von Andreas Richter
Der Brennpunkt, so heißt es bei der ARD, "ergänzt bei außergewöhnlichen politischen oder gesellschaftlichen Ereignissen die Berichterstattung der aktuellen Nachrichten im Ersten: mit Hintergrundinformationen, Experten-Interviews, Live-Übertragungen und Kommentaren."
Der am Montagabend ausgestrahlte Brennpunkt "Freunde oder Feinde" kann mit dieser Charakterisierung nicht gemeint gewesen sein. Er war im Grunde ein elfminütiger Meinungsbeitrag mit wechselnden Sprechern.
Anmoderation Andreas Cichowitz aus Helsinki, Filmbeitrag Mareike Aden, Gespräch mit den aus Moskau und Washington eingeflogenen Korrespondenten Udo Lielischkies und Stefan Niemann, noch ein Filmbeitrag von Jan Liebold, schließlich ein Interview mit der aus Bonn zugeschalteten ehemaligen CDU-Hoffnung Norbert Röttgen. Wozu der ganze Aufwand, wozu diese Kosten, fragt man sich, denn eigentlich erzählen alle das gleiche: Trump ist ein Tölpel, Putin ein Schurke, wenngleich ein gerissener, und das war's.
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Denn so sieht das Weltbild der zu Wort Kommenden aus: Der Westen ist gut, die USA sind es auch, also eigentlich, aber jetzt ist da Trump, der ist nicht gut, noch dazu minderbemittelt. Auf der anderen Seite das böse Russland (Krim! Syrien! Ukraine! Wahleinmischung!), da ist Putin, der geschulte Geheimdienstler, der dem überforderten Trump sein, oh nein, Weltbild näherbringen kann und der mit dem Repräsentanten der eigentlich Guten hier, kaum zu glauben, unerhört, auf Augenhöhe auftreten darf.
Das Ganze treibt dann seltsame Blüten, wie diese aufeinanderfolgenden Äußerungen der drei Diskutanten zeigen:
Ich denke, Putin brauchte keine Ergebnisse, allein die Tatsache, das haben die russischen Medien auch schon gebührend gefeiert, bevor es überhaupt losging, allein die Tatsache, dass er hier an diesem Ort auf Augenhöhe Trump gegenübersitzt, war schon sein großer Triumph… Trotzdem wurde er hier als eine Art globaler Problemlöser präsentiert. Und dann als Bonbon am Ende auch noch wurde sein Dementi zum Thema Wahlbeeinflussung als ebenso glaubwürdig eingeschätzt von Trump wie die Aussagen seines Sonderermittlers und seiner eigenen Geheimdienste. Ich meine, das ist ein Triumph, schöner kann es kaum kommen. (Lielischkies)
Er [Trump] hat so gut wie nichts bekommen, es gab offenbar keine verbindlichen Abmachungen, es gab keine verbindlichen Zugeständnisse von Wladimir Putin. Das einzig greifbare, das Trump mit nach Washington nehmen kann, wird der Fußball sein, den ihm Putin geschenkt hat… Zuhause in den USA wird Trump schon jetzt massiv kritisiert für seinen Auftritt auf der Pressekonferenz, weil er sich nicht deutlicher vor seine Geheimdienstleute gestellt hat… (Niemann)
Das ist doch total ungewöhnlich, ein solches Vorgehen, man hat das Gefühl, Putin hat irgendwas gegen Trump in der Hand… (Cichowitz)
Dazu noch Röttgen:
Zum zweiten heißt das nicht, dass alle Meinungsverschiedenheiten beseitigt worden wären, das ist in gewisser Weise die gute Botschaft des Tages.
Natürlich kann man so denken, wie es hier vorgeführt wird: voreingenommen, einseitig, überheblich. So ist im Prinzip der Mainstream der westlichen Presse auf beiden Seiten des Atlantiks. Klar, wenn jemand anderer bei einem anderen Thema so meinungsstark und faktenarm argumentiert wie die Herren hier, muss es sich natürlich um einen Verschwörungstheoretiker handeln.
Befremdlich ist aber, dass dieses Denken unter den kostbaren Premium-Journalisten des Ersten offenbar uneingeschränkter Konsens ist. Und dass dieses ärmliche Stück Meinungsmache als Hintergrundinformation im Rahmen eines Brennpunkt angeboten wird, ist nur eines: ein journalistisches Armutszeugnis.
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