Von Flinten- zur Spitzel-Uschi: Von der Leyen will eigenen Geheimdienst

Die Idee klingt wie ein dystopischer Albtraum: Die EU-Kommissionspräsidentin will ihren eigenen Spitzeldienst. Als Begründung nennt sie wachsende internationale Spannungen. Das Problem: Ursula von der Leyen ist für die Führung eines eigenen Geheimdienstes charakterlich komplett ungeeignet.

Von Gert Ewen Ungar

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen plant die Schaffung eines eigenen EU-Geheimdienstes. Dieser soll ihr direkt unterstellt sein und ihr zuarbeiten. Von der Leyen begründet die Idee mit wachsenden geopolitischen und geoökonomischen Spannungen. Man möchte unabhängiger von den USA werden und auf Bedrohungen aus Russland und China schneller reagieren können. 

Hinter diesen Scheinargumenten schimmern allerdings alle dystopischen Albträume der EU-Kritiker auf. Von der Leyen will ihre Macht weiter ausbauen und die EU zur Autokratie umbauen. Alle Macht der Kommissionspräsidentin! 

Es gibt daher gewichtige Argumente gegen die Idee. Zum einen hat die ehemalige Friedensunion bereits einen EU-Nachrichtendienst. Das EU Intelligence Analysis Centre, INTCEN, ist ein Organ der EU und beim Auswärtigen Dienst angesiedelt. Chefin ist damit Kaja Kallas.

Schon das INTCEN ist ominös, um es freundlich auszudrücken. Für seine Arbeit gibt es keine Gesetzesgrundlage, gegenüber dem EU-Parlament ist INTCEN nicht auskunftspflichtig. Das Zentrum arbeitet ohne jede parlamentarische Kontrolle. Man kann nur mutmaßen, was dort passiert.

Anscheinend laufen dort die Erkenntnisse von militärischen und zivilen Geheimdiensten der Mitgliedsländer auf. Daraus erstellt das INTCEN nachrichtendienstliche Einschätzungen. Eigene Spionageaktivitäten führt INTCEN nicht durch ‒ nach eigenen Angaben, wohlgemerkt. Das kann man glauben oder auch nicht, unabhängig überprüfen lässt sich das nicht, denn es gibt keine Aufsicht. Es ist noch nicht einmal klar, über was für ein Budget das Zentrum verfügt, denn es wird nicht gesondert aufgelistet. Von der gebotenen und von der EU-Kommission versprochenen Transparenz ist das alles himmelweit entfernt.

Kaja Kallas ist zwar ebenso blond und russophob wie Ursula von der Leyen, allerdings mögen sie sich dennoch nicht. Der Plan von der Leyens ist daher auch Ausdruck eines internen Machtkampfs im EU-Gefüge, denn alles, was von der Leyen will, gibt es de facto schon. Es ist nur nicht ihr unterstellt. Und genau das ist von der Leyens Problem.  

Dabei ist aber nicht zu erwarten, dass ausgerechnet von der Leyen mit den Defiziten aufräumt, für Transparenz sorgt und die geheimdienstlichen Aktivitäten eines neuen Dienstes nun plötzlich einer parlamentarischen Kontrolle unterstellt, wenn der Spitzeldienst bei ihr angesiedelt wird. Für diese These spricht, dass die Institution allem Anschein nach schon im Aufbau ist, ohne dass es dafür eine Rechtsgrundlage gibt. Von der Leyen mauschelt einfach genauso weiter, wie sie es immer tut. Sie schafft Tatsachen am Parlament, dem Rat und allen Kontrollgremien vorbei. 

Nun sollte man eine parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste nicht überbewerten, was gerade die deutschen Verhältnisse deutlich machen. Dort wird die bestehende Auskunftspflicht mit dem Geheimhaltungsargument regelmäßig ausgehebelt. Der AfD und der Linken als Oppositionsparteien wird der Zugang zum parlamentarischen Kontrollgremium gleich ganz verwehrt. Die deutschen Geheimdienste verfolgen eine eigene Agenda und wissen, wie sie Politik im Sinne dieser Agenda instrumentalisieren können. 

Dass nun aber ausgerechnet Ursula von der Leyen mit der Schaffung eines eigenen Geheimdienstes etwas anderes im Sinn haben könnte als die Ausweitung ihrer Macht, wäre angesichts ihres politischen Werdegangs fatal naiv. Von der Leyen ist im Geist durch und durch Autokratin. Regeln, Gesetze und Gepflogenheiten sind ihr völlig gleichgültig. Absolute Herrschaft ist ihr Ziel. Sie fühlt sich niemandem verpflichtet ‒ Beleg hierfür sind die vielen Skandale, mit denen ihr Karriereweg gepflastert ist.

Mit dem Argument, Demokratie und Meinungsfreiheit in der EU schützen zu wollen, schafft die Kommission unter von der Leyen Meinungsfreiheit ab und baut Demokratie zurück. Die Kommissionspräsidentin missachtet das Parlament, jede Kritik prallt an ihr ab. Von der Leyen verschanzt sich in Brüssel im 13. Stock des Berlaymont-Gebäudes, dem Sitz der EU-Kommission. Nur ein enger Kreis hat Zugang zu ihr. Der Weg führt laut Insidern über spezielle Lifte. Auch die EU-Kommissare sind ausgeschlossen. Sie schart einen kleinen Kreis von Beratern um sich. So geht Demokratie à la Ursula. 

Von der Leyen ist die Fleisch gewordene Antidemokratin. Die EU-Bürger in ihrer Masse und Vielfalt machen ihr Angst, Pluralität verwirrt sie, den diplomatischen Kompromiss interpretiert sie als Schwäche, die Souveränität von Staaten widert sie an. Von der Leyen hat gern einfache Lösungen und ignoriert die Realität auch, wenn diese einfachen Lösungen scheitern.

Die Russland–Sanktionen sind dafür ein herausragendes Beispiel. Die Idee war, Russlands Wirtschaft unmittelbar nach Kriegsbeginn durch Sanktionen zu zerstören, um anschließend die Bedingungen für einen Friedensschluss diktieren zu können. Dieser Plan ging gründlich schief, aber von der Leyen hat keinen anderen. Die Wirtschaft der EU geht in die Knie, man ist dennoch mit der Ausarbeitung des 20. Sanktionspakets beschäftigt ‒ ein klarer, stichhaltiger Beleg für komplette Realitätsverweigerung. 

Was damit klar geworden sein sollte: Ursula von der Leyen darf auf keinen Fall über einen eigenen Geheimdienst verfügen. Sie ist dafür charakterlich völlig ungeeignet. Wie mit allen anderen Befugnissen, die ihr übertragen wurden, wird sie auch damit schlimmsten Missbrauch treiben. Von der Leyens Ziel ist der Umbau der EU zu einer auf sie ausgerichteten Autokratie, der Umbau der EU in eine nach außen aggressiv agierende Kriegsmaschine, die im Innern die eigenen Bürger vollumfänglich kontrolliert. Die Grundlagen dafür hat von der Leyen längst geschaffen. 

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