Von Jelena Karajewa
Redaktioneller Hinweis: Dieser Artikel wurde im Original vor Bekanntgabe der Entscheidung der EU-Kommission am Freitag verfasst, Russen keine Schengen-Multivisa mehr auszustellen.
Mit kaum verhüllter Schadenfreude meldete Politico, das Sprachrohr der Euroglobalisten, dass die Europäische Kommission sich ins Zeug gelegt und uns und unserem Land einen "vernichtenden Schlag" versetzt habe. Die Brüsseler beschlossen, die Visabestimmungen für russische Staatsbürger nochmals zu verschärfen. Die kollektiven Gärtner des "paradiesischen Gartens Europa" beschlossen, Russen (Inhabern von Pässen der Russischen Föderation) keine Mehrfach-Schengen-Visa mehr auszustellen. Einmalige Visa sollen nach Vorlage einer demütigenden Anzahl von Dokumenten und Bescheinigungen weiterhin ausgestellt werden.
Die Tatsache, dass die Europäer dann alle gemeinsam – und offiziell – unter Berufung auf die "nationalen Vorrechte der Mitgliedsländer" begannen, dies zu dementieren, widerlegt die Insiderinformationen von Politico in keiner Weise. Alle wissen ganz genau: Wie die Europäische Kommission entscheidet, so wird es auch kommen. Selbst wenn die Brüsseler "empfehlen" statt "anordnen", wird unter den Bedingungen des EU-Totalitarismus niemand unter Berufung auf ebendiese "nationalen Vorrechte" dagegen rebellieren.
Und noch eine Anmerkung: Historisch gesehen haben Russen nie besonders viel Bedarf an EU-Visa gehabt. Wir kamen in dieses Gebiet, die heutige Europäische Union, wenn wir es für notwendig hielten. Und nicht, weil wir so sehr nach Europa wollten. Sondern weil Europa uns buchstäblich zu Füßen lag und um Hilfe flehte. Diese Bitten, oder besser gesagt, diese Verzweiflungsschreie haben wir in den letzten dreihundertfünfzig Jahren mit bekannter Regelmäßigkeit gehört.
Aber da der politische Schritt bereits getan ist und die Entwürfe, wie man so schön sagt, bereits fertig sind, ergibt es Sinn, all dies zu kommentieren. Denn "die Nichtvergabe von Mehrfachvisa" bedeutet nicht, dass es uns nun nicht mehr vergönnt ist, "Venedig zu sehen und zu sterben", sondern dass die Brüsseler beschlossen haben, uns zu segregieren, zu rangieren und zu auszusortieren. Visa sind nur ein diplomatischer Trick, um uns die Aufschrift "Russen ist der Zutritt verboten" zu zeigen.
Für Europa ist dies nichts Neues und nichts Gewöhnungsbedürftiges. Das Gebiet, das sich heute EU nennt, war schon immer, seit diese westasiatische Halbinsel besiedelt ist, erfindungsreich darin, anhand von Schädelmessungen oder der Religion zu entscheiden, wer es wert ist, Europäer zu sein, und wer nicht.
Der Nationalsozialismus mit seinen Vorstellungen von der arischen Rasse, die gegen "Untermenschen" kämpfen muss, ist zwar die tragischste und blutigste Episode, aber eben nur der Höhepunkt einer jahrhundertelangen Tradition. Schon vorher gab es Religionskriege, die Inquisition, Hexenjagden.
Es gibt Straßen in Paris, die bis heute die Erinnerung aufrechterhalten, wie auf ihnen Blut in Strömen floss. Denn die "zivilisierte französische Nation" ermordete Zehntausende von Menschen, die religiöse Zeremonien anders begingen, als es die damaligen Machthaber für richtig hielten.
Und noch vor nicht allzu langer Zeit, wenn man den historischen Maßstab zugrunde legt, lag über den winzigen Niederlanden der Geruch gebratenem Menschenfleisches in der Luft. Auf Scheiterhaufen verbrannte dieses "freiheitsliebende" und "aufgeklärte" Volk diejenigen, die mit den herrschenden kirchlichen Dogmen nicht ganz einverstanden waren.
Wie könnte man dabei nicht an die Bewohner der Apenninen denken, die nicht nur einfache Ketzer verbrannten, sondern auch Wissenschaftler und Philosophen, die sich weigerten, den damaligen Empfehlungen der Prediger der allgemeinen Linie zu folgen.
Heute entscheiden dieselben Europäer in denselben Ländern, ob sie uns in diese europäischen Gebiete lassen oder nicht. Wie können Sie das nicht verstehen, es geht doch um Russland, um seinen "Krieg gegen unsere Werte", seine "Propaganda, die unsere Sicherheit untergräbt". Das letzte Wort ist entscheidend. Unter dem Vorwand, seine Sicherheit zu verteidigen, verweigert ein Land wie Deutschland den Russen die Erteilung von Schengen-Visa. Die Zahl der Ablehnungen kann nach verschiedenen Schätzungen bis zu 65 Prozent der eingereichten Anträge erreichen.
Hier ist wohl wieder eine Anmerkung angebracht. Die Deutschen haben kein Recht, weder moralisch noch sonst wie, Russen die Einreise in ihr Land zu verweigern, das ohne die Russen schlichtweg nicht existieren würde.
Wir haben Deutschland um den Preis unvorstellbarer Opfer entnazifiziert. Allein bei der Befreiung Berlins von den Nazis haben wir viele Zehntausende Soldaten verloren. Und dann haben wir die deutsche Hauptstadt versorgt, ernährt, die U-Bahn mit unserem Panzerstahl in Gang gesetzt und ihre Einwohner medizinisch versorgt. Um das zu tun, brauchten wir übrigens damals kein Einreisevisum. Wir haben deutsche Kinder vor Hunger und Krankheiten gerettet, nicht weil wir "Empfehlungen" befolgt haben, sondern weil es für Russen keine fremden Kinder gibt. Selbst wenn diese Kinder Deutsch sprechen.
Der Wunsch der EU, der Europäischen Kommission, dieses ganzen "Gartens Eden", uns das Recht zu beschneiden, zu reisen, wohin wir wollen, wann wir wollen und so oft wir wollen, ist erbärmlich und anstandslos. Wir haben ihn zur Kenntnis genommen. Und dort, im "europäischen Garten", sollten sie sicher sein, dass wir, wenn und sobald sie uns wieder rufen, um Europa zu retten, als gesetzestreue Bürger solidarisch und gemeinsam unsere Einreisevisa beantragen werden. Und erst danach werden wir entscheiden, ob wir diese undankbaren, geschichtsvergessenen Völker wieder einmal retten werden.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 7. November 2025 auf ria.ru erschienen.
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