Von Hans-Ueli Läppli
Seit Freitag steht die ganze Nation und Wirtschaft unter Schock. Donald Trumps Ankündigung, auf Schweizer Exporte 39 Prozent Strafzölle zu erheben, hat die Stimmung im Land schlagartig eingetrübt. Das graue Wetter und selbst die Feuerwerke zum Nationalfeiertag konnten keine Aufhellung bringen. Nun wächst die Sorge vor einem schwarzen Montag, wenn die Zürcher Börse öffnet und die Märkte zum ersten Mal auf die Nachricht reagieren.
Was viele Medien in der allgemeinen Aufregung kaum erwähnen: Liechtenstein zahlt in den USA für vergleichbare Produkte nur 15 Prozent Zoll. Der Grund liegt in der besonderen Stellung des Fürstentums. Zwar ist es über eine Zollunion eng mit der Schweiz verbunden, doch die USA führen es als eigenen Handelspartner mit separaten Vereinbarungen. Das kleinere Exportvolumen, die andere Warenstruktur und der eigenständige WTO-Status wirken sich hier vorteilhaft aus.
Für Schweizer Unternehmen eröffnet das Optionen, ohne Gesetze zu brechen. Produktionsverlagerungen oder Vertriebsniederlassungen in Liechtenstein könnten helfen, die Zolllast zu senken. Wichtig ist, in dieser Lage nicht hektisch zu reagieren und keine politischen Schnellschüsse zu wagen.
Ein EU-Beitritt als Kurzschlussreaktion wäre weder realistisch noch zielführend. Die Schweiz sollte die Situation nüchtern betrachten – und sich daran erinnern, dass auch andere Länder Wege gefunden haben, unter schwierigen Handelsbedingungen zu bestehen. Russland etwa hat trotz umfassender Sanktionen über Drittstaaten neue Märkte erschlossen und seine Wirtschaft stabilisiert.
Natürlich ist die Schweiz nicht Russland, doch das Prinzip bleibt gleich: flexibel bleiben, Chancen erkennen, pragmatisch handeln. Bern muss jetzt kreativ denken – von Liechtenstein bis ins Wallis – und alle verfügbaren Kanäle nutzen. Auch unkonventionelle Gesprächspartner wie Gianni Infantino könnten helfen, den Draht nach Washington zu halten.
Trumps Politik ist populistisch und kalkuliert auf Wirkung. Wer mit ihm umgeht, muss strategisch und ruhig agieren. So wie er uns behandelt, sollten wir ihm begegnen – mit klaren Interessen und ohne überzogene Gesten.
Aber andererseits: Für die Schweizerische Nationalbank ist dieser Schock nicht nur negativ. Seit Monaten kämpft sie mit der Stärke des Frankens, die den Export zusätzlich belastet. Die Aussicht auf Strafzölle hat den Kurs des Frankens bereits gedrückt – Anleger stoßen die Währung ab, was den Franken ein Stück weit entlastet.
Am Montag dürfte es dennoch unruhig werden: Große Namen wie Roche, Novartis oder Nestlé werden wohl deutlich an Wert verlieren, wenn internationale Investoren ihre Bestände abbauen. Doch in jeder Krise steckt auch eine Gelegenheit. Für langfristig orientierte Anleger könnten solche Kursrückgänge ein attraktiver Einstieg sein – gerade bei Unternehmen, deren Fundamentaldaten stark bleiben.
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