Von Walentin Bogdanow
Nach dem unerfüllten Versprechen, den Konflikt in der Ukraine binnen eines Tages zu beenden, ist der sprichwörtliche "Frieden binnen 24 Stunden" für Donald Trump zu einer Wahnvorstellung geworden. Allerdings ist inzwischen statt Europa der Nahe Osten an der Reihe. Nach dem durchaus merkwürdigen iranischen Angriff auf den US-Luftstützpunkt Al Udeid in Katar (alle Raketen wurden abgefangen, der Angriff war im Voraus bekannt gegeben worden, niemand kam zu Schaden, doch der Iran konnte sein Gesicht wahren), erklärte sich Trump feierlich zum Friedensstifter.
Offizielle Sieger scheint es in diesem zwölftägigen Krieg nicht zu geben. Oder aber es wurden alle zu Siegern. Trump stellt alles so dar, als hätten sich Israel und Iran "fast gleichzeitig" an ihn mit Bitten um Frieden gewandt. Dabei meldete Irans Außenministerium gleich nach den Behauptungen des US-Präsidenten, ein Waffenstillstandsabkommen mit Israel gebe es nicht. Auch von der anderen Seite gab es keine Bestätigungen. Und mehr noch: Nach Trumps Tweets setzten beide Seiten die gegenseitigen Angriffe fort.
Ein Abkommen anzukündigen, wo ein solches eigentlich noch gar nicht erreicht ist, passt ganz zu Donald Trump. So war es im Falle des Seltenerdabkommens mit der Ukraine, im Falle der Vereinbarungen am Höhepunkt des Handelskriegs, und noch früher – im Falle der Mauer an der mexikanischen Grenze, die angeblich von den Mexikanern selbst hätte bezahlt werden sollen. In der Hauptsache geht es nicht um die Effektivität des erreichten Abkommens, sondern um den erreichten Effekt.
Als er sich von den Neocons leiten ließ, fand sich Trump zwischen Hammer und Amboss wieder. Einen neuen Krieg im Nahen Osten will die Mehrheit der Wähler nicht. Weder Demokraten noch Republikaner wollen ihn. Nur noch 38 Prozent der US-Amerikaner unterstützten die Angriffe auf Iran. Sorgen um eine weitere Eskalation mit Teheran machen sich 84 Prozent. Auch die persönlichen Zustimmungswerte des US-Präsidenten sanken weiter und erreichten inzwischen 41 Prozent.
Linke Politiker erklärten den Herrn des Weißen Hauses bereits zu einem Kriegsverbrecher. Eine Meuterei brach zudem unter den MAGA-Anhängern aus. Entrüstet unterzog Trump das Kongressmitglied Thomas Massie einer öffentlichen Zurechtweisung, als jener versprach, eine Resolution gegen den Krieg zur Abstimmung vorzulegen. Massie wurde aus der Schar von Trumps "Anhängern" verbannt.
Nach Trumps "Friedensmanövern" versprach Massie zuletzt, auf eigene Gesetzesinitiativen zu verzichten. Auch die Chefin des Nationalen Geheimdienstes, Tulsi Gabbard, bejubelt den Herrn des Weißen Hauses und bezeichnet seine Anstrengungen als "Herkulesaufgabe" – eine weitere ehemalige Rebellin, die bis zuletzt nicht die Auffassung vertreten hatte, dass Iran nur einen Schritt vom Bau von Atomwaffen entfernt sei. Der einfache Wähler wiederum wird sich mit Sicherheit über die Spritpreise freuen: Die Straße von Hormus wurde nicht gesperrt, und die Preise brachen sogleich um 7,2 Prozent auf 68,5 US-Dollar pro Barrel ein.
Sicher wird es auch Unzufriedene geben. Kritiker werden nach wie vor bleiben. Die Demokraten im Aufklärungsausschuss meinen, dass das Weiße Haus und das Pentagon bluffen und dass es nicht gelungen sei, dem iranischen Nuklearprogramm nennenswerten Schaden zuzufügen. Die "Falken" werden sicher klagen, dass Trump die Sache nicht zu Ende geführt habe. Und hier liegt das pikanteste Momentum der ganzen Geschichte.
Trotz der jüngsten Behauptungen des Vizepräsidenten J. D. Vance, wonach die USA einen direkten Dialog mit Iran beginnen wollen, oder von Trump selbst, wonach der Waffenstillstand zwischen Israel und Iran ewig währen werde, hat niemand im Weißen Haus die äußerst gefährlichen Worte über einen Regime Change in Teheran zurückgenommen.
Und das bedeutet, dass dennoch ein Krieg bevorsteht, nur wird seine wichtigste Frontlinie hinter der Front verlaufen. Nachdem sie in Iran im Jahr 1953 die erste "Revolution seitens der CIA" in der Weltgeschichte erprobt und den demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Mossadegh gestürzt haben, setzen die USA nun eine neue Technik ein: Die Regierung in Teheran wird nicht sofort gestürzt – der Prozess wird vielmehr in die Länge gezogen, und die Ideologie der Regierung sukzessive ausgehebelt. Dies geschieht vor allem über israelische Geheimdienste, die bedeutende Wissenschaftler und die Führung der islamischen Revolutionsgarde beseitigen. Eine "Farbrevolution" in blutrot, die, wie eine jede Revolution, einen Anfang, aber kein Ende hat.
Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst speziell für "RT" am 24. Juni.
Walentin Bogdanow, Jahrgang 1979 ist ein russischer Journalist. Er leitet das Büro der Medienholding WGTRK in New York.
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