Hunger und Krankheiten als Waffe – Wie Israel das Gesundheitssystem in Gaza torpediert

Kritiker sprechen von gezielten Tötungen, um das Gesundheitssystem in Gaza im Rahmen eines Völkermords zu zerstören. Die israelische Armee hingegen spricht von Einzelfällen, Versäumnissen einzelner Soldaten oder "operativen Missverständnissen". Was steckt wirklich hinter den über 1.500 getöteten Medizinern?

Von Rainer Rupp

Können Sie sich das vorstellen? Zuerst versucht die "humanste Armee der Welt" in Gaza, die Menschen in ihren Häusern und auf ihren Straßen und Plätzen zu töten, dann lassen die zionistischen "Humanisten" nur noch einen Bruchteil der lebensnotwendigen Lebensmittel und Medikamente nach Gaza hinein. Letzteres geschieht mit dem erklärten Ziel, die dort noch lebenden Menschen durch Hunger und Krankheit gefügig zu machen, damit sie sich nicht mehr gegen eine Zwangsvertreibung zur Wehr setzen.

Aber nicht wenige Beobachter sehen hinter diesem kriminellen Vorgehen des Netanjahu-Regimes noch ein schlimmeres Verbrechen. Sie sehen es als Teil des Völkermords, dessen Israel offiziell vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag sowie von vielen Staaten rund um die Welt beschuldigt wird. Denn Israel benutzt Hunger und Krankheiten als Waffen zur gewaltsamen Reduzierung der Bevölkerung Gazas.

Denn die fürchterlichen hygienischen Zustände in Gaza – ein Ergebnis der willkürlichen, von Israel herbeigeführten Wasserknappheit – und die von akuter Unterernährung geschwächten Menschen bieten teils tödlichen Krankheiten einen idealen Nährboden. Die ersten Opfer sind in der Regel die Schwachen, die Alten und kleinen Kinder, die ohne medizinische Versorgung geringe Chancen haben, zu überleben.

Der operative Begriff hier ist: "ohne medizinische Versorgung". Dass es diese in Gaza nicht mehr gibt, darum haben sich die zionistischen Humanisten in Uniform der israelischen Armee zielgerichtet und systematisch gekümmert. Denn mit dem ersten Tag des Krieges griff Israel das an, was die Palästinenser am dringendsten brauchten: ihr Gesundheitssystem.

In der ersten Phase der schweren israelischen Bombenangriffe wurden in Gaza nicht nur Wohnhäuser, Schulen, Kindergärten und die Universität dem Erdboden gleichgemacht, sondern ganz gezielt auch Krankenhäuser mitsamt den dort befindlichen Patienten, Ärzten und medizinischen Mitarbeitern angegriffen. Da Letztere sich geweigert hatten, trotz der Bombardements ihre Patienten allein zu lassen und aus den Krankenhäusern zu flüchten, sind allein in dieser Phase des Krieges Hunderte palästinensischer Ärzte und Sanitäter getötet worden.

Von den 36 Hauptkrankenhäusern in Gaza wurde jedes angegriffen und die meisten wurden vollkommen zerstört. In den nachfolgenden Wochen und Monaten wurden Hunderte weitere Ärzte und medizinisches Fachpersonal bei Vorstößen der israelischen Infanterie von der "humansten Armee der Welt" gewaltsam verschleppt. Die Entführten wurden von den zionistischen Rassisten in der Regel – für ihre Angehörigen unauffindbar – in anonyme Lager verschleppt, wo sie spurlos verschwanden. Sie wurden – und werden das immer noch – ohne rechtliche Grundlage inhaftiert: ohne Anklage, ohne Urteil, ohne Verteidigung, ohne Kontakt zur Außenwelt. Denn für die zionistischen Rassisten sind Palästinenser minderwertige Wesen, für die israelische Rechtsnormen nicht gelten.

Diese Verbrechen werden in der Regel von den prozionistischen, westlichen "Qualitätsmedien" und Politikern sorgfältig ignoriert. Und wenn doch einmal eine Dokumentation zum Thema erscheinen soll, dann wird sie im letzten Moment von einschlägigen Kreisen unterdrückt, wie folgendes Beispiel zeigt.

Tatsächlich hatte ein mutiger BBC-Redakteur einen Dokumentarfilm über die israelischen Angriffe auf Ärzte in Gaza in Auftrag gegeben. Es ging darum, zu zeigen, wie die zionistischen "Humanisten" gezielt versuchen, all jene zu töten, die als Ärzte und Krankenpfleger versuchten, das Leben von Palästinensern in Gaza zu retten. Doch als die fertige Dokumentation der BBC ausgestrahlt werden sollte, wurde von "ganz oben" anders entschieden.

Nach angeblich diskreten Beschwerden aus der israelischen Botschaft in London und Anrufen von einflussreichen Politikern, die wahrscheinlich auf der Spendenliste der Lobby stehen, hat der Sender den Dokumentarfilm fallen gelassen. Das geschah mit der Begründung, dass Bedenken hinsichtlich "wahrgenommener Parteilichkeit" geäußert worden seien, die die redaktionellen Standards nicht erfüllten. Direkte Beweise für die israelische Rolle in der Absetzung des Dokumentarfilms gibt es bisher jedoch noch nicht.

Der Dokumentarfilm, der von "Basement Films" produziert wurde, trägt den Titel "Gaza Doctors Under Attack", auf Deutsch: "Gaza-Ärzte unter Beschuss". Der Dokumentarfilm wurde später von Zeteo für eine weltweite Veröffentlichung übernommen und am 2. Juli 2025 auf Channel 4 in Großbritannien ausgestrahlt. Er enthält Zeugenaussagen von palästinensischen Ärzten, israelischen Whistleblowern und Beweise für Angriffe auf die 36 Hauptkrankenhäuser in Gaza, die mutmaßliche Kriegsverbrechen aufzeigen.

Der Film dokumentiert Israels systematisch umgesetzte Zielsetzung der Zerstörung des Gesundheitssystems in Gaza, einschließlich der Tötung von über 1.500 Ärzten und medizinischem Personal bei den Angriffen auf Krankenhäuser, und die gezielte Liquidierung von renommierten palästinensischen Ärzten. Der Dokumentarfilm ist auf der Plattform Zeteo unter diesem Link kostenlos abrufbar.

Nachfolgend finden Sie eine Reihe von Vorfällen aus den Jahren 2024 und 2025, die exemplarisch das Vorgehen der "humansten Armee der Welt" in Bezug auf Entführungen und Tötungen von Ärzten und medizinischem Personal in Gaza beleuchten:

Tötungen von Ärzten und medizinischem Personal in Gaza

1. Dr. Ahmad Qandil (13. Juli 2025):

Dr. Ahmad Atta Qandil war ein angesehener Facharzt für Allgemeinchirurgie am teilweise zerstörten Al-Ahli-Arab-Krankenhaus in Gaza-Stadt. Er wurde bei einem gezielten Drohnenangriff der Israelis getötet, als er von der Arbeit nach Hause zurückkehrte. Der Angriff wurde von Healthcare Workers Watch (HCWWatch) gemeldet und als gezielte Ermordung und potenzielles Kriegsverbrechen beschrieben. Medizinische Quellen betonten Dr. Qandils entscheidende Rolle im Gesundheitswesen Gazas und bezeichneten den Verlust als verheerend aufgrund seiner Fachkenntnisse.

2. Dr. Marwan al-Sultan (2. Juli 2025):

Dr. Marwan al-Sultan war ein renommierter Kardiologe und Direktor des teilweise zerstörten "Indonesischen Krankenhauses" in Gaza. Er wurde bei einem gezielten israelischen Luftangriff auf sein Haus zusammen mit mehreren Familienmitgliedern getötet. Dr. Mohammed Abu Selmia vom Al-Shifa-Krankenhaus beschrieb den Verlust als katastrophal und wies darauf hin, dass Dr. al-Sultan einer von nur zwei verbliebenen Kardiologen in Gaza war, wodurch Tausende Herzpatienten gefährdet sind. Der tödliche Anschlag wurde als schwerer Schlag für das bereits geschwächte Gesundheitssystem Gazas beschrieben, wobei die palästinensische medizinische Organisation den Verlust jahrzehntelanger medizinischer Expertise beklagte.

3. Tötung von 15 Rettungskräften in Rafah (23. März 2025)

Israelische Streitkräfte töteten 15 Rettungskräfte, darunter acht Sanitäter der Palästinensischen Rothalbmond-Gesellschaft (PRCS), sechs Ersthelfer des Zivilschutzes und einen UN-Mitarbeiter, in einem Konvoi aus Krankenwagen, einem Feuerwehrauto und einem UN-Fahrzeug nahe dem Bezirk Tel al-Sultan in Rafah. Der Angriff ereignete sich während eines Rettungseinsatzes, als die Sanitäter versuchten, ihren zuvor von der israelischen Soldateska verletzten Kollegen Erste Hilfe zu leisten.

Videoaufnahmen vom Mobiltelefon eines Sanitäters, das aus einem Massengrab geborgen wurde, zeigten, dass die Einsatzfahrzeuge mit eingeschaltetem Blaulicht unterwegs waren, was dem anfänglichen israelischen Vorwurf widersprach, sie hätten sich "verdächtig" ohne Signale genähert. Autopsieberichte haben zudem darauf hingewiesen, dass viele Opfer Schüsse in Kopf oder Brust erlitten hatten, einige mit Anzeichen von Nahtötungen, einschließlich gefesselter Hände und Füße, was nahelegt, dass es sich um Exekutionen gehandelt hat.

Die israelische Reaktion auf dieses Massaker war der übliche Hinweis auf eine Untersuchung des Militärs. Sie sprach von eventuellen "beruflichen Versäumnissen" und einem "operativen Missverständnis". Ein stellvertretender Kommandeur wurde als Sündenbock wegen falscher Berichterstattung entlassen und zugleich behauptete die israelischen Lügenfabrik, dass sechs der Opfer Hamas-Terroristen waren, natürlich ohne dafür Beweise vorzulegen.

Die PRCS und UN-Beamte verurteilten den Angriff jedoch als Kriegsverbrechen und forderten unabhängige Untersuchungen aufgrund des Musters anderer gezielter Angriffe auf medizinisches Personal in Gaza. Um das Massaker zu vertuschen, waren die Leichen der ermordeten medizinischen Helfer von israelischen Truppen in einem Massengrab entsorgt und die Rettungsfahrzeuge zerstört worden, was die Bergung und die Sicherung der Beweislage um eine Woche verzögert und erschwert hat.

Weitere erwähnenswerte Tötungen:

Dr. Alaa al-Najjar (Mai 2025)

Ein Luftangriff auf das Haus von Dr. Alaa al-Najjar, einer Kinderärztin am Nasser-Krankenhaus, tötete neun ihrer zehn Kinder und verletzte ihren Ehemann, der ebenfalls als Arzt arbeitete. Am 31. Mai erlag er seinen schweren Verletzungen. Der einzige überlebende, verletzte Sohn wurde zusammen mit seiner Mutter im Juni zur Behandlung nach Italien ausgeflogen. Der Angriff wurde von einem britischen Chirurgen, der im Krankenhaus arbeitete, als "unerträglich grausam" verurteilt. Die IDF behauptete, "Verdächtige" angegriffen zu haben, stellte den Vorfall jedoch zur Überprüfung an, bei denen üblicherweise nichts herauskommt. 

Mitarbeiter von "Ärzte ohne Grenzen" (MSF)

Seit Oktober 2023 wurden acht MSF-Mitarbeiter getötet, darunter der Physiotherapeut Fadi Al-Wadiya (25. Juni 2024), der bei einem Luftangriff auf dem Weg zur Arbeit getötet wurde, und Hussam Al-Loulou (1. April 2025), der mit seiner Familie in Deir al-Balah starb. MSF verurteilte diese Tötungen und forderte unabhängige Untersuchungen. Die Organisation wies die unbelegten Vorwürfe Israels zurück, die Getöteten hätten Verbindungen zu militanten Gruppen.

Entführungen von Ärzten und medizinischem Personal in Gaza

1. Dr. Hussam Abu Safiya (27. Dezember 2024)

Dr. Hussam Abu Safiya, Direktor des Kamal-Adwan-Krankenhauses im Norden Gazas, wurde während einer israelischen Razzia, die das Krankenhaus funktionsunfähig machte, festgenommen. Sein Verbleib ist unbekannt, wobei Berichte von Folter und Misshandlung festgenommener Mitarbeiter vorliegen. Die Organisation "MedGlobal" meldete, dass über 300 medizinische Mitarbeiter, einschließlich leitender Ärzte, derzeit in israelischen Gefängnissen eingekerkert sind. 

Die Razzia war Teil des Musters von israelischen Angriffen auf Gesundheitseinrichtungen, wobei die UN zwischen Oktober 2023 und Juni 2024 mindestens 136 Angriffe auf 27 Krankenhäuser dokumentierte. Laut Berichten in "sozialen Medien" vom November 2024 haben israelische Streitkräfte Ärzte, Krankenschwestern und Patienten außerhalb eines Krankenhauses im Norden Gazas zusammengetrieben und geknebelt, und einige mitsamt medizinischem Gerät entführt.

2. Assad al-Nassasra (23. März 2025)

Assad al-Nassasra, ein PRCS-Sanitäter, wurde während des Rafah-Angriffs, bei dem 15 Rettungskräfte getötet wurden, von israelischen Soldaten willkürlich festgenommen. Er wurde drei Wochen lang festgehalten, bevor er am 29. April 2025 an einem israelischen Grenzübergang freigelassen wurde. Das israelische Militär bestätigte seine Haft, gab jedoch keine weiteren Kommentare ab.

Ein weiterer festgenommener Sanitäter, Munther Abed, berichtete, dass er von israelischen Soldaten, die ebenfalls die Rettungsfahrzeuge am Tatort beschossen hatten, geschlagen, nackt ausgezogen und verhört wurde.

3. Dr. Muhammad Abu Salmiya (Datum unbekannt, Meldung vom Dezember 2023)

Der Direktor des Al-Shifa-Krankenhauses, Dr. Muhammad Abu Salmiya, wurde von israelischen Streitkräften entführt. Seine Festnahme ist Teil eines breiteren Musters der Entführung führender Mediziner. Anfang Juli meldeten mehrere Presseberichte seine Freilassung. Der Arzt war mehr als sieben Monate in Gefangenschaft gehalten und seiner Aussage nach nahezu täglich gefoltert worden.

4. Breitere Entführungstrends

Das Gesundheitsministerium von Gaza meldete am 14. Juli 2025, dass mindestens 360 medizinische Mitarbeiter seit Oktober 2023 von Israel festgenommen wurden und unter "tragischen und harten Bedingungen" in Haft leiden. Die UNO und NGOs wie "MedGlobal" schätzen ebenfalls, dass über 300 medizinische Mitarbeiter weiterhin in israelischer Haft sind, oft ohne Anklagen oder Zugang zu Rechtsbeistand. Diese Festnahmen wurden als Schwächung der Gesundheitskapazität Gazas kritisiert, mit Vorwürfen von Folter und unmenschlicher Behandlung.

Fadenscheinige israelische Rechtfertigungen

Die "humanste Armee der Welt" behauptet in der Regel, dass medizinische Einrichtungen und Personal von der Hamas für militärische Zwecke genutzt würden, was Angriffe und Festnahmen rechtfertige. Belege dafür wurden bisher nie erbracht. Auch unabhängige Untersuchungen von Gruppen wie der UNO und "Human Rights Watch" finden ebenfalls keine Hinweise für diese Behauptungen. Zum Beispiel widersprach das Video des Rafah-Angriffs der anfänglichen israelischen Darstellung, denn die Autopsien deuteten auf Nahtötungen, also auf Exekutionen, hin.

Die UN, WHO, PRCS und MSF haben die Angriffe auf medizinisches Personal als potenzielle Kriegsverbrechen verurteilt und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht angeprangert. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte und Rechtsexperten haben unabhängige Untersuchungen gefordert und ein Muster systematischer Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur festgestellt.

Auswirkungen auf das Gesundheitswesen in Gaza

Die Tötungen und Entführungen haben das Gesundheitssystem Gazas verwüstet, wobei nur vier medizinische Einrichtungen seit Oktober 2024 teilweise betriebsbereit sind. Die Blockade medizinischer Versorgungsgüter und Treibstoff hat die Krise verschärft und die vier verbliebenen, nur teilweise zerstörten Krankenhäuser daran gehindert, Patienten effektiv zu behandeln. Weltweit spiegeln Beiträge auf sozialen Medien die weit verbreitete Empörung wider, wobei die meisten Kommentare die Tötungen des medizinischen Personals als absichtlich und als Teil des geplanten Genozids in Gaza beschreiben.

Die Festnahme von medizinischem Personal, oft ohne klare Begründung, untergräbt das Vertrauen in Israels angebliche "Untersuchungen" der Vorfälle. Kritiker sehen sie als darauf angelegt, Soldaten vor Verantwortung zu schützen. Die systematische Natur dieser Angriffe, wie sie von MSF und der UN festgestellt wurden, deutet laut unabhängigen Rechtsexperten auf eine kollektive Bestrafung oder sogar genozidale Aktionen hin. Die Situation unterstreicht die dringende humanitäre Krise in Gaza, bei der die medizinische Infrastruktur Gazas am Rande des Zusammenbruchs steht und Israel ungestraft und unbehindert weitermacht.

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