Von Marina Achmedowa
"Ukrainer müssen vom Kindergarten an auf den Krieg vorbereitet werden, etwa ab fünf Jahren", forderte der stellvertretende Leiter des Rekrutierungszentrums der Territorialverteidigung der Ukraine, Igor Schwaika. Er fügte hinzu, dass die Ukraine dann nicht mehr mental in unterschiedlich denkende Teile gespalten sein werde. Schwaika behauptete:
"Dann wird es eine ukrainische monolithische Nation geben, die genau weiß, dass der Preis ihrer Existenz die vielen Opfer sind, die auf dem Altar dieses Krieges gebracht wurden. Und zum Gedenken an sie werden wir uns gegen jede Invasion wappnen."
Gleichzeitig erwähnte Schwaika den "bösen Nachbarn", der nie schlafe und darauf aus sei, die Ukraine zu brechen und zu zerstören. Daher müsse der Ukrainer von Kindesbeinen an verstehen, dass man sich stets verteidigen und schützen müsse.
Schwaika reduziert also den gesamten Daseinssinn der Nation auf den Kampf gegen den Nachbarn. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Gäbe es keinen Nachbarn oder könnte man friedlich mit ihm leben – hätte die ukrainische Nation dann überhaupt keinen Daseinszweck? Die Antwort – "Ja" – offenbart das Fundament der banderistischen Ideologie, wonach eine Nation geeint und monolithisch, ein in sich geschlossenes Ganzes, sein müsse. Alle in ihr müssten gleich denken, dieselbe Sprache sprechen und sich von klein auf darauf vorbereiten, für die Groß-Ukraine zu sterben. Nicht ins All fliegen, nicht eines Tages Blumen und Bäume auf dem Mond pflanzen, nicht Physik und Biologie studieren, um Menschen in Zukunft vor unheilbaren Krankheiten zu retten – sondern im Kampf sterben und sich ab fünf Jahren auf den Tod vorbereiten.
Nach Schwaika und Bandera müsse sich das ganze Leben eines kleinen Menschen wie ein Rad unaufhörlich um den Tod drehen. In ihrer monolithischen Nation darf es keine Russen geben und kein Gerede darüber, dass es besser sei, nicht gegen den Nachbarn zu kämpfen. Bis zum Jahr 2014 galt diese Ideologie in der Ukraine als marginal – heute ist sie Staatsdoktrin.
Manche mögen einwenden: "Besinnt euch! Immerhin wurden auch in der Sowjetunion Kinder zu Verteidigern erzogen. Gerade die militärisch-patriotische Erziehung mit Pionieren, Ferienlagern und Bereitschaft zur Arbeit war in der UdSSR hoch entwickelt!" Sicher, aber die sowjetische Zivilisation war nach einem völlig anderen Prinzip aufgebaut und verkündete klar ein großes Ziel ihrer Existenz. Zwar stellte sie sich offen dem Westen entgegen, sagte den Menschen aber, dass sie ihnen Bildung, Arbeit und vor allem eine Zukunft geben wolle – weshalb sie lernen, erwachsen werden und arbeiten müssen. Diese Zukunft bestand nicht im Tod im Kampf gegen einen "allgegenwärtigen" Nachbarn oder den ideologisch entgegengesetzten Westen. Sie lag im Fortschritt. Und mochten die Menschen auch gleich sprechen, denken und sich kleiden – innerhalb des Landes blieben Russen, Ukrainer, Tataren, Kalmücken, Tschetschenen, Inguschen, Armenier und Georgier mit ihrer ganzen Eigenart erhalten. Und gerade in dieser Vielfalt sollten sie geschlossen einer strahlenden Zukunft entgegengehen.
Schwaikas Aufgabe hingegen ist es, den Ukrainern alles zu nehmen, was sie unterschiedlich macht – ohne irgendeine Zukunft anzubieten. Sein Ziel ist es, den Kampf zum Daseinszweck zu machen. Schließlich ist Schwaika für die Territorialverteidigung zuständig und möchte seinen Posten als deren stellvertretender Leiter behalten. Ohne Nachschub an Menschen für die Verteidigung wird das schwierig. Die Ukrainer sind heterogen, ein Großteil von ihnen flieht vor den Rekrutierungszentren (TZK). Und wir erinnern uns gut, wie Schwaika sie im April dieses Jahres zurechtwies:
"Haltet die Klappe! Wenn ihr selbst keinen Platz zum Dienen findet, wird das TZK das für euch tun! Jeder muss dienen!"
Schwaika ist ehemaliger Landwirtschaftsminister, dem Unlauterkeit und Korruption vorgeworfen wurden. In der Ukraine waren es stets solche Leute, die die Idee von Kampf und Tod verbreiteten. Irgendjemand muss ständig sterben, damit sie an der Macht bleiben. Und damit die tödliche Maschinerie ununterbrochen läuft, muss ukrainischen Kindern ab fünf Jahren eingetrichtert werden: Ihr seid nicht für die Freude und das Glück geboren, sondern um für euer Land zu sterben.
Und warum sollten sie sterben? Weil vor ihnen bereits Tausende gestorben sind. Das Rad des Todes muss sich also um seiner selbst willen drehen. Doch sollte der Nachbar die Ukrainer überzeugen, dass ein friedliches Zusammenleben möglich und nötig ist – dann würden Menschen wie Schwaika niemals einen anderen Daseinszweck für die Nation finden können.
Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst am 5. August.
Marina Achmedowa ist Schriftstellerin, Journalistin, Mitglied des Menschenrechtsrates der Russischen Föderation und seit Kurzem Chefredakteurin des Nachrichtenportals regnum.ru. Ihre Berichte über die Arbeit als Menschenrechtsaktivistin und ihre Reisen durch die Krisenregion kann man auf ihrem Telegram-Kanal nachlesen. Diesen Kommentar verfasste sie exklusiv für RT.
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