von Hasan Posdnjakow
Eine Währungsreform hätte gemäß den Bestimmungen des Potsdamer Abkommens zwischen den westlichen Alliierten und der Sowjetunion eigentlich zwischen allen Besatzungsmächten abgesprochen werden müssen: "Während der Besatzungszeit ist Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten." Doch die Westmächte ignorierten ihre internationalen Verpflichtungen. Stattdessen verkündeten sie in klarem Bruch zu den vorherigen Abmachungen am 18. Juni 1948, dass sie in ihren Besatzungszonen innerhalb weniger Tage eine Währungsreform durchführen würden.
Dabei schlossen die Westmächte die Sowjetunion nicht nur von der Entscheidung aus, sie informierten diese nicht einmal über die beschlossenen Maßnahmen. Dagegen hatte die Sowjetunion schon zuvor für eine Währungsreform – die tatsächlich dringend notwendig war – auf dem gesamten Gebiet Deutschlands plädiert.
Wie kam es tatsächlich zur Blockade Berlins?
Schon einige Monate vor der Währungsreform hatten die westlichen Staaten ohne die Beteiligung der UdSSR in London eine internationale Konferenz abgehalten. Auf der Londoner Sechsmächtekonferenz (die drei westlichen Alliierten plus die Benelux-Staaten) schmiedeten die westlichen Mächte ihren Plan, ein Separat-Deutschland im Westen zu bilden und dieses ihrem Einflussbereich anzuschließen. Obwohl Vertreter der Sowjetunion hartnäckig verlangten, über den Inhalt der Gespräche informiert zu werden, weigerten sich die West-Alliierten, diese Informationen preiszugeben.
Die westlichen Alliierten verschärften die durch die Einführung der D-Mark geschaffene Krise weiter, indem sie die neue Währung auch in den westlichen Sektoren Berlins zuließen, obwohl die Stadt unter der gemeinsamen Verwaltung aller Besatzungsmächte stand. Als Reaktion darauf sperrte die Sowjetunion die Transportwege zwischen Westberlin und den westlichen Besatzungszonen. Zugleich bot die UdSSR jedoch an, die westlichen Sektoren der Hauptstadt mit Gütern aus der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) zu versorgen. Die Westmächte lehnten jedoch dieses Angebot ab und sperrten praktisch den Verkehr zwischen Westberlin und der SBZ. Faktisch ging die sogenannte Berlin-Blockade also auf das Konto der westlichen Alliierten.
Die Sowjetunion protestierte mehrfach entschieden gegen die sich herauskristallisierenden Pläne der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Frankreichs, ein getrenntes Deutschland in den westlichen Besatzungszonen zu schaffen. Auch die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), die größte Partei in der SBZ, stellte wenige Tage nach der Einführung der D-Mark fest: "Die separate Währungsreform in den Westzonen bedeutet die Spaltung Deutschlands."
Notgedrungen musste die Sowjetunion innerhalb kürzester Zeit eine eigene Währungsreform organisieren, um eine massive Inflation in der SBZ zu verhindern, da nun große Mengen wertloser Reichsmark drohten, aus dem Westen in den Osten zu fließen.
Durch ihren Alleingang sabotierten die West-Alliierten endgültig die ohnehin schon immer schwieriger werdende Zusammenarbeit der Besatzungsmächte. Ab etwa 1946 hatten die westlichen Staaten unter Führung des neuen US-amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman eine zunehmend antisowjetische, aggressive Politik verfolgt.
"Deutsche Frage" auf unbestimmte Zeit vertagt
Trotz der feindlichen Handlungen der westlichen Staaten zeigte sich Josef Stalin, der Staatschef der Sowjetunion, bereit, den Konflikt beizulegen. Bei einem Treffen mit Botschaftern der West-Alliierten erklärte er, die Transportwege zwischen West-Berlin und den westlichen Besatzungszonen wieder eröffnen zu wollen, sollten die westlichen Alliierten bereit sein, die D-Mark in den westlichen Sektoren Berlins wieder abzuschaffen. Zudem befürwortete er es, auf einer gemeinsamen Konferenz aller Alliierter, die "deutsche Frage" zu verhandeln und einvernehmlich zu lösen.
Die westlichen Alliierten verstießen durch die von ihnen forcierte Gründung eines westdeutschen Separatstaates im Jahr 1949 erneut gegen das Potsdamer Abkommen. Auf der Potsdamer Konferenz im Jahr 1945 hatten sich Großbritannien, die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion dazu verpflichtet, die "deutsche Frage" gemeinsam zu lösen.
Obgleich die westlichen Alliierten beständig die Westintegration der BRD vorantrieben und somit eine mögliche Wiedervereinigung Deutschlands immer schwieriger wurde, war die Sowjetunion stets offen für eine schnelle Wiedervereinigung beider deutscher Staaten. Im Jahr 1952 bot Stalin den mit den USA verbündeten Siegermächten ein eigentlich unausschlagbares Angebot an, auf dessen Grundlage die deutsche Teilung hätte überwunden werden können. Am 10. März jenes Jahres schickte der sowjetische Staatschef den Westmächten eine Note, in der er anbot, über die Wiedervereinigung und Neutralisierung Deutschlands Verhandlungen aufzunehmen.
Der von der UdSSR vorgeschlagene Plan sah eine Konferenz über einen Friedensvertrag mit Deutschland, eine Wiedervereinigung beider deutscher Staaten, einen Abzug aller Besatzungstruppen binnen eines Jahres, die Wahrung der bürgerlich-demokratischen Rechte sowie die Verpflichtung Deutschlands vor, zukünftig neutral zu bleiben. Zudem sollte diesem wiedervereinigten Deutschland zugestanden werden, Militärverbände für die Landesverteidigung aufzustellen.
Streit um Zeitpunkt der freien Wahlen
Die Westmächte lehnten jedoch dieses "perfekte Angebot" ab. Sie waren im Kern nicht an einem vereinigten, aber neutralen Deutschland interessiert. Ihnen ging es mittlerweile darum, die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Staaten in die Knie zu zwingen. Dafür betrieben sie die Integration der BRD in die militärischen und politischen Strukturen des westlichen Bündnissystems auf Hochtouren weiter. Sie beendeten frühzeitig die Entnazifizierung Deutschlands und ließen die deutschen Monopolkonzerne wieder gedeihen, die die Hauptlast für den aggressiv-militaristischen Kurs der deutschen Außenpolitik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts trugen - wieder ein klarer Bruch des Potsdamer Abkommens.
Um ihre ablehnende Haltung zu rechtfertigen, forderten sie freie Wahlen für die zukünftige gesamtdeutsche Regierung. Die Sowjetunion hatte eigentlich vorgesehen, erst einen Friedensvertrag mit Deutschland abzuschließen und anschließend Wahlen durchzuführen. Jedoch ging Stalin in einer zweiten Note sogar auf diese Forderung ein, beharrte jedoch darauf, dass das wiedervereinigte Deutschland neutral bleiben müsse.
Die Westmächte konnten diese Bedingung nicht akzeptieren. Aufgrund ihrer Blockadehaltung verpasste Deutschland diese Chance, eine frühe Wiedervereinigung zu erzielen. In der BRD lehnten die prowestlichen Kreise um den greisen Bundeskanzler Konrad Adenauer Verhandlungen mit der Sowjetunion ab, da auch sie die Integration des westlichen Separat-Deutschlands in die US-geführten Bündnissysteme anstrebten.
Österreich hatte 1955 als neutraler Staat Souveränität wiedererlangt
Erst nachdem die ablehnende Haltung der Westmächte erkennbar wurde und die BRD kurze Zeit später sogar ein Militärbündnis mit den westlichen Staaten unterzeichnete (die so genannten EVG-Verträge, die allerdings später am Widerstand des französischen Parlaments scheiterten), ging die SED in der in Reaktion zur BRD gegründeten Deutschen Demokratischen Republik zum eigentlichen "Aufbau des Sozialismus" in Ostdeutschland über. Zuvor hatte sie im Vergleich zu anderen sozialistischen Staaten in Osteuropa eine zurückhaltendere Politik verfolgt, um die Möglichkeit einer Wiedervereinigung mit Deutschlands Westen offen zu lassen.
Während in Deutschland aufgrund der Politik der Westmächte eine frühe Wiedervereinigung scheiterte und dies letztendlich zum Mauerbau im Jahr 1961 beitrug, erfolgte eine Vereinigung der unterschiedlichen Besatzungszonen in Österreich zu einem einheitlichen Gebilde mehr oder weniger reibungslos. Dies widerlegt auch die Darstellungen der gängigen westdeutschen Geschichtsschreibung, wonach es sich bei der Stalin-Note von 1952 um ein reines Ablenkungs- und Propagandamanöver gehandelt habe. Wien verpflichtete sich zur Neutralität und versprach, sich nicht Deutschland anschließen zu wollen. Im Gegenzug zogen alle Besatzungstruppen im Jahr 1955 ab. Somit erlangte die Alpenrepublik schon in diesem Jahr die volle Souveränität wieder.
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