von Marinko Učur
Am 10. April 1941 wurde Adolf Hitlers kroatischer Marionettenstaat, der Unabhängige Staat Kroatien (NDH) gegründet, der sich über den Großteil des heutigen kroatischen Territoriums sowie über Bosnien und Herzegowina und über andere Regionen des ehemaligen Jugoslawiens erstreckte. Er existierte genauso lange wie Hitlers Projekt der Unterwerfung Europas andauerte.
Ein Vermächtnis dieses Phantomstaates ist das Konzentrationslager Jasenovac, eine der größten Mordstätten des Zweiten Weltkriegs, in der 700.000 Serben, Juden und Roma bestialisch hingerichtet wurden.
Die Wiederkehr des faschistischen Erbes in Form der Wiederbelebung der Erinnerung an diese dunkle Seite der kroatischen Geschichte gewinnt jedes Jahr an diesem Datum eine neue Dimension. Dem jüngsten Mitgliedsstaat der EU und der NATO gelingt es nicht, sich von Gruppierungen zu distanzieren, die stolz auf ihr faschistisches Erbe sind und der Ustascha-Bewegung und ihrem einstigen Anführer, dem Kriegsverbrecher Ante Pavelić, öffentlich huldigen.
So geschehen in der Hauptstadt Zagreb und der Touristenmetropole Split, der zweitgrößten Stadt des Landes. Dort wurde der NDH-Gründungstag in aller Offenheit gefeiert und mit dem Ustascha-Gruß „Für die Heimat – Bereit!“ begangen, dem Pendant zum deutschen "Sieg Heil!".
Die Gegner dieser Art öffentlicher Auftritte wirken schwach und nicht gerade überzeugend, und in der Regel haben sie nicht die Kraft, die nazistischen Demonstrationen der Neo-Ustascha zu verhindern. Brüssel reagiert auf diese nationalistischen Provokationen mit Milde oder überhaupt nicht.
Keine Vergangenheitsbewältigung in Kroatien
Auch die kroatischen Behörden bezeugen durch ihre milde Reaktion auf die nationalistischen Ausbrüche entweder ihre Hilflosigkeit oder mangelnde Bereitschaft, sich der Vergangenheit zu stellen. Wie könnte man das wilde Verhalten der Neo-Ustascha-Anhänger in Zagreb und Split anders erklären?
In den gleichen schwarzen Uniformen, in denen die Anhänger des Verbrechers Pavelić Völkermord und Massentötungen an der serbischen Bevölkerung in der damaligen NDH verübten, jubelten sie nun an der Adriaküste mit dem Ustascha-Gruß und zeigten damit deutlich, wessen geistige Erben sie sind.
Was der ehemalige deutsche Bundeskanzler Willy Brandt mit seinem Kniefall von Warschau erfolgreich geschafft hat, mag die Regierung in Zagreb, die den offenen Flirt mit den Überresten des Faschismus in diesem EU-Mitgliedsstaat gewähren lässt, kaum zu erreichen. Kein Vertreter Kroatiens hat jemals in Empfindung von Reue niedergekniet und sich für die hunderttausenden Opfer entschuldigt, die im Lager Jasenovac bei der ethnischen Säuberung durch den sogenannten „Unabhängigen Staat Kroatien“, dem Marionettenregime des Dritten Reiches, hingerichtet wurden.
Die Nicht-Reaktion aus Brüssel verleiht denen, die die Verbrechen und Verbrecher des Zweiten Weltkriegs feiern, offensichtlich neuen Auftrieb. So werden in Kroatien nicht selten Straßennamen nach Kriegsverbrechern benannt, die Blut an ihren Händen haben. Und neue „patriotische“ Sänger, die wie Mark Perković von der Rockband Thompson die Ustascha verherrlichen, sind in der Regel beliebte Persönlichkeiten. Aufgrund ihrer Ustascha-Ikonographie und ihres Musikrepertoires ist es Thompson seit kurzem verboten, in einigen Ländern aufzutreten, darunter die Schweiz und Deutschland.
Wie es angesichts dieser Stimmungslage den wenigen Serben ergeht, die in Kroatien geblieben sind, nachdem sie als konstituierendes Volk aus der Verfassung ausgeschlossen wurden und der Großteil von ihnen im Rahmen „ethnischer Säuberungen“ aus dem Land getrieben wurden, bleibt noch zu spekulieren. Es ist kein Geheimnis, dass eine große Anzahl von Nichtkroaten aus Angst vor ihrer eigenen Sicherheit zum katholischen Glauben übertritt, um zu versuchen, ihr Eigentum zu behalten und um so etwas wie einen Bürgerstatus zu erlangen.
Und all dies geschieht in einem Land, das vor knapp fünf Jahren das 28. und bislang letzte Mitglied der EU wurde und angeblich alle Standards einer modernen demokratischen Gesellschaft erfüllt.
RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.