Frau Merkel, die Unschuld vom Lande

Kaum jemand hat einen größeren Beitrag zur ukrainischen Tragödie geleistet als die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. In einem Interview mit einer ungarischen Plattform versuchte sie nun, die Schuld für das Scheitern einer friedlichen Lösung auf Polen und die baltischen Staaten abzuwälzen.

Von Igor Malzew

Frau Merkel, auch bekannt als "Mutti", reist derzeit durch Europa, um den Verkauf ihrer Memoiren anzukurbeln. Das klappt nicht besonders gut, aber während ihrer Promotion-Tour muss sie mit Journalisten verschiedener Publikationen sprechen – und dabei kommt ihr Wunsch, sich der Verantwortung für so ziemlich alles in ihrer Amtszeit, insbesondere für die Ukraine-Krise, zu entziehen, aus allen Poren heraus.

Nun hatte die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Fragen des Moderators der führenden ungarischen Online-Zeitschrift Partizán zu beantworten und tat es – 47 Minuten lang. Fast die ganze Zeit beschuldigt sie in dem Interview alle um sich herum, außer sich selbst. Merkel spricht über das Minsker Abkommen, zu dessen Abschluss (und Nichterfüllung) sie selbst beigetragen hat. Dieses Abkommen sei "bei weitem nicht ideal" gewesen und sei "nie ordnungsgemäß eingehalten" worden, aber im Zeitraum von 2015 bis 2021 habe es "zur Beruhigung" der sonst angespannten Lage beigetragen. Außerdem habe es der Ukraine ermöglicht, "Kräfte zu sammeln" und "ein anderes Land zu werden".

"Dann müssen wir daran arbeiten, dass wir eine gemeinsame Position haben", sagt die ehemalige Kanzlerin.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs (der Moderator stellt Fragen auf Ungarisch, die ehemalige Kanzlerin antwortet auf Deutsch) schildert die 71-Jährige ihre eigene Sicht der Ereignisse. So erklärt Merkel ab der achten Minute:

"Im Juni 2021 hatte ich das Gefühl, dass Putin die Minsker Vereinbarungen nicht mehr ernst nimmt, und deshalb wollte ich ein neues Format schaffen – damals zusammen mit Präsident Macron, damit wir als Europäische Union direkt mit Putin verhandeln können."

Allerdings stieß sie laut eigener Aussage auf Widerstand. Angela Merkel beklagt sich regelrecht:

"Einige haben diese Idee nicht unterstützt. In erster Linie waren das die baltischen Staaten, aber auch Polen war dagegen."

An dieser Stelle muss man noch einmal im Text zurückgehen und sich diesen Satz erneut anhören (oder ihn lesen):

"Das ermöglichte es auch der Ukraine, Kräfte zu sammeln und ein anderes Land zu werden."

Für Russland bedeutete dies, dass man versuchte, es zu täuschen und die Ukraine bis an die Zähne zu bewaffnen. Und das war ein Wendepunkt in der Haltung des Kremls gegenüber dem Westen und gegenüber Merkel selbst. Denn niemand in Russland hatte eine solche Hinterhältigkeit erwartet. Seitdem ist viel Zeit vergangen und eines ist der breiten Öffentlichkeit klar geworden: Man kann europäischen Politikern nicht trauen, selbst wenn sie sagen, dass Strom aus der Steckdose kommt.

Die Vorwürfe gegen Polen sind jedoch etwas Neues (über die Balten wissen wir selbst nur zu gut Bescheid).

Weiter wird es noch bunter in Merkels Erzählung. Zunächst deutet sie an, dass es keinen Krieg gegeben hätte, wenn sie nicht als Kanzlerin hätte abdanken müssen. Dann behauptet sie, dass der Konflikt wegen der Covid-Pandemie ausgebrochen sei. Zu diesem Thema hat sie folgende These aufgestellt:

"Viele Verhandlungen wurden wegen der Pandemie abgebrochen."

Dann haben wir eine interessante Information für die Dame mit dem Panamahut: Genau am 24.02.2022 "verschwand" die sogenannte Pandemie weltweit. Erstaunlich, nicht wahr?

Merkel beschrieb gegenüber Partizán ihre Vision von einem Ende des Krieges in der Ukraine wie folgt: Einerseits müsse Europa "militärisch stärker" werden – und das geschehe bereits. "Aber ich glaube auch, dass wie während des Kalten Krieges immer Diplomatie notwendig ist", betonte die ehemalige Kanzlerin. Ziel sei es, dass Russland den Krieg nicht "gewinne" und die Ukraine ein "freier Staat" bleibe.

Und hier singt sie genau das gleiche Lied wie die neuen Führer Deutschlands, indem sie eine ungebremste Militarisierung des Landes und eine totale Konfrontation mit Russland vorschlägt, um "es nicht gewinnen zu lassen".

Darüber geht das leise Piepsen, dass "man doch irgendwie Verhandlungen führen" müsse, irgendwo zwischendurch in der Rede unter.

Die Leser deutscher Zeitungen fassen in den Kommentaren zusammen:

"Diese Frau ist völlig unempfänglich für Ratschläge, unempfänglich für Kritik, stur. Ihre Politik hat Deutschland sowohl im Inland als auch auf internationaler Ebene geschadet und eine bedeutende Rolle in der Situation in der Ukraine gespielt."

Das wiederum ist unumwunden und gut auf den Punkt gebracht.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde für den Telegram-Kanal "Exclusiv für RT" verfasst. Igor Malzew ist ein russischer Schriftsteller, Publizist, Journalist und Autor des Telegram-Kanals @fuckyouthatswhy.

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