Von Dmitri Bawyrin
Der US-Senator aus South Carolina, Lindsey Graham, ist in freudiger Erregung. Dieser Zustand tritt bei ihm immer dann ein, wenn Moskau Probleme hat oder Kiew "Siege" feiert, was für ihn meist dasselbe bedeutet. Lindsey Graham ist ein Feind Russlands: Das ist sein Job, seine Rolle, seine Mission.
Doch dieses Mal gaben weder Moskau noch Kiew Graham Anlass zur Begeisterung – im Gegenteil, das Regime seines Kumpels Wladimir Selenskij ist drauf und dran zu zerfallen, und die russischen Streitkräfte haben Kupjansk befreit und sind nach Guljaipolje vorgerückt. Der russophobe Senator fühlt sich jedoch durch US-Präsident Donald Trump persönlich ermutigt: Dieser bat ihn in einem Telefonat, im US-Senat einen Entwurf für "vernichtende" Sanktionen gegen Russland voranzutreiben.
Diese Gesetzesvorlage ist indes längst fertig, sie wird von beiden Parteien unterstützt: 80 von 100 US-Senatoren sind bereit, dafür zu stimmen. Der US-Präsident hätte nur "Ja" sagen müssen, doch er zögerte fast ein halbes Jahr lang.
Laut Lindsey Graham habe Trump seine Zustimmung während einer Golfpartie mit dem Chef der Republikaner im US-Senat, John Thune, gegeben und Graham anschließend als Verfasser des Gesetzentwurfs angerufen: Und der Senator strahlte über das ganze Gesicht, vor Freude über die Gunst seines Vorgesetzten.
Allerdings scheint sich Lindsey Graham zu früh zu freuen. Es sieht so aus, als würde er lediglich ausgenutzt werden. Ihm selbst muss dies bewusst sein: Gegenüber Journalisten gestand er bereits ein, nichts über den neuen Friedensplan zu wissen, den Washington Kiew unter Ausnutzung der Schwächung des Regimes von Selenskij aufzwingt. Dieser Plan, so wie er in den westlichen Medien wiedergegeben wird, sieht lediglich die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland vor und nicht die Verhängung neuer Sanktionen.
Man könnte argumentieren, dass dies Teil einer einheitlichen Strategie ist, die sowohl "Zuckerbrot" als auch "Peitsche" umfasst, wobei Lindsey Graham damit betraut wurde, die "Peitsche" einzusetzen. Allerdings scheint dies nicht der Fall zu sein. Donald Trump beabsichtigt, mithilfe dieses US-Senators ein scheinbar geringfügiges Problem zu lösen, das ihn letztendlich seine Präsidentschaft kosten könnte.
Denn Grahams Gesetzentwurf sieht die Einführung von Zöllen von bis zu 500 Prozent auf Waren aus Ländern vor, die mit Russland Außenhandel betreiben. Auf Verlangen des Weißen Hauses ist er jedoch so formuliert, dass er diese Zölle nicht selbst festlegt, sondern dem US-Präsidenten das Recht dazu einräumt. Trump achtet sehr darauf, dass die Außenpolitik ein Vorrecht des Weißen Hauses bleibt und dass sich der US-Kongress nicht darin einmischt. Deswegen ließ er sich nicht zu einer anderen Gesetzesfassung überreden.
Doch selbst in der aktuellen Fassung wurde diese Gesetzesvorlage von Donald Trump zweimal "begraben" – sehr zur Enttäuschung von Lindsey Graham, der sie wieder "ausgraben" musste. Und mitten im Sommer wurde dies in besonders herablassender Form formuliert: Ihre Hilfe ist nicht gefragt, wir werden das ohne Sie regeln. Der US-Präsident hat also persönlich erklärt, dass die Frage der Strafzölle nicht mehr aktuell sei, machte dann aber plötzlich eine Kehrtwende um 180 Grad – und rief Graham an. Mit anderen Worten: Die Lage ist ernst.
Wie sich herausgestellt hat, gibt es in den USA eine Verfassung mit für alle verbindlichen Bestimmungen, und eine dieser Bestimmungen sieht vor, dass die Befugnis zur Einführung von Zöllen auf ausländische Waren beim US-Kongress liegt. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Weiße Haus bereits seinen Zollkrieg mit einem Großteil der übrigen Welt geführt und Zölle zum wichtigsten Instrument der Außenpolitik gemacht. Die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit durch den Supreme Court bedeutet nicht nur die Aufhebung dieser Handelszölle und das Scheitern von Trumps Strategie, sondern auch, dass der US-Haushalt ausländischen Lieferanten mehr als 100 Milliarden US-Dollar zurückerstatten müsste.
"Welch eine Schande!", wie einst eine der Figuren eines sowjetischen Kindermärchens, Karabas Barabas, aus einem anderen Anlass bemerkte.
Trotz der Tatsache, dass die meisten Richter mit den US-Republikanern sympathisieren, können sie eine so eindeutige Bestimmung des US-Grundgesetzes nicht so einfach ignorieren. Die an die Beklagten – Vertreter des Weißen Hauses – gestellten Fragen betrafen hauptsächlich, ob Donald Trump sich bewusst sei, welchen Präzedenzfall dies für künftige US-amerikanische Präsidenten schaffen könnte.
Die Beklagten wiederum versuchten – in guter Tradition der Trumpisten – den Anschein zu erwecken, dass sie völlig gelassen seien, und betonten die Katastrophe, die eintreten werde, wenn das Gericht diese Handelszölle aufheben sollte. Allerdings scheint es für die Richter keinen anderen Ausweg zu geben, ohne dass dies zu einem Reputationsverlust für das Weiße Haus führen würde.
Dies ist genau der Punkt, weshalb der zweimal abgelehnte Gesetzentwurf von dem zweimal gedemütigten Lindsey Graham für das Weiße Haus nun von Nutzen ist. Denn er verleiht dem US-Präsidenten die Befugnis, beliebig hohe Zölle zu erheben (300 Prozent sind im Grunde genommen bereits ein Handelsembargo, vorgesehen ist sogar eine Obergrenze von 500 Prozent). Zwar können Sanktionen formal nur gegen Außenhandelspartner Russlands verhängt werden, jedoch hat Trump in dieser Hinsicht "Glück" – die meisten Länder der Welt, einschließlich der USA, können als Handelspartner Russlands angesehen werden. Selbst die baltischen Staaten beziehen nach wie vor Waren aus Russland und verkaufen an Russland eigene Güter.
Somit stellt der Gesetzentwurf von Lindsey Graham nicht den von ihm beabsichtigten Schlag gegen Russland dar, sondern ist vielmehr ein Hilfsmittel für die Außenhandelsstrategie der Trump-Anhänger. Auf welcher Grundlage Zölle eingeführt und abgeschafft werden, werden sie später selbst entscheiden. Dies setzt natürlich voraus, dass sie den US-Kongress dazu bewegen können, die "richtige" Fassung dieses Gesetzentwurfs zu verabschieden, denn wie die Geschichte mit dem U.S. Supreme Court beweist, gibt es im Weißen Haus Juristen aller Art, darunter auch solche, die sich nicht genau an die Verfassung erinnern können.
Für Russland sind die aktuellen Entwicklungen jedoch nicht unbedingt positiv zu bewerten.
Auch wenn Donald Trump die Gesetze über "vernichtende Sanktionen" für seine eigenen Zwecke benötigt und nicht, um zu den Prinzipien des ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden in den Beziehungen zu Moskau zurückzukehren, sind diese Ziele dennoch unredlich. Hätte der Supreme Court diese "Sekte" unter der Führung von US-Finanzminister Scott Bessent, der dem US-Präsidenten die Idee der Zoll-Erpressung eingeflößt hat, zurechtgewiesen, würde Indien beispielsweise russisches Öl mit größerer Zuversicht kaufen als derzeit, nachdem es den US-Zöllen unterworfen wurde. Im Gegensatz zu China hat Indien nicht viele Instrumente, um sich gegen den Zoll-Druck seines wichtigsten Außenhandelspartners, nämlich der USA, zu wehren.
Es ist stets von Vorteil, einen US-Präsidenten zu haben, der keine Zölle einführen kann, anstatt einen, der dies tun darf. Auch wenn das Weiße Haus bestrebt ist, eine gemeinsame Sprache mit dem Kreml zu finden und den Widerstand Kiews zu brechen, beabsichtigt es dennoch, die Politik fortzusetzen, russische Energieressourcen aus ihren gewohnten Märkten – von der Europäischen Union bis Indien – zu verdrängen, um sie durch eigene zu ersetzen. Und diese "Musik" wird ewig erklingen, während Lindsey Grahams "Lied" im Großen und Ganzen bereits gesungen ist.
Sehr wahrscheinlich verlieren die Republikaner im kommenden November die Wahlen zum US-Kongress, woraufhin die russlandfeindlichen Demokraten die Initiative in Bezug auf Sanktionen und die weitere Unterstützung Kiews an sich reißen werden. Allerdings wird Lindsey Graham in der neuen Zusammensetzung des US-Kongresses nicht mehr vertreten sein. Umfragen zufolge sprechen sich 57 Prozent der Republikaner in South Carolina für seinen Rücktritt aus, sodass die Chancen dieses langjährigen Russophoben auf einen Sieg bei den Vorwahlen sehr gering sind. Es gibt eine neue Generation US-amerikanischer Rechtsgerichteter – "trumpistische" Republikaner – die Graham als nicht mehr zeitgemäße Symbolfigur ersetzen wollen. Dieser spießige "Falken" des Kalten Krieges, dem es mehr darum geht, Russland Probleme zu bereiten, als die Probleme der USA zu lösen, passt nicht in die Zukunft.
Zum Abschluss soll er sich darüber freuen, dass man es ihm erlaubt hat, "Munition" für die Politik anderer bereitzuhalten. Niemand wird zulassen, dass Lindsey Graham, der früher darauf hoffte, US-Präsident oder zumindest US-Außenminister zu werden, seine eigene Politik betreibt. Andere Zeiten, andere Sitten.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 21. November 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung "Wsgljad" erschienen.
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