Der Film "The Magnitsky Act" oder: Vom Unwillen zur Aufklärung in EU und USA

Es gilt für jeden Einzelnen, das kritische Denken zu schärfen, um westliche Manipulationen zu entlarven. Der Mainstream agiert explizit gegen ein friedfertiges Miteinander in Europa. Der Umgang mit dem Film "The Magnitsky Act" legt davon Zeugnis ab.

Im Jahr 2009 stirbt der russische Whistleblower Sergei Magnitski unter grausamen Umständen in einer russischen Haftanstalt. Der junge, hochbegabte Anwalt hatte aufgedeckt, dass russische Polizeibehörden mit Teilen der russischen organisierten Kriminalität zusammenarbeiten. Sie hatten gemeinsam eine Firma seines Auftraggebers, des britischen Großinvestors William Browder, gestohlen. Magnitski hatte das in Verkennung der staatlichen russischen Strukturen angezeigt und war daraufhin selbst inhaftiert worden. Browder machte auf dieses grausame Verbrechen im Namen des russischen Staates aufmerksam, arbeitete mit zahlreichen Menschenrechtsorganisationen zusammen und erreichte dadurch in den USA die Verhängung des Magnitsky Acts, mit dem Russland sanktioniert wird. Präsident Obama unterzeichnet die Verordnung im Dezember 2014, der seitdem mehrfach verschärft wurde. Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan.

So in etwa beginnt der Film "The Magnitsky Act - Behind the Scenes".

Alles passt ins Narrativ. Dass Russland ein korrupter, jedes Menschenrecht verachtender Kleptokratenstaat ist, weiß jeder, der westliche Presse liest, die diese klare Sicht auf die russischen Verhältnisse wiederum von gut Bescheid wissenden transatlantischen Thinktanks zugeliefert bekommt.

Das Problem des Films ist nur, er geht nicht so weiter. Das wurde ihm zum Verhängnis. Regisseur Andrei Nekrassow stolpert zunächst über ein paar kleine Ungereimtheiten in Browders Geschichte, denen er nachgeht, die zu größeren Ungereimtheiten führen, die ihn wiederum weiterführen, bis zum Schluss eigentlich nur eine Möglichkeit übrig bleibt: Bei der Geschichte Browders handelt es sich um einen großen Bluff. Nichts daran ist wahr.

Nekrassow ermittelt: Magnitski war kein engagierter Anwalt, sondern ein Buchhalter Browders. Er hat auch bei der Polizei nichts angezeigt, sondern wurde vorgeladen, weil es den Verdacht seiner Beteiligung an der Steuerhinterziehung von Browders Firmengeflecht gab. Es gab auch keine Sonderbehandlung in russischen Gefängnissen für Magnitski, keine Folter, keine Einzelhaft, er wurde medizinisch behandelt, starb aber an Herzinsuffizienz und Pankreatitis. Browder macht sich diesen Tod zunutze, um seiner Bestrafung in Russland zu entgehen. Er instrumentalisiert westliche Politik, erzählt eine Schauergeschichte über russische Zustände, in der er kein Klischee auslässt und erreicht so eine Sanktionierung Russlands. Und er bleibt für all das der einzige Zeuge, was allerdings westlicher Politik ausreicht, um massive Maßnahmen durchzusetzen.

Das ist der weitere Fortgang des Films, der dadurch ausgesprochen sehenswert und interessant ist. "The Magnitsky Act" ist ein spannender, investigativer Dokumentarfilm, der seine eigene Entstehung zum Thema macht und den Wandel der Sichtweise des Regisseurs aufzeigt. Allerdings wird er dadurch auch ungeeignet für ein westliches, insbesondere für das deutsche Publikum. Und das, obwohl der Film unter anderem mit GEZ-Geldern finanziert wurde. Doch er passt nicht ins herrschende Narrativ. Man scheut die juristische Konfrontation mit Browder. Mit anderen Worten, das GEZ-Fernsehen lässt sich von korrupten Investoren vorschreiben, was es uns zeigt und vor allem, was es uns vorenthält.

Auf vimeo kann man den Film gegen Gebühr ansehen, Voraussetzung ist allerdings, dass man nicht mit einer deutschen IP-Adresse online ist, denn für User in Deutschland ist der Film gesperrt. Mit einer russischen IP-Adresse allerdings geht es.

Immer mal wieder ist der Film auch auf Youtube verfügbar, aktuell hier. In der Regel werden diese Uploads nach kurzer Zeit jedoch wieder vom Netz genommen.

Die Premiere des Films sollte am 27. April 2016 im Europaparlament stattfinden, doch neben Bill Browder hat keine Geringere als die damalige Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck von den Grünen die Premiere verhindert. Sie war mit ihrer Rolle in dem Film unzufrieden, denn es wird ihre ganze Ahnungslosigkeit in Bezug auf den Fall aufgezeigt, über den sie im Europaparlament vermeintlich kompetent spricht und Konsequenzen fordert. Sie hat sich für das Verbreiten von Browders Fake News übrigens nie entschuldigt, im Gegenteil: Sie agitierte gegen Regisseur Nekrassow.

Gerade am Beispiel Beck lässt sich wunderbar aufzeigen, wie es bei uns läuft: Aktuell verdingt sich Beck als oberste Think-Tankerin beim NATO-affinen, transatlantisch ausgerichteten "Zentrum Liberale Moderne". Sie hat also heute wie damals ein Interesse daran, dass das Klischee vom Schrecklichen Iwan erhalten bleibt, schließlich bediente sie sich dessen in ihrer politischen Arbeit und schreibt es auch heute noch munter fort, ohne sich von irgendwelchen Fakten beirren zu lassen. Und genau da liegt das Problem.

Egal ob der Fall Magnitski, ob angebliche Schwulenmorde in Tschetschenien, ob russische Hacker, die Präsidentenwahlen manipulieren, oder Tötungen russischer Ex-Spione mit den exotischsten Giften - es ist keine Geschichte zu konstruiert, zu unstimmig, einfacher gesagt, keine Geschichte über Russland ist zu blöd, um in der westlichen Öffentlichkeit nicht doch einen Widerhall zu finden. Je mehr Klischees bedient werden, desto wahrer erscheint sie so manchem Zeitgenossen, vor allem aber den politischen Entscheidern.

Seit Monaten wird ergebnislos, aber mit viel Medienwirbel die Einmischung Russlands in die US-Wahl untersucht. Die Hysterie ist inzwischen so weit gediehen, dass jedes Mal, wenn bei einer Wahl irgendwo auf der Welt nicht das von der jeweiligen politischen Elite gewünschte Ergebnis herauskommt, eine angebliche russische Einmischung dafür verantwortlich gemacht wird - ohne jeden Beweis, versteht sich. Die Medien raunen vor sich hin. Die Skripal-Affäre: viel Wirbel, viele Anschuldigungen gegen Russland, viel Aktion, Ausweisung von Diplomaten, Sanktionen - ohne Beweis.

Aktuell wird Russland von der OSZE aufgefordert, zur staatlichen Verfolgung von Homosexuellen in Tschetschenien Stellung zu nehmen, die nie stattgefunden hat.

Für all das reichen den politischen Entscheidern ein einzelner fragwürdiger Pressebericht und ein bisschen Echokammer oder, wie im Falle Browders, ein einziger Zeuge, der obendrein auch noch in eigener Sache spricht. Das verstößt gegen jeden Standard.

Es handelt sich hier nicht um ein Versehen. Diese Entfremdung von unserem östlichen Nachbarn wird absichtsvoll betrieben und aufrechterhalten, wie Beck beweist. Alles, das eine andere Einordnung erlauben würde, alles, das nicht die gängigen Klischees bedient, wird unterdrückt. Die Liberale Moderne, die Beck vertritt, ist nur sich selbst und ihrer eigenen Ideologie gegenüber liberal. Ansonsten ist es mit der Achtung vor den westlichen Werten nicht weit her - es wird rigoros unterdrückt und zensiert, was nicht ins Schema passt.

Das ist der eigentliche Skandal. Im Westen wird nicht erst seit ein paar Dekaden, sondern letztlich seit über hundert Jahren mit einem ganzen Arsenal von Bildern gegen Russland und die Russen gearbeitet, wobei der ihm zugrunde liegenden Rassismus nie aufgearbeitet wurde, auch nach 1945 nicht.

Die aktuellen Geschichten zeigen deutlich, man bedient sich auch heute noch fleißig aus diesem Arsenal, das einst im Gerede vom slawischen Untermenschen mündete. Über diese Entmenschlichung wurden grausamste Verbrechen möglich. Und offensichtlich sind diese Bilder immer noch aktiv und werden gegen jede Form der Aufklärung gut geschützt - unter anderem von Beck, wenn sie gegen einen Beitrag wie den Film "The Magnitsky Act" vorgeht, der sich um ebendiese Aufklärung bemüht.

Bill Browder bediente sich dieser Bilder, um sich reinzuwaschen, Theresa May bediente sich ihrer, um von innenpolitischen Problemen abzulenken, die Liberalen in den USA nutzen sie aktuell für ihre Kampagne gegen Trump, die Bundesregierung nutzt sie, die Tagesschau, das heute journal und der Mainstream nutzen sie. Das heißt, ganz unabhängig von dem, was in Russland tatsächlich passiert, wird mit Stereotypen aggressives politisches Handeln gegen Russland begründet.

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Wenn Marieluise Beck wie vor einigen Monaten auf Twitter vom Wesen des Sowjetmenschen und seinem Hang zum Autoritären schreibt, ist sie ganz nah an diesem Rassismus, der hier in Deutschland besonders wirksam war.

Es ist daher umso wichtiger dieses Mechanismus durchsichtig zu machen, jeder für sich, denn die große Aufklärung über Russland wird vorerst nicht kommen. Zu festgefahren und zu dienlich sind die Strukturen hier bei uns, zu eingeübt sind die Reflexe, zu einfach ist es noch, mit dem Finger auf Russland zu zeigen, denn es wird kaum Widerstand geben, wie die aktuellen Auseinandersetzungen zeigen.

Es gilt daher für jeden Einzelnen, das kritische Denken zu schärfen, um diese westlichen Manipulationen zu entlarven. Wegweiser dafür sind Plausibilität des Erzählten und die Überprüfung an der eigenen Erfahrung. Der Mainstream und die aktuelle Politik sind keine guten Quellen, denn sie agieren einer politischen Agenda folgend gegen ein friedfertiges Miteinander in Europa und bedienen sich in einer großen Kontinuität entmenschlichender Stereotypen, die diese zunehmende Aggression gegen Russland ermöglichen. Die Rezeption des Films "The Magnitsky Act" legt davon Zeugnis ab.