteiligung und unter Bruch der eigenen Verfassung und des Völkerrechts ausgelöst. Wegen der amerikanischen Weltherrschaftspläne wurde die Charta der Vereinten Nationen zerstört, wie der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder erst lange nach dem Jugoslawien-Krieg freimütig bekannte. Deutschland hat seither danach bis in die heutigen Tage bei fast jedem Krieg unter Missachtung der Ergebnisse der Nürnberger Prozesse wieder mitgemacht.
An den Tagen, als der deutsche Rechtsstaat nicht nur in Chemnitz unter die Räder gerät, sieht es die Bundesverteidigungsministerin als ihre Aufgabe an, über deutsche Tornados für den Krieg in Syrien nachdenken zu lassen. Dabei spielt es keine Rolle, dass ein behaupteter möglicher Giftgaseinsatz nach den bisherigen Erfahrungen das Werk befreundeter Strukturen vor Ort sein dürfte. Stattdessen sollte sich die Bundesregierung Gedanken darüber machen, wie in Abstimmung mit der syrischen Regierung in Deutschland befindliche Menschen aus Syrien wieder in Syrien unter menschenwürdigen Umständen angesiedelt werden können, statt eine Dynamik in Gang zu setzen, die das auf Dauer verhindern wird.
Die regierungsseitig betriebene Vernichtung der deutschen Rechtsordnung dient nur einem Zweck: Es kommt nicht mehr darauf an, die Struktur unseres Staates so stabil wie möglich zu gestalten, um sie den Stürmen der Zukunft ebenso gewappnet zu machen, wie für die notwendigen Veränderungen. Wer derzeit etwas ändern will, lässt den Bundestag einfach links liegen und macht es lieber gleich mit der Bundeskanzlerin. Früher wurde der Satz zitiert, nachdem es die zentrale politische Aufgabe sei, der "Stadt Bestes" zu suchen. Das hat sich in der Substanz verändert. Die staatliche Struktur soll so verändert werden, dass diejenigen, die parteiübergreifend derzeit im Sinne von John McCain und Hillary Clinton an der Macht sind, unter allen Umständen global in ihrer Position manifestiert werden oder bleiben.
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