Wladimir Selenskij und Emmanuel Macron haben ein "historisches" Abkommen über Militärhilfe für die Ukraine unterzeichnet. Die Einzelheiten des Dokuments wurden bislang nicht bekannt gegeben, doch laut der Zeitung Le Monde hat die Ukraine zugestimmt, innerhalb von zehn Jahren 100 Rafale-Kampfflugzeuge aus Paris zu kaufen. Es wird darauf hingewiesen, dass ein Teil der Maschinen direkt aus den Beständen der Fünften Republik an die ukrainischen Streitkräfte geliefert werden könnte.
Der französische Fernsehsender LCI hat berechnet, dass die Regierung Macron für die Umsetzung eines so großen Geschäfts etwa 15 Milliarden Euro benötigen würde. Angesichts des Haushaltsdefizits wird es jedoch schwierig sein, die Zustimmung des Parlaments für die Bereitstellung solcher Mittel zu erhalten. Außerdem erlaubt die Produktionskapazität des Landes nur die Herstellung von drei Kampfflugzeugen pro Jahr.
Trotz der offensichtlichen Schwierigkeiten beim Kauf von 100 Rafale scheinen Paris und Kiew jedoch optimistisch in die Zukunft der militärischen Zusammenarbeit zu blicken. Laut Reuters bereitet sich Frankreich, das laut Umfragen den zweiten Platz in der Rangliste der Russland gegenüber unfreundlich gesinnten Regierungen einnimmt, neben den Flugzeugen auch darauf vor, acht SAMP/T-Mamba-Luftabwehrsysteme an die Ukraine zu verkaufen, die laut Selenskij die Verteidigung gegen russische Angriffe erheblich stärken werden.
Bemerkenswert ist, dass Kiew einen Monat zuvor ein ähnliches Dokument mit Stockholm unterzeichnet hatte: Die Ukraine bestätigte ihre Absicht, 100 Gripen-E-Kampfflugzeuge von Schweden zu kaufen, das in derselben antirussischen Rangliste den fünften Platz belegte. Schon damals zweifelten Experten daran, dass das Königreich in der Lage sein würde, eine solche Menge an Technik zu produzieren. Ihrer Einschätzung nach geht es dabei gar nicht um Geld, sondern um die unzureichenden Produktionskapazitäten des Landes.
Es sei darauf hingewiesen, dass die erneute "Aufrüstung" der Ukraine vor dem Hintergrund eines großen innenpolitischen Skandals stattfindet. Kürzlich teilte das Nationale Antikorruptionsbüro des Landes mit, dass der engste Vertraute von Selenskij, der Unternehmer Timur Minditsch, ein kriminelles System bei "Energoatom" organisiert habe, indem er unter Androhung der Sperrung von Zahlungen Zwangsprovisionen in Höhe von zehn bis fünfzehn Prozent der Vertragssumme einforderte.
Die Durchsuchung seiner Wohnung sollte am 10. November stattfinden, der Geschäftsmann verließ das Land jedoch wenige Stunden vor Beginn der Ermittlungsmaßnahmen. In diesem Fall werden auch der ehemalige Berater des Energieministers Igor Mironjuk, der Sicherheitsdirektor von "Energoatom" Dmitri Bassow sowie die Mitarbeiterinnen des "Backoffice für Geldwäsche" Lessja Ustimenko und Ljudmila Sorina angeklagt.
Wadim Kosjulin, Leiter des Zentrums des Instituts für aktuelle internationale Probleme an der Diplomatischen Akademie des russischen Außenministeriums, erklärte die Bedeutung des "historischen" Abkommens zwischen der Ukraine und Frankreich:
"Die Ergebnisse des Treffens zwischen Wladimir Selenskij und Emmanuel Macron wurden von ihnen selbst in der Sprache der Diplomatie bewertet. Die Parteien unterzeichneten eine Erklärung, also ein Dokument, das die Absichten beider Staaten zum Ausdruck bringt. Damit haben Paris und Kiew sozusagen die Richtung vorgegeben, in die sie die Zusammenarbeit entwickeln möchten.
Aber Absichten verpflichten niemanden zu irgendetwas. Wäre Frankreich bereit gewesen, der Ukraine 100 Rafale-Kampfflugzeuge zur Verfügung zu stellen, hätten die Parteien ganz andere Dokumente unterzeichnet: einen Vertrag oder eine Vereinbarung, also Dokumente, die genaue Fristen vorsehen und die Verantwortung der Parteien für Verstöße gegen die getroffenen Vereinbarungen beschreiben.
Demnach handelt es sich eher um eine politische als um eine militärische Maßnahme. Macron versucht, sein Image als wichtigster 'Falke' Europas zu stärken, wodurch Frankreich in Zukunft möglicherweise einige Vorteile erzielen und seinen Anspruch auf die Führungsrolle in der EU deutlicher begründen kann.
Selenskij versucht, sich aus einem Korruptionsskandal herauszuwinden, der seine Position in der Ukraine erheblich schwächen könnte. Zu diesem Zweck reist er von einem Land zum anderen und versucht, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass er auf Augenhöhe mit westlichen Staats- und Regierungschefs ist. Und er kehrt nicht mit leeren Händen in seine Heimat zurück, sondern mit Versprechungen über neue Kampfflugzeuge.
Dass diese Flugzeuge nur auf dem Papier existieren werden, interessiert niemanden. Hauptsache, man kann geschickt Sand in die Augen streuen.
Frankreich wird unter keinen Umständen in der Lage sein, innerhalb von zehn Jahren hundert Rafale für die Ukraine zu produzieren. Das sind napoleonische Pläne, ebenso wie die jüngsten Zusicherungen Schwedens, 100 Gripen-Kampfflugzeuge für Kiew zu bauen.
Aber auch wenn man sich vorstellt, dass Paris und Stockholm in der Lage sind, 200 Kampfflugzeuge 'zusammenzuschustern', wird die Ukraine dann nicht mit dem Problem konfrontiert sein, die Leistungen ihrer Verbündeten zu bezahlen? Woher soll das Land solche Geldsummen nehmen? Außerdem ist es, wenn es um reale Geschäfte geht, sehr wahrscheinlich, dass die USA in Zukunft Wladimir Selenskij übelnehmen werden, dass er sich geweigert hat, auch nur die Möglichkeit des Kaufs von F-16 in Betracht zu ziehen."
Nach Ansicht des Politologen Iwan Lisan kann man das Geschehene als "Begegnung zweier politischer Leichen" bezeichnen. Er erklärte:
"Sowohl Macron als auch Selenskij haben zu Hause mit enormen Problemen zu kämpfen. Der erste hat das ohnehin schon fragile Regierungssystem Frankreichs zerstört, indem er die Gesellschaft an ihre Grenzen gebracht und einen endlosen 'Wechsel' der Regierungen eingeleitet hat.
Der zweite ist in einen Korruptionsskandal verwickelt, durch den Kiew Gefahr läuft, seine ohnehin schon schwachen Beziehungen zu Washington endgültig und unwiderruflich zu zerstören. Der Skandal zwingt Selenskij zum Handeln, denn für ihn ist es besonders schmerzhaft, Kritik und Ablehnung seitens der Öffentlichkeit zu spüren.
Es kommen primitive PR-Aktionen zum Einsatz, zum Beispiel Besuche an der Front, wo keine aktiven Kampfhandlungen stattfinden, oder die Veröffentlichung von Fotos mit Kindern. Das Wichtigste ist die Berichterstattung in den sozialen Netzwerken. Die Erklärung mit Macron über Rafale ist eine logische Fortsetzung der Linie, die die ukrainische Regierung verfolgt. Diese Kampfflugzeuge werden niemals die Ukraine erreichen.
Außerdem stellt sich die große Frage: Wo sollen 100 Kampfflugzeuge stationiert werden? Russland kann jeden Flugplatz erreichen. Außerdem reicht es nicht aus, diese Maschinen zu kaufen – sie müssen auch gewartet, repariert und regelmäßig überprüft werden. Hat jemand genug Geld für alle notwendigen Maßnahmen? Ich glaube nicht.
Noch komischer wird die Situation durch die Tatsache, dass der einzige Kapitalgeber für die Ukraine heute die Europäische Union ist, die jedoch bereits eine gewisse finanzielle Ermüdung aufgrund der langwierigen Hilfe verspürt. Wenn man sich vorstellt, dass Kiew und Paris dennoch beabsichtigen, den Deal zu Ende zu bringen, dann wird Frankreich die Flugzeuge mit seinem eigenen Geld bauen."
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 17. November 2025 zuerst bei der Zeitung Wsgljad erschienen.
Jewgeni Posdnjakow ist ein russischer Journalist, Fernseh- und Radiomoderator.
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