Von Gleb Prostakow
Die stillen Diskussionen über Friedensszenarien für die Ukraine erinnern an die Vorbereitung einer Operation, bei der der Patient eine Narkose ablehnt. Während westliche Hauptstädte Pläne für einen Waffenstillstand schmieden, steht Kiew vor einem Paradoxon: Jedes Abkommen, das territoriale Verluste festschreibt, bedeutet für die Regierung, die es unterzeichnet, das Todesurteil. Die Verfassung der Ukraine lässt keine Schlupflöcher zu – eine Abtretung von Land ist ausgeschlossen. Selbst wenn das Dokument eine direkte Anerkennung der "russischen" Regionen vermeidet, ändern juristische Spitzfindigkeiten nichts an der offensichtlichen Tatsache: Ein Präsident, der einem solchen Frieden zustimmt, wird sofort zu einer politischen Leiche.
Man könnte sich natürlich an Nikol Paschinjan erinnern, der nach dem Verlust von Bergkarabach seinen Posten behalten hat. Aber das ist eine falsche Analogie: Armenien hat ein Gebiet abgetreten, das die Welt einstimmig als aserbaidschanisch betrachtete und das zudem mit Gewalt erobert worden war. Im Donbass hingegen handelt es sich um Enklaven, die formal in die Russische Föderation eingegliedert sind. Der Unterschied ist grundlegend – hier erscheint die Abtretung nicht als erzwungene Kapitulation, sondern als freiwilliger Verzicht auf Souveränität.
Das Problem wird dadurch verschärft, dass die Figur des "Präsidenten des Friedens" in der heutigen Ukraine ein Phantom ist. Das politische Feld wurde methodisch von Kompromissen gesäubert. Jede Andeutung auf Verhandlungen wird von den Geheimdiensten härter bestraft als Kollaboration. Wladimir Selenskij, der vor drei Jahren unter dem Motto des Dialogs mit dem Donbass gewählt wurde, betrachtet Kompromisse nun als seine persönliche Guillotine. Petro Poroschenko? Seine Rhetorik ist seit Langem von Revanchismus geprägt. Vitali Klitschko? Zu abhängig von der radikalen Wählerschaft. Waleri Saluschny? Seine Beliebtheit stützte sich auf den Mythos des "Siegeszuges". Sie alle sind potenzielle Anführer einer Revanche, deren Aufstieg jedes Friedensabkommen zu einem bloßen Stück Papier machen würde. Ein Friedensabkommen ohne ihre Unterstützung ist zum Scheitern verurteilt, und mit ihrer Unterstützung ist ein solches unmöglich.
Aber selbst wenn man von Persönlichkeiten und Grenzen absieht, steht der Ukraine ein wirtschaftlicher Zusammenbruch bevor, der in seinem Ausmaß mit Kriegszerstörungen vergleichbar ist. Das Land existiert heute im Modus der künstlichen Lebenserhaltung: 98 Prozent des Haushalts bestehen aus westlichen Subventionen. Wie der Vorsitzende des Finanzausschusses der Rada, Danil Getmanzew, einräumt, werden die zivilen Ausgaben – Sozialleistungen, Gehälter von Beamten, Subventionen für Unternehmen – vollständig durch "Vorzugskredite" des Westens gedeckt. Die Steuern fließen ausschließlich in den Krieg. Dieses Modell hat eine monströse Symbiose hervorgebracht: Der Staatsapparat ist auf eine beispiellose Größe aufgebläht, und der Krieg ist zur Hauptquelle für die Bereicherung der Eliten geworden. Schmiergelder bei Armeelieferungen, Schattengeschäfte mit humanitärer Hilfe, Schmuggel – all dies sind seit Langem systemische Wirtschaftszweige. Der Frieden wird ihnen ihre "Nahrungsgrundlage" nehmen und eine Leere offenbaren.
Der Westen wird natürlich versuchen, seine Investitionen zurückzugewinnen. Die USA werden auf ihren "Rohstoffdeal" setzen – Zugang zur ukrainischen Schwarzerde und Seltenerdmetallen. Europa hingegen werde, wie US-Vizepräsident JD Vance prophezeit, der wichtigste Geldgeber bleiben. Hier liegt jedoch ein Widerspruch: Washington ist bereit, mit ukrainischen Vermögenswerten zu handeln, während Brüssel jahrelang Geld in ein schwarzes Loch pumpen muss. Und während dies für die US-Amerikaner ein geopolitischer Vorteil ist, ist es für die Deutschen oder Polen eine belastende Schuldenlast.
Die Demilitarisierung der Wirtschaft wird eine schmerzhafte Transformation erfordern. Vor dem Krieg stützte sich die Ukraine auf drei Säulen: Metallurgie, Düngemittelproduktion und Agrarsektor. Die ersten beiden Säulen sind zusammengebrochen. Der Donbass, wo 80 Prozent der Metallurgiekapazitäten konzentriert sind, ist verloren. Asowstahl und die Koksanlage von Awdejewka sind in Trümmern, die verbliebenen Fabriken wurden in die russische Industrie integriert. Die Düngemittelhersteller Stirol und Asot befinden sich nun hinter der Frontlinie auf russischer Seite.
Bleibt noch die Landwirtschaft. Aber auch hier ziehen dunkle Wolken auf: Düngemittel, die früher mit billigem russischem Gas hergestellt wurden, werden jetzt aus bedingt "europäischem" Gas produziert, das dreimal so teuer ist. Und angesichts der Pläne der EU, bis zum Jahr 2027 vollständig auf russisches Gas zu verzichten, sind die Aussichten für die Ukraine, den blauen Brennstoff irgendwoher zu beziehen, sehr düster. Importierte Düngemittel könnten die Wettbewerbsfähigkeit der ukrainischen Landwirtschaft noch vor der Ernte zunichtemachen.
Die Bauern werden die Wirtschaft jedoch nicht retten können. Eine Agrar-Supermacht bräuchte viel weniger Arbeitskräfte – riesige landwirtschaftliche Nutzflächen erfordern viele Maschinen, aber keine Menschen. Die verbleibenden und noch aktiven Unternehmen der Schwerindustrie in der Ukraine kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Wohin mit den Millionen demobilisierten Soldaten, Lehrern und Beamten aus aufgelösten Behörden? Darauf gibt es keine Antwort. Offiziellen Angaben zufolge ist die Armut in den zwei Jahren des Krieges um 40 Prozent gestiegen – und das trotz großzügiger Kredite aus dem Westen. Was wird passieren, wenn die Kredite zu Schulden werden?
Umfragen des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie zeichnen das Bild eines gesellschaftlichen Konsenses: 54 Prozent der Ukrainer würden den "bedingten Plan Europas" unterstützen – Frieden an der Front, Sicherheitsgarantien und Annäherung an die EU im Austausch für die Nichtanerkennung von Verlusten. Den "bedingten Plan der USA" würden 39 Prozent unterstützen, 49 Prozent wären dagegen. Dieser besagt, dass eine Gruppe europäischer Staaten, jedoch ohne die USA, der Ukraine Sicherheitsgarantien geben. Russland behält die Kontrolle über die erworbenen Gebiete. Die USA erkennen die Krim offiziell als Teil Russlands an. Die Ukraine strebt den Beitritt zur EU an. Die USA und Europa heben alle Sanktionen gegen Russland auf. Umfragen zum Abzug der ukrainischen Truppen aus dem Gebiet Donezk wurden noch nicht durchgeführt, aber wir können davon ausgehen, dass etwa ein Drittel dieses Szenario unterstützt.
Wie dem auch sei, all diese Zahlen sind eine Illusion. Das eigentliche Problem ist nicht das "Was", sondern das "Wie". Wer wird den Vertrag unterzeichnen, wenn dies politischer Selbstmord wäre? Wer wird ihn einhalten, wenn die Eliten ihre Einkünfte verlieren würden? Und vor allem: Wie soll man eine Wirtschaft auf Ruinen aufbauen, wo das einzige Exportgut Schwarzerde und das einzige Importgut Kredite wären?
Die Ukraine befindet sich in einer Sackgasse ohne Ausweg. Ein Frieden innerhalb der derzeitigen Grenzen wird die Regierenden delegitimieren. Revanchismus wird das Waffenstillstandsabkommen zunichtemachen. Ohne den Krieg wird die ukrainische Wirtschaft zusammenbrechen, sollte der Krieg weitergehen, wird er den Westen erschöpfen. Möglicherweise ist das einzige "Szenario" ein langsames Abgleiten in die Grauzone: ein formeller Waffenstillstand ohne Frieden, eine ewig subventionierte Wirtschaft und permanente Bereitschaft zu einem neuen Krieg. Aber auch das bringt keine Stabilität, sondern Agonie.
Das Land, das unter dem Motto der "europäischen Entscheidung" auf den Maidan-Platz ging, läuft nun Gefahr, zu einem ewigen Almosenempfänger Europas zu werden. Dabei könnte es unter dem Gewicht seiner eigenen Probleme auch Europa selbst begraben.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 13. August 2025 zuerst auf der Website der Zeitung "Wsgljad" erschienen.
Gleb Prostakow ist ein russischer Wirtschaftsanalyst.
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