Moskau und Washington bei Beilegung des Ukraine-Konflikts gescheitert – Ergebnisse dennoch greifbar

Die Friedensbemühungen Russlands und der USA im Ukraine-Konflikt brachten kein Friedensabkommen, und Donald Trump sinniert über die Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern. Damit wären Waffen vergleichbarer Reichweite und Zerstörungskraft erstmals in Kiews Besitz.

Von David Narmanija

Der Ukraine-Konflikt tritt in eine neue Phase ein: Die diplomatischen Bemühungen Moskaus und Washingtons, eine Lösung zu finden, scheinen ihr eigentliches Ziel nach dem Maximalprogramm nicht erreicht zu haben – ein Friedensabkommen scheint unmöglich. Dennoch waren sie nicht umsonst.

Zumindest betonte Russlands Vizeaußenminister Sergei Rjabkow genau dies:

"Der starke Impuls für ein Abkommen, der von Anchorage ausging, wurde durch die Bemühungen unserer Gegner und die der Befürworter eines Krieges bis zum letzten Ukrainer weitgehend zunichtegemacht. Dies ist das Ergebnis destruktiver Aktivitäten, vor allem der Europäer, über die wir offen und direkt sprechen."

Vor diesem Hintergrund ist mit Empörung nach dem Motto "Wozu dann das Ganze?" zu rechnen.

Russlands Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin beantwortete diese Frage am Dienstag, dem 7. Oktober 2025 bei einem Treffen mit Militärangehörigen in Sankt Petersburg. Ihm zufolge haben russische Truppen in diesem Jahr fast 5.000 Quadratkilometer und 212 besiedelte Gebiete befreit.

Natürlich spielten die Standhaftigkeit und die Tapferkeit unserer Soldaten dabei die wichtigste Rolle. Man darf aber auch nicht vergessen, dass die westlichen Hilfen für die ukrainischen Streitkräfte fast diese gesamte Zeit über rückläufig waren. Denn jedes Fahrzeug und jedes Gerät, jede Granate, die in diesem Jahr nicht die ukrainische Front erreichten, steht für gerettete Leben russischer Soldaten.

Und in diesem Hinblick ist es wichtig zu verstehen, dass der von Trumps Team mit eingeleitete Friedensprozess fast die ganze Zeit andauerte – Anchorage war lediglich sein Höhepunkt, während die Verhandlungen zwischen Moskau und Washington offenbar fast unmittelbar nach der Amtseinführung des neu gewählten US-Präsidenten begannen. Und diese ganze Saga war für Kiew ständig von verschiedenen Problemen geprägt.

Zunächst war es zu Verzögerungen bei den noch von der Biden-Regierung versprochenen Waffenlieferungen gekommen. Und dann verlagerten die USA ihre Unterstützung für die Ukraine im Wesentlichen im Ganzen auf ihre europäischen Verbündeten. Trumps Formel "Washington zahlt für nichts, ist aber bereit, Waffen zu verkaufen" ist an sich schon ein bedeutender diplomatischer Sieg. Denn seit Beginn des Konflikts betrug der Marktwert allein an US-amerikanischer Kriegshilfe, von der Vorgänger-Regierung Biden geleistet, 130 Milliarden US-Dollar. Hingegen hat die Trump-Regierung keinen Cent beigesteuert. Dies alles ist natürlich noch kein Frieden, mit dessen Eintritt Russland seinen Sieg feststellen könnte. Zudem könnte man meinen, dass die USA, die den Ukraine-Konflikt ja von einem Kostenfaktor in ein lukratives Unterfangen verwandelt haben, folglich an seinem Fortlauf interessiert seien. Doch auch das stimmt nur teilweise: Den Europäern fällt es zunehmend schwerer, ihre Unterstützung auf dem bisherigen Niveau zu halten, denn ihre Budgets schrumpfen – als Zeuge sei hier allein der französische Premierminister Sébastien Lecornu genannt, der deswegen nach gerade einmal 26 Tagen im Amt zurücktrat. Und der anhaltende Rechtsruck in Europa birgt aus Brüssels Sicht gar die Gefahr, das Lager Ungarns und der Slowakei um weitere Gleichgesinnte zu erweitern, die Kiew die Unterstützung verweigern – so hat sich ihnen kürzlich Tschechien angeschlossen.

Mit anderen Worten: Die Last der Hilfe für die Ukraine wiegt von Tag zu Tag schwerer, und immer weniger sind bereit, sie zu tragen. Und die Tatsache, dass diese Last nun allein auf den europäischen Schultern lastet, wird es Russland auf die eine oder andere Weise erleichtern, seine Ziele zu erreichen.

Der berüchtigte "Deal" war also gar nicht zwingend ein Selbstzweck, und sein Ausbleiben ist keine Kriegsniederlage – der Weg zu ihm, obzwar nicht zu Ende gegangen, war an sich schon durchaus gewinnbringend. Sowohl für Moskau als auch für Washington. Wohl kann Trumps Entscheidung, aus dem Konflikt Profit zu schlagen, nicht als Zugeständnis gewertet werden. Moskau hat deswegen keinen Grund zur Dankbarkeit; die US-Regierung handelt nach eigenem Ermessen und bringt keine Opfer. Sie handelt einfach nur rationaler als die vorherige.

Nun jedoch ändert sich die Lage. Die US-Rolle im Konflikt mit diplomatischen Mitteln noch weiter zu verringern, wird schwierig sein. Und die Lieferung von Tomahawks an Kiew steht jetzt auch noch auf der Tagesordnung.

Natürlich haben Militärexperten Recht, die darauf hinweisen, diese Waffen könnten die Lage auf dem Schlachtfeld nicht ändern. Einem solchen Zweck dient ihre Lieferung jedoch auch gar nicht. Vielmehr kann der Besitz von Tomahawks es Kiew ermöglichen, sein terroristisches Unwesen mit größerer Zerstörungskraft zu treiben.

Zur Erinnerung: In der Nacht des 6. Oktober griffen die ukrainischen Streitkräfte das Kernkraftwerk Nowoworonesch im Gebiet Woronesch mit einer Kamikazedrohne an. Die Drohne wurde mit Mitteln der elektronischen Kampfführung abgewehrt – schlug aber dennoch immerhin im Kühlturm des Kraftwerks ein. Wäre anstelle der Drohne ein Marschflugkörper – dazu noch vom Kaliber der Tomahawk – eingesetzt worden, hätte der Schaden noch viel größer sein können. Und es besteht kein Zweifel daran, dass Kiew diese Waffen, sobald sie in seinen Besitz kommen, in ähnlicher Weise einsetzen wird.

Darüber hinaus können Tomahawk-Marschflugkörper, wie bereits mehrfach erwähnt, einen nuklearen Sprengkopf tragen. Gut, es ist zwar logisch anzunehmen, dass die Raketen, falls eine Entscheidung getroffen wird, sie zu liefern, in konventioneller Konfiguration in der Ukraine eintreffen werden. Doch gibt es denn eine Garantie dafür, dass die einheimischen Ingenieure dort sie nicht auf Geheiß des Kiewer Regimes zu Trägern für "schmutzige Bomben" umbauen – unter Verwendung nuklearer Abfälle aus ukrainischen Atomkraftwerken?

Wenn Trump also die Lieferung genehmigt, verliert das Argument, dies sei "nicht sein Krieg", jede Gültigkeit. Die Verantwortung für die Folgen läge allein bei ihm.

Und in diesem Fall bestünde ein hohes Risiko, dass nicht nur er, sondern die gesamte Menschheit den Friedensnobelpreis vergessen muss. Den Nobelpreis, den Frieden und vieles, vieles andere mehr.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst veröffentlicht am 9. Oktober 2025 bei RIA Nowosti.

Dawid Narmanija ist ein russischer Kolumnist und Blogger.

Mehr zum ThemaDie "schmutzige Bombe" der Ukraine und Schoigus Telefonate