Uranwaffeneinsatz der NATO in Serbien 1999: Der Krieg, der nicht zu Ende geht

Mehr als eineinhalb Jahrzehnte nach dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der US-geführten NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien (SRJ) unter Einsatz hochgiftiger und radioaktiver Uran-Geschosse wird das ungeheure Ausmaß dieses Kriegsverbrechens deutlich.

von Rudolf Hänsel

In Serbien haben die aggressiven Krebserkrankungen bei Jung und Alt in den letzten Jahren ein epidemisches Ausmaß erreicht. Das Leid der Menschen schreit zum Himmel. Besonders betroffen sind der Süden Serbiens und das Kosovo. Nach Angaben des serbischen Gesundheitsministeriums erkrankt jeden Tag ein Kind an Krebs. Das gesamte Land ist verseucht. Durch die Schädigung des Erbgutes (DNA) werden Generationen um Generationen missgebildeter Kinder zur Welt kommen. Wissentlich und willentlich wurde ein Völkermord begangen.

Bis vor kurzem hat die Politik unter Mithilfe der Medien den verunsicherten Bürgern Serbiens auf Druck der Verursacher des Genozids die Wahrheit vorenthalten. Mutigen und verantwortungsbewussten Ärzten, Ex-Militärs, Ex-Politikern und Wissenschaftlern ist es nun gelungen, diese Mauer des Schweigens zu durchbrechen – zum Wohle des serbischen Volkes und der vielen anderen Völker dieser Welt, die sein Schicksal teilen.

Uranwaffen sind Massenvernichtungswaffen

Als die USA in Vietnam das Entlaubungsmittel "Agent Orange" und Napalm eingesetzt hatten, war die Welt entsetzt. Das war nicht mehr Krieg, das war Schlächterei an der Zivilbevölkerung und nachhaltige Zerstörung der Natur. 50 Jahre danach kommt dort Generation um Generation schwer behindert zur Welt – zum Sterben geboren. Doch die Waffenindustrie, auch die Atomwaffenindustrie, hat seit Vietnam ihr Geschäft zügig weiterentwickelt. Alle Kriege sind nach den Rechtsnormen des Nürnberger Tribunals illegale Angriffskriege und sie werden immer mörderischer, hinterhältiger, flächendeckender, genozidaler. So auch der erste Krieg der US-geführten NATO auf europäischem Boden gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999.

Hier setzte die US-Armee unter stillschweigender Duldung der NATO-Verbündeten – darunter auch Deutschlands – Massenvernichtungswaffen ein, die sie im 2. Golfkrieg 1991 und in Bosnien-Herzegowina 1994/95 bereits erprobt hatte: hochgiftige und radioaktive Uranwaffen. Die NATO selbst hat zugegeben, dass sie 30.000 Geschosse mit abgereichertem Uran (Depleted Uranium; DU) abgefeuert hat, das Militär Serbiens spricht von 50.000 Geschossen. Das entspricht 10 bis 15 Tonnen Uran.

Da bereits umfangreiche wissenschaftliche Literatur und Filmmaterial ("Deadly Dust") zu diesem Kriegsverbrechen in deutscher, englischer und serbischer Sprache zur Verfügung stehen, hier nur einige Anmerkungen:

Wegen des langen Abbauprozesses der Radioaktivität und ihrer Toxizität werden Abfälle der Uran- und Atomindustrie – vorwiegend DU des Isotops 238 – für einen sehr langen Zeitraum in gesicherten Deponien gelagert. Zur Verringerung des damit verbundenen hohen Kostenaufwands wird DU daher gerne kostenfrei an Interessenten wie das Militär abgegeben. DU besitzt Charakteristika, die vor allem für die Rüstungsindustrie sehr attraktiv sind.

Die nach einer deutschen Technologie entwickelten DU-Geschosse - so Professor Dr. med. Siegwart-Horst Günther - haben wegen der hohen Dichte des metallischen Urans (1,7 Mal größer als die von Blei) eine hohe Durchschlagskraft und sind speziell zum Brechen von Stahlpanzerungen und unterirdischen Beton-Bunkern geeignet. DU ist zudem ein brennbares Material, das sich beim Durchschlagen einer Panzerplatte von selbst entzündet, bei 3.000 Grad Celsius zu Uranoxidstaub verbrennt und dabei hochtoxische und radioaktive Stoffe (Uranoxid) freisetzt.

Dieses Uranoxid-Aerosol mit Partikelgrößen im Nanobereich gelangt über die Atemluft, das Wasser und langfristig auch über die Nahrungskette in den menschlichen Körper.

In der Lunge werden die DU-Staubteilchen auch an die roten und weißen Blutzellen angelagert und gelangen so in alle Organe des Körpers, auch ins Gehirn, in die Niere und in die Hoden, so dass in vielen Organen Krebs entsteht und die Erbsubstanz (DNA) irreversibel geschädigt wird. Die starke Kanzerogenität des DU ist darauf zurückzuführen, dass die Chemo- und die Radiotoxizität synergetisch wirken.

Über die Placenta kann DU auch ein ungeborenes Kind erreichen und ihm schweren Schaden zufügen. Mögliche Langzeitschäden sind genetische Defekte bei Säuglingen, Kinderleukämien, Krebserkrankungen und Nierenschädigungen. Da die Uranoxid-Partikel durch die Verbrennungshitze die Eigenschaft von Keramik angenommen haben, sind sie wasserunlöslich, sitzen in dieser Form im Körper fest und können über Jahre ihre radioaktive Wirkung (Alpha-Strahlung) entfalten.

Krieg mit Uranwaffen ist wissentlich und willentlich herbeigeführter Völkermord

Für den Biochemiker Albrecht Schott ist DU ein Beispiel für Eingriffe in die Schöpfung, die diese existenziell gefährden und damit keine Waffe gegen Staaten, sondern eine Waffe gegen den Planeten. Der bekannte deutsche Journalist und Filmemacher Frieder Wagner bezeichnet Uranwaffen als "Ausrottungswaffe" und die Opfer dieser mörderischen Waffen als die "Toten des stillen Sterbens". Uranwaffen sind die "perfekte Waffe", um massenhaft Menschen umzubringen, das heißt, einen Völkermord zu begehen.

Seit der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948 ist der Genozid ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht, der nicht verjährt. Gekennzeichnet ist er durch die spezielle Absicht, auf direkte oder indirekte Weise eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören. Deshalb wird der Völkermord auch als "einzigartiges Verbrechen", als "Verbrechen der Verbrechen" (englisch "crime of crimes") oder als "schlimmstes Verbrechen im Völkerstrafrecht" bezeichnet.

Die australische Ärztin, Atomwaffenspezialistin und Friedensaktivistin Helen Caldicott schreibt in ihrem Buch "Atomgefahr USA":

Es ist klar, dass das Pentagon schon lange vor der Operation Wüstensturm [2. Golfkrieg 1991; der Verfasser] um die gesundheitlichen Risiken wusste, die von uranhaltiger Munition ausgehen. In zahlreichen Militärberichten wird eingeräumt, dass Uran-238 Nierenschäden, Lungen- und Knochenkrebs, (nicht bösartige) Erkrankungen der Lunge, Hauterkrankungen, neurokognitive Störungen, Chromosomenschäden und Geburtsfehler verursachen kann.

Aus diesem Grund sind Kriege unter Einsatz hochgiftiger und radioaktiver Uranwaffen sowohl Kriegsverbrechen als auch wissentlich und willentlich herbeigeführter Völkermord - so auch der Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999. Gemäß der UN-Konvention gegen Völkermord verpflichten sich die Vertragsparteien, Völkermord beziehungsweise Personen, die einen solchen begehen, zu bestrafen, unabhängig davon, ob sie regierende Personen, öffentliche Beamte oder private Einzelpersonen sind.

Aggressive Krebserkrankungen in Serbien erreichen epidemisches Ausmaß

Die Bombardierung Serbiens dauerte 78 Tage. Dabei wurden 1.031 Soldaten getötet, 5.173 Soldaten und Polizisten verwundet, 2.500 Zivilisten starben - darunter 78 Kinder - und über 6.000 Zivilisten wurden verwundet. Neben den Projektilen mit DU, die zudem Spuren hochgiftigen Plutoniums aufwiesen, sind auch andere explosive Kombinationen und Raketenkraftstoffe mit bestimmten chemischen Verbindungen zum Einsatz gekommen, die bei Explosionen sehr giftig wirken und Krebserkrankungen bewirken. Die Zahl dieser Krebserkrankungen wuchs von Jahr zu Jahr. Auch stiegen die Zahl der Neugeborenen mit Missbildungen und jene aggressiver Leukämieerkrankungen bei Kindern.

Vor über einem Jahr wurden Schätzungen des serbischen Verbands zur Krebsbekämpfung bekannt: Studien hätten gezeigt, dass der Einsatz der Uranwaffen zwischen 2001 und 2010 zu 15.000 Krebserkrankungen und 10.000 Toten geführt habe, so der Verbandsleiter und Onkologe Prof. Dr. med. Slobodan Cikaric. Insgesamt habe es in diesem Zeitraum 330.000 Krebserkrankungen in Serbien gegeben. Die Todesrate habe seit dem Jahr 1999 jährlich um 2,5 Prozent zugenommen.

Bereits im Jahr 2013 äußerte Professor Cikaric in der serbischen Zeitung Blic, dass Serbien 14 Jahre nach der Bombardierung mit DU eine Explosion von Krebserkrankungen aller Art erwarte. Er sollte Recht behalten. Übermittelt sind Zusammenbrüche des Immunsystems mit ansteigenden Fällen von Infektionskrankheiten, schwere Funktionsstörungen von Nieren und Leber, aggressive Leukämien und andere Krebserkrankungen (auch Mehrfachkrebs), Störungen im Knochenmark, genetische Defekte und Missbildungen sowie Aborte und Frühgeburten bei Schwangeren wie nach der Tschernobyl-Katastrophe.

Liest man heute eine serbische Zeitung oder geht über einen serbischen Friedhof, dann fällt einem in den seitenlangen Todesanzeigen oder Grabinschriften die kurze Lebenszeit vieler Verstorbener ins Auge. Es müsste jeweils heißen: "Gestorben an den Folgen von DU-Vergiftung und Verstrahlung".

Viele Bürger Serbiens sind aufgrund ihres jahrelangen Mitleidens mit kranken Angehörigen und infolge des ängstlichen Abwartens, ob und wann auch sie eventuell von einer der schrecklichen und meist tödlich verlaufenden Krankheiten eingeholt werden, psychisch stark belastet. Auch wenn die meisten von ihnen die Ursache der schweren Erkrankungen erahnen, bleibt trotzdem eine große Verunsicherung, die anhaltende Stressgefühle auslöst.

Von politischer Seite hat man sowohl in Serbien wie auch in den anderen mit DU verseuchten Ländern im Nahen und Mittleren Osten und in den NATO-Ländern selbst die Bevölkerung bewusst nicht aufgeklärt. Man wollte sich unter anderem Regressforderungen entziehen und das mörderische Handwerk ungestört weiterführen. Stress, Ängste wie auch Depressionen schwächen das bereits belastete Immunsystem zusätzlich und führen zu einer höheren Infektionsanfälligkeit. Das zeigen Forschungsergebnisse des interdisziplinären Forschungsgebiets der Psycho-Neuro-Immunologie (PNI).

Volk hat Recht auf Wahrheit

Um das eigene Leben und das der Familie befriedigend gestalten, Vorsorge für die Zukunft treffen oder als Ehepaar entscheiden zu können, ob man Kinder in die Welt setzen will oder nicht, dafür muss jeder Bürger die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gegebenheiten in seinem Land realistisch einschätzen können. Das kann er aber nicht, wenn ihm die Wahrheit über Vorkommnisse vorenthalten wird, die sein Leben stark beeinträchtigen können. Deshalb ist es eine moralische Verpflichtung all derer, die sich mit dem Problem der Verseuchung des Landes auseinandergesetzt haben – Ärzte, Wissenschaftler, Journalisten, von Kontamination betroffene Militärs und Zivilisten –, die Mitbürger aufzuklären und ihnen beizustehen.

Hinzu kommt, dass die Identität eines Volkes auf dem Recht der Bürger auf Wahrheit und das Wissen um ihre Geschichte gründet. Historiker und Vertreter weiterer Wissenschaften haben dazu einen wichtigen Beitrag zu leisten. Die Auseinandersetzung darf aber nicht ihnen allein überlassen werden. Die Suche nach der Wahrheit und die Aufklärung des Volkes ist auch eine politische Aufgabe, die von politischen Verantwortungsträgern zu lösen ist und unter keinen Umständen von ihnen unterbunden werden darf. Regierung und Parlament haben sich zu positionieren. Wie können Bürger einer Regierung oder Volksvertretung vertrauen, die ihnen die Wahrheit über ein Problem vorenthält, das sie existenziell betrifft?

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