250 Prozent an einem Tag: Russischer Stablecoin sorgt für Furore

Das magische Internet-Geld macht nicht Halt. Kryptowährungen werden besonders seit Anfang 2022 genutzt, um westliche Sanktionen gegen Russland zu umgehen. Der Westen muss nun zusehen, wie ein russischer Stablecoin allen Hürden trotzt.

Von Elem Chintsky

Inmitten der Neuigkeiten der letzten Wochen und Monate über Donald Trumps Vorhaben, US-Stablecoins zu instrumentalisieren, um die eigenen Staatsschulden ganz oder teilweise zu liquidieren, erfuhr ein russischer Stablecoin einen Durchbruch. Wie der Cointelegraph kürzlich berichtete, hat der an den russischen Rubel gekoppelte Stablecoin "A7A5" allein am vergangenen Montag ein Wachstum von nahezu 250 Prozent erzielt, und damit einen Gesamtwert von einer halben Milliarde US-Dollar. Vor den großen Sprüngen im Wert seit Ende September hielt sich A7A5 stabil im Bereich zwischen 120 und 140 Millionen US-Dollar.

Trotz zahlreicher westlicher Sanktionen liegt der Anteil von A7A5 an der gesamten Marktkapitalisierung der Nicht-Dollar-Stablecoins von 1,2 Milliarden US-Dollar nun bei 43 Prozent. Branchenexperten führen das Wachstum von A7A5 auf den Anstieg des Zahlungsverkehrs mit der Volksrepublik China zurück, deren Handel mittlerweile zum dominierenden Geschäftsfeld von A7A5 geworden ist. Nur zum Vergleich: Der an den Euro gekoppelte EURC-Stablecoin hat eine Marktkapitalisierung von knapp 258 Millionen US-Dollar.

A7A5 wird im Rechtsraum der ehemaligen Sowjetrepublik Kirgisistan emittiert – ein Land, dem im Westen regelmäßig eine Nähe zu Russland vorgeworfen wird und wo nicht "die richtigen Leute" demokratische Wahlen gewinnen. Viele der westlichen Sanktionen gegen Russland werden unter anderem durch Kirgisistan wieder stark geschwächt. Schon im Juni berichtete die britische Financial Times, dass eine Analyse der Krypto-Wallets einen A7A5-Umsatz von 9,3 Milliarden US-Dollar gezeigt habe. A7A5 ist gedeckt durch Rubel-Depositen, die bei der russischen Promswjasbank (PSB) hinterlegt sind. Das Grundprinzip ist einfach: Der Empfänger einer Zahlung in A7A5 kann diesen dann sofort zum Kauf von USDT nutzen. Nach diesem Schritt kann man mit dem USDT-Stablecoin das Guthaben in jeder beliebigen Währung in jedem Land weltweit abheben. 

Die Emittenten von A7A5 erklärten auf ihrem Telegram-Kanal, dass sie "bereits bewiesen haben, dass eine nationale digitale Währung nicht nur eine Alternative zum US-Dollar, sondern auch eine treibende Kraft für den globalen Wandel sein kann."

Diese Art Überlegungen fügen sich in die Prozesse ein, die oft mit der mittlerweile viel zitierten Entdollarisierung der Weltwirtschaft in Verbindung gebracht werden. Wo aber im klassischen Welthandel neue bilaterale Verträge und Abmachungen zwischen großen Volkswirtschaften dies eindeutig illustrieren (besonders in Eurasien), genießen in der Blockchain-Industrie die an den US-Dollar gekoppelten Stablecoins weltweit weiterhin nahezu Monopolstellung.

Darin liegt auch die Ratio der Trump-Administration: Es wird nicht offen eingestanden, dass im klassischen internationalen Welthandel der US-Dollar tatsächlich seinen Weltreserve-Status als Währung verliert. Stattdessen wird dieses Eingeständnis still und durch die Hintertür gemacht und sofort adäquat gehandelt: Die sich über die letzte Dekade formierte Monopolstellung der US-Stablecoins wolle man in Washington, D.C., nutzen, solange dieser Marktvorsprung noch bestehe. Das gilt ganz besonders für die Stablecoins USDT Tether sowie USDC, die jeweils den ersten und zweiten Platz mit Marktkapitalisierungen von 177,54 und 75,29 Milliarden US-Dollar belegen. In diesem Sinne hat der erst im Januar 2025 ins Leben gerufene russische A7A5 noch einiges an Nachholbedarf. Alle US-Stablecoins machen insgesamt eine Marktkapitalisierung von 300 Milliarden US-Dollar aus. Auf dem siebten Platz ist sogar der US-Stablecoin des ominösen Vermögensverwalters BlackRock, der im Wert nur noch das Vierfache von A7A5 aufweisen kann. Fernab der Tagesschau findet zwischen Ost und West also ein neues, monetäres Wettrüsten statt – auf der Blockchain.

Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit "RT DE" besteht seit 2017. Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Chintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, auf dem man noch mehr von ihm lesen kann.

Mehr zum Thema - Sberbank bringt Bitcoin-Anleihe auf den Markt