DKP-Debanking: Geht es um Kuba oder um den Schülerstreik?

Es geht weiter. Dieses Mal wurde der DKP das Konto gekündigt. Das ist kein Versehen, das ist eine Strategie, und gemeint ist alles, was den Konsens von "Kriegstüchtigkeit" und NATO nicht zu teilen bereit ist. Von unangemessenen Friedenswünschen ganz zu schweigen.

Von Dagmar Henn

Noch nicht einen Monat ist es her, da wurde im Bundestag über einen Antrag der AfD debattiert, der das Debanking untersagen sollte. Darin hieß es, die Bundesregierung solle die Finanzdienstleistungsaufsicht anweisen, "in ihren Leitlinien klarzustellen, dass Zahlungs- und Bankdienstleistungen nicht aufgrund von politischen Meinungen, Parteizugehörigkeiten (…) verweigert oder eingeschränkt werden dürfen" und mit den Landesregierungen Rechtsnormen zu schaffen, "die den gesetzlichen Versorgungsauftrag der Sparkassen präzisieren und die Gewährleistung des Zugangs zu grundlegenden Bankdienstleistungen verbindlich regeln".

Im Grunde drehte sich die ganze Debatte nach dem Redebeitrag des AfD-Abgeordneten Kay Gottschalk um Variationen über das Thema, wie sehr es doch die AfD verdient habe, dass ihr Konten gekündigt würden. Eine Debatte darüber, dass derartige Vorgehensweisen je nach Umständen beliebige Parteien treffen können, fand nicht statt. Aber genau das ist jetzt geschehen: Die GLS-Bank, eine Genossenschaftsbank (ausgeschrieben "Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken"), kündigte der DKP das Konto. Die DKP hat sich jedoch nichts von dem vorzuwerfen, was in der Debatte im November der AfD angelastet wurde, ganz im Gegenteil.

Wie sagte das der damalige Redner der Grünen, Stefan Schmidt? "Wenn Privatbanken die Konten von Rechtsextremen kündigen, dann ist das nichts anderes als gesetzeskonform."

Haben die Grünen aber Glück gehabt, dass solche Kündigungen in ihren Anfangsjahren, als sie noch für Frieden statt für Krieg einstanden, noch nicht üblich waren, sonst hätten sie Probleme gehabt, so groß zu werden. Ja, erstaunlicherweise wurde selbst dem Bündnis des Krefelder Appells nicht das Konto gekündigt, obwohl damals die Proteste gegen die Stationierung der Pershing-II-Raketen in der Bundesrepublik ziemlich groß waren und die Bundesregierung ziemlich ärgerten. Nun gut, Stefan Schmidt ist 1981 geboren, der kann das nicht wissen, der war bei der Demonstration im Bonner Hofgarten bestenfalls als Säugling dabei.

Die DKP andererseits hatte damals zum Erfolg des Krefelder Appells eifrig beigetragen und stellte überhaupt das organisatorische Rückgrat der damaligen Riesenkundgebung. Worüber sich die damaligen Grünen nicht beschwert hätten – aber was würde Schmidt heute sagen, wenn es um das Debanking der DKP geht? Vermutlich würde er dann auch da erklären: "Viele Banken unterstützen ausdrücklich keine Geschäfte, die extremistisches Verhalten beinhalten."

"Viele Banken" ist vermutlich ziemlich übertrieben, sobald man beispielsweise Geschäfte mit Rüstungsunternehmen als "extremistisches Verhalten" zählt. Wäre eigentlich naheliegend, schließlich geht es hier um Menschenleben, und wenn einmal die Grenze zur Rüstungsfinanzierung gefallen ist … immerhin das kann man der GLS-Bank, die der DKP das Konto gekündigt hat, zumindest nicht vorwerfen; auf deren Webseite heißt es noch immer bei den Ausschlusskriterien für nachhaltige Geldanlagen: "Keine Waffen und Rüstungsgüter".

Insofern müsste die Bank an diesem Punkt inhaltlich mit der DKP konform gehen. Auch in Bezug auf humanitäre Spendensammlungen – aber da scheint sich ein Wandel vollzogen zu haben. In der Presseerklärung der DKP zu der Kündigung steht jedenfalls, dass es zuvor "eine Anfrage der GLS-Bank zu den Solidaritätsaktionen der DKP für das sozialistische Kuba" gegeben habe, die man beantwortet, zu der man aber weiter nichts erfahren habe. Dann sei zum 31.12. das Konto gekündigt worden. "Danach waren die Verantwortlichen der Bank für die DKP nicht mehr zu sprechen."

Nun, die Spenden für Kuba sind die eine Variante, die diese Kündigung erklären könnte, wobei die DKP bei weitem nicht die einzige auf Kuba bezogene Spendenkampagne betreibt, die bei der GLS-Bank ihr Konto hat. Außerdem trifft das auf das Netzwerk Kuba e. V., den KarEn e. V., die Freundschaftsgesellschaft Berlin-Kuba e. V. ebenso zu; und das ist das Ergebnis einer kurzen Internetabfrage. Der Grund: Viele Banken weigern sich, Spendenkonten für Kuba einzurichten, weil sie Geschäfte in den USA machen und damit unter US-Sanktionen fallen könnten. Das Netzwerk Kuba e. V. hat gerade erst sein Konto von der Postbank Berlin zur GLS-Bank verlegt, vermutlich aus genau diesem Grund. Nur Cuba Sí von der Linkspartei lässt die Spenden für Kuba über das Konto des Parteivorstands bei der Berliner Sparkasse laufen. Übrigens: Die offizielle Haltung der mitregierenden SPD bezogen auf Kuba ist nach wie vor eine Ablehnung der US-Blockade samt der damit verbundenen Sanktionen …

Wie auch immer, wir reden hier von einem Fall von eben jenem Debanking, das untersagt werden sollte. Die GLS-Bank erweckt eher nicht den Eindruck, groß an US-Geschäften interessiert zu sein. Die Genossenschaftsbank, die ursprünglich einmal für die Finanzierung einer Waldorfschule gegründet wurde und im Jahr 2003 die Ökobank übernahm, war ursprünglich mal eine der Finanzierungsquellen für – wie die Bank selbst in ihrer Geschichte schreibt – "öko-soziale Bewegungen, wie u. a. die Anti-AKW-Friedens-Feministische Bewegung".

In ihrer Selbstdarstellung erweckt die Bank den Eindruck, ihre Ursprünge noch bei weitem nicht so vollständig verdrängt zu haben wie die grüne Partei, was sich in der Aussage zur Rüstungsindustrie zeigt, die inzwischen ansonsten als "nachhaltige Investition" gilt. Der Bankvorstand ist auch nicht parteipolitisch besetzt. Gab es Druck? Wenn ja, von wem? Von Außenminister Wadephul? Äußerungen zu Kuba oder zur US-Blockade gibt es jedenfalls nicht. Aber sollte tatsächlich Kuba der Auslöser sein, dürfte es nicht bei der einen Kontokündigung bleiben.

Andererseits – vielleicht liegt die Ursache ja ganz woanders. Denn da war etwas, letzte Woche erst, das durchaus ein Grund sein könnte, warum auf einmal dieses Konto gekündigt wird. Da gibt es nämlich noch eine Organisation im Umfeld der DKP, die ebenfalls ein Konto bei der GLS-Bank hat und dort beispielsweise für Kinder im Gazastreifen sammelt. Das ist die Jugendorganisation SDAJ, die nicht direkt an die DKP angebunden ist (darauf würden die SDAJ-ler bestehen), aber doch mit der DKP ein Bürogebäude teilt.

Die SDAJ wiederum war zuletzt ziemlich aktiv, und zwar beim Schülerstreik gegen die Wehrpflicht. Richtig, genau dieser Protest, der plötzlich, ganz im Gegensatz zu den Klimademonstrationen, keine erlaubte, gar erwünschte Meinungsäußerung war. Könnte es sein, dass an diesen Schülerstreiks dennoch mehr Schüler teilgenommen haben, als der Bundespolitik und -regierung lieb ist? Könnte es sein, dass man plötzlich feststellt, es funktioniert nicht wirklich gut, erst zwar inhaltlich verschiedene, aber formal gleiche Handlungen zu begrüßen, ja zu fordern, und dann wieder zu verbieten?

Ja, die politische Auseinandersetzung um Wehrpflicht und Kriegsführung, die geht um und durch die Jugend. Das war schon damals so, als in der Bundesrepublik wieder aufgerüstet wurde, gegen den Willen der Bevölkerung. Die Bewegung gegen die Wiederbewaffnung wurde von Jugendlichen getragen, auch von der FDJ, die damals die Jugendorganisation der KPD war (auch das ist nicht ganz richtig, sprengt aber den Rahmen). Die FDJ wurde damals als erstes verboten, um der Bewegung das Rückgrat zu brechen; erst dann folgte das KPD-Verbot.

Irgendwie scheint es logischer, dass es hier um die Proteste gegen die Wehrpflicht geht, und nicht um die Kuba-Spenden. Nun, auch das wird man sehen können, wenn als Nächstes auch die Konten der SDAJ gekündigt werden. Oder womöglich, weil ein Jugendverband nicht unter das Parteienprivileg fällt, im Interesse der Kriegstüchtigkeit gleich verboten wird. Sonst klappt's nicht mit der Ostfront …

Was dieser Fall jedoch eindeutig und unabweisbar belegt, ist, wie geheuchelt das Pathos in der Debatte um den AfD-Antrag war. Außer natürlich, sie machen der Reihe nach eine Kehrtwende, angeführt von Lisa Schubert von der Linken, die sich besonders laut darüber ausließ, dass die AfD das ohnehin verdient habe. Allerdings wird man auf eine laute Solidaritätserklärung aus dieser Partei wohl vergeblich warten müssen.

Übrig bleibt dann eine weitere Verengung des berüchtigten Overton-Fensters, bei dem es in Deutschland schon längst nicht mehr nur darum geht, was gesagt werden darf, sondern auch darum, für welche Positionen man sich noch organisieren darf, denn politische Aktivität hat immer mit Geld zu tun, und sei es, weil auch Papier und Druckertoner nicht kostenlos sind; ganz zu schweigen von Veranstaltungsräumen, in die mehr als zehn Personen passen, Plakaten oder gar bundesweiten Demonstrationen. Missliebige Organisationen am Sammeln von Geldern zu hindern, ist die effektivste Methode, ihre Aktivitäten zu blockieren. Bei Parteien ist das übrigens besonders wirksam, weil sie nach der gesetzlichen Vorschrift ihre Mitgliedsbeiträge unbar erheben müssen, sie also ohne Konto gar nicht einnehmen dürfen. Begründet wurde das mit dem Kampf gegen illegale Parteispenden; tatsächlich schuf diese Vorgabe eine einfache Möglichkeit, einer Partei den Stecker zu ziehen.

Bismarck hätte sich die Hände gerieben, hätte er dieses Mittel zur Verfügung gehabt, als er mit den Sozialistengesetzen die SPD für zwölf Jahre verbot. Aber damals kam noch der Parteikassierer und sammelte Bargeld; auch deshalb hat die SPD die Jahre von 1878 bis 1890 überstanden.

Also mal abwarten, welche im Bundestag vertretenen Parteien sich zu Wort melden, um diese Kontenkündigung zu kritisieren. Ich würde wetten, keine. Demokratie sieht man in Deutschland inzwischen immer nur dann bedroht, wenn die Regierung das sagt.

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