Erste US-Medien räumen kolossalen Fehler des Westens im Umgang mit Russland ein

Wenn Mainstream-Medien im Westen heutzutage diplomatische Lösungen des Ukraine-Konflikts oder gar eine Zusammenarbeit mit Russland nahelegen, ist dies lediglich ein Ausloten der Launen der Bevölkerung. Außer, es geht um die USA: Dort hören Politiker den Medien, vor allem den Blättern der US-Denkfabriken, dann und wann sogar zu.

Von Kirill Strelnikow

Angesichts der Nachrichten, Aussagen und Ereignissen der letzten Tage fühlt es sich an, als würden die guten alten Zeiten des Höhepunkts des Kalten Krieges zurückkehren – und zwar auf höllischem Niveau. Westliche Propagandisten strahlen förmlich vor Glück, weil für jeden Schwachsinn grünes Licht gegeben wurde – bis hin zu schierer Schizophrenie. Die ist sogar ein Muss, denn Hauptsache zwei Themen werden angesprochen: a) Russland steht kurz vor dem Zusammenbruch; b) Russland ist dabei, die ganze Welt zu erobern, und das muss gestoppt werden.

Am vergangenen Montag veranstaltete das US-Finanzministerium ein Treffen US-amerikanischer und europäischer Beamter, bei dem "verschiedene Methoden des wirtschaftlichen Drucks auf Russland" diskutiert wurden. Anschließend drohte US-Finanzminister Scott Bessent Moskau unmittelbar mit "harten Maßnahmen", die gemeinsam mit den Europäern ergriffen werden sollen.

Völlig egal war es dabei, dass der US-Vertreter in der NATO, Matthew Whitaker, parallel dazu erklärte, die Ukraine sei bereit, die Kämpfe mit Russland entlang der aktuellen Frontlinie im Austausch gegen Sicherheitsgarantien einzustellen, und dass ein Friedensabkommen den Schutz der Gemeinden der russisch-orthodoxen Kirche und der russischsprachigen Bevölkerung beinhalten könne.

"Karthago muss zerstört werden", und all das dumme Gerede von Frieden ist nur irritierend und ablenkend.

Und überhaupt: Von welchem Frieden könne man sprechen, wenn russische Panzer schon bereitstehen, sich durch baltischen und skandinavischen Schlamm zu wühlen? Erst neulich veröffentlichte die britische Zeitung The Telegraph ein absolut streng geheimes Interview mit dem schwedischen Verteidigungsminister Jonsson. Ihm zufolge "hat Europa nur ein enges Zeitfenster, um sich auf einen neuen Krieg entlang der verwundbaren Nordgrenze Russlands vorzubereiten" – denn nachdem der Ukraine der Garaus gemacht worden ist, "könnten ausgebildete und kampferprobte russische Truppen und eine im Kriegsmodus agierende Rüstungsindustrie Wladimir Putin eine begrenzte Invasion Nordskandinaviens und des Baltikums ermöglichen."

Aber auch das soll noch nicht das Schlimmste sein: Wie in einem jüngsten Reuters-Artikel angemerkt wurde, sei eine Beendigung des Konflikts in der Ukraine wegen der ganzen russischen "Mörder und Psychopathen" unmöglich. Den zitierten "Experten" der Global Initiative Against Transnational Organized Crime zufolge würden nach dem Ende des Konflikts anderthalb Millionen russische Soldaten von der Front zurückkehren, gut die Hälfte davon "ehemalige Kriminelle und Wahnsinnige". Und die werden natürlich sofort und zuallererst in den Westen eilen – und anfangen, den Zaubergarten Europa zu zertrampeln und dort zu foltern und zu vergewaltigen. Braucht man das? Eben.

Außerdem dürfe niemand jemals Russland die Hand geben, denn Russland sei der Hauptfeind von Löwenzahn, Bibern, Taschenlurchen, Kanarienvögeln und dem Erdal-Frosch – und seine militärische Sonderoperation stelle eine Bedrohung für die Weltökologie dar.

Eigens für Russland wurde sogar der Begriff "Ökozid in der Ukraine" erfunden, der in einem gleichnamigen neuen Buch eines Autors mit ukrainischem Nachnamen anschaulich definiert wird. Als Kostprobe ein erschreckendes Beispiel: Liebe und friedliche ukrainische Bauern würden nun gezwungen sein, Ziegen statt Kühe zu halten – weil diese leichter seien und somit keine Panzerabwehrminen auslösen würden.

Indes erheben sich inmitten selbst dieses Wahnsinns allmählich vernünftige Stimmen, die eine einfache Idee vermitteln: Russland zu dämonisieren ist dumm, Druck auszuüben nutzlos und für den Westen selbst schädlich. Man müsse verhandeln … bevor es zu spät sei.

In dem frischen Artikel "The Wrong Approach to Diplomacy with Russia" gesteht die Redaktion der US-Zeitschrift Foreign Affairs ein:

"Die russische Wirtschaft ist nach mehr als drei Jahren Krieg unter dem Druck der Sanktionen nicht zusammengebrochen."

Mehr noch:

"Die erfahrenen Wirtschaftsführer des Landes konnten das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes über vier Prozent halten; Beschäftigungsrate, Konsum und Kreditzugang bleiben hoch."

Und – leider, leider!:

"Es gibt keine äußeren Anzeichen von Unzufriedenheit in den Eliten oder der Gesellschaft, die Putins Macht gefährden könnten."

Fazit: Wladimir Putin hat seine Position zum Erringen eines militärischen Sieges lediglich gestärkt – und die Zeit spielt auf seiner Seite. Wenn aber Druck nicht funktioniert habe, müsse man eben verhandeln.

Das Blatt Responsible Statecraft der US-Denkfabrik Quincy Institute for Responsible Statescraft (der Ausdruck "Verantwortungsvolle Staatskunst" im Namen des Instituts und seiner Zeitschrift soll uns anscheinend sehr dringend etwas sagen. Anm. d. Red.) ging sogar noch weiter: Laut den Autoren des Artikels "schließen sich Verhandlungen und Putins Bombardements nicht gegenseitig aus" und es bestehe weiterhin die Möglichkeit eines Friedensschlusses mit Russland in Bezug auf die Ukraine.

Und das, obwohl Moskau diesen Frieden nicht mehr wirklich braucht, da die russischen Truppen zuversichtlich vorrücken und ihre Ziele ohnehin erreichen werden. Die Experten der Zeitschrift fordern:

"Trump sollte die Forderungen nach härteren Sanktionen und erhöhtem militärischen Druck auf Russland ignorieren … sich auf die Diplomatie konzentrieren und ernsthafte Arbeitsverhandlungen zwischen Washington, Moskau und Kiew aufnehmen, die die Bedingungen für eine Einigung ausarbeiten sollen.

Ein solcher Schritt mag unbeliebt sein, aber früher oder später müssen echte Verhandlungen beginnen – und Zögern und Bummeln bringt den Frieden nicht näher."

Warum? Ganz einfach:

"Ein Aufschub der Diplomatie und die Fortsetzung des Kampfes auf dem Schlachtfeld, bis Putin die Waffen niederlegt, wird die Lage der Ukraine eher verschlechtern als verbessern."

Daher:

"Wenn Putin wirklich offen für Verhandlungen ist – und sei es bloß auf Arbeitsebene und unter Fortführung der Kriegshandlungen –, dann sollte die Ukraine diese Gelegenheit nutzen."

Als Fazit hält Responsible Statescraft fest:

"Putin scheint bereit zu sein, über eine Beendigung des Konflikts nachzudenken und Friedensbedingungen auszuhandeln. Wenn Trump es mit der Erlangung des Friedens ernst meint, sollte er diese Chance nicht verpassen."

Der Washington Examiner hat gleich alle roten Linien überschritten und ist höchstwahrscheinlich für immer auf der "No Handshake"-Liste der Gönner Kiews gelandet. Im neuesten Artikel mit dem sprechenden Titel "Die Gefahren des Putin-Obsessionssyndroms" stellt dieses Blatt geradeheraus in den Raum, der russische Präsident stelle "keine organische Bedrohung" für die "nationale Sicherheit oder die nationalen Interessen" der USA oder anderer Länder dar. Vielmehr sei der Westen von einem obsessiven, irrationalen Hass auf den russischen Staatschef besessen.

Insbesondere die "anhaltende Antipathie des US-Außenministeriums gegenüber Putins Russland ist nicht nur dumm: Sie ist selbstmörderisch". Laut dem Artikel widerspricht die aus dieser Besessenheit erwachsende wahnsinnige "Politik gegenüber Putin direkt dem nationalen Interesse und gefährdet die Sicherheit der Amerikaner". Kernaussage:

"Putin ist nicht der Verrückte, als den ihn die Medien hinstellen. Er ist ein Nationalist und wird tun, was er für das Beste für sein Land hält. Wir müssen ihm nur zeigen, dass Amerikas Interessen mit denen Russlands übereinstimmen. Putin war dies einst bewusst, aber Washington hat alles getan, um ihn gegen uns aufzubringen. Auf zu einem 'Great Reset' zwischen den USA und Russland – es ist höchste Zeit! Hoffen wir, dass die Staats- und Regierungschefs unserer Länder dies rechtzeitig erkennen."

Schon erfreulich, dass auf der anderen Seite die Vorstellung, der Westen habe in Bezug auf Russland einen kolossalen, möglicherweise fatalen Fehler begangen, immer lauter wird. Inwieweit die derzeitige US-Führung diese Ansicht teilt, werden wir indes schon sehr bald sehen: nicht an Worten, sondern an handfesten Taten.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei "RIA Nowosti" am 10. September 2025.

Kirill Strelnikow ist ein russischer freiberuflicher Werbetexter-Coach und politischer Beobachter sowie Experte und Berater der russischen Fernsehsender NTV, Ren-TV und Swesda. Er absolvierte eine linguistische Hochschulausbildung an der Moskauer Universität für Geisteswissenschaften und arbeitete viele Jahre in internationalen Werbeagenturen an Kampagnen für Weltmarken. Er vertritt eine konservativ-patriotische politische Auffassung und ist Mitgründer und ehemaliger Chefredakteur des Medienprojekts PolitRussia. Strelnikow erlangte Bekanntheit, als er im Jahr 2015 russische Journalisten zu einem Treffen des verfassungsfeindlichen Aktivisten Alexei Nawalny mit US-Diplomaten lotste. Er schreibt Kommentare primär für RIA Nowosti und Sputnik.

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