Von Wladimir Kornilow
Das Spiel "guter Polizist/böser Polizist" war schon immer ein fester Bestandteil des amerikanischen Verhandlungsgeschicks, und jetzt – unter US-Präsident Donald Trump – wird es zu einem echten Klassiker. Die gesamte westliche Welt kritisiert nun kollektiv den US-Präsidenten für seinen "schlechten" (natürlich nach Meinung des Mainstreams!) Deal mit Wladimir Putin.
In diesem Zusammenhang ist es besonders angebracht, daran zu erinnern, dass Trump der Autor des Buches "Die Kunst des Deals" ("The Art of the Deal") ist. Man kann daraus entnehmen, wie er auch mit uns zu verhandeln gedenkt.
Der Grundgedanke des Buches besteht darin, dass Trump bei jedem Deal versucht, oder zumindest den Anschein zu erwecken, ein Druckmittel gegenüber seinem Verhandlungspartner zu haben. Gelingt es nicht, "lässt er die Gegenseite 'Blut riechen' – und Sie sind tot" (ich zitiere hier aus Trumps Buch).
Im "Ukraine-Fall" ging er ähnlich vor: Noch als Präsidentschaftskandidat sprach er von der Wichtigkeit, "aus einer Position der Stärke heraus Frieden zu schließen" – eine Phrase, die der "abgelaufene" Führer des Kiewer Regimes, Wladimir Selenskij, gerne aufgriff und ständig wiederholte – ob sie nun angebracht war oder nicht.
Die Ukrainer setzen ihre Hoffnungen seit langem auf genau dieses Verhalten von Trump: Sie hielten ihn für einen relativ "guten Polizisten", hatten aber große Furcht vor dem "bösen Polizisten" – dem US-Vizepräsidenten J.D. Vance. Schon vor den US-Präsidentschaftswahlen äußerte Selenskij diese Befürchtungen und sagte, dass er die Aussagen des US-Vizepräsidenten in Bezug auf die Ukraine nicht ernst nehme. Ich frage mich, ob er diese Worte heute dem US-Vizepräsidenten ins Gesicht sagen wird, wenn sie sich in München treffen.
Vance seinerseits galt als der wichtigste "antiukrainische Falke" im Team der US-Republikaner, da er sich sehr hart über das Kiewer Regime äußerte und hoffte, dass die US-amerikanische Hilfe für die Ukraine eingestellt würde.
Noch im Dezember 2023 zeigte sich Vance praktisch als erster US-Senator, der sich öffentlich dazu äußerte, dass der einzige Ausweg für die Ukraine in der Anerkennung "territorialer Verluste" bestehe. Damals führte dies zu einer heftigen Reaktion im Westen und insbesondere in Kiew. Deshalb löste die Ankündigung des ersten Treffens von Vance und Selenskij am Valentinstag in München wenig Optimismus in der Ukraine aus, da dort alle auf Kontakte mit dem "guten Polizisten" Trump hofften.
Doch nach Trumps Telefongesprächen mit Putin und Selenskij in dieser Woche und insbesondere nach mehreren Äußerungen des US-Präsidenten über die Notwendigkeit, Russland wieder in die G7 zurückzubringen, erschien er den Befürwortern eines "Krieges bis zum letzten Ukrainer" plötzlich als der "böse Polizist".
Aber Trumps "The Art of the Deal" impliziert Folgendes (ich zitiere wieder wörtlich aus dem Buch): "Man muss so flexibel wie möglich sein. Ich konzentriere mich nie auf nur einen Deal oder nur eine Vorgehensweise."
Und heute erscheint auf der Titelseite des einflussreichen The Wall Street Journal ein Interview mit dem bereits in München eingetroffenen US-Vizepräsidenten mit der bedrohlichen Titelschlagzeile "Vance droht Russland wegen der Ukraine". In der Online-Version heißt es "Vance droht mit Sanktionen und Militäraktionen, um Putin zu einem Friedensabkommen mit der Ukraine zu zwingen". Wow! Und was ist mit diesem "antiukrainischen Falken" eigentlich passiert, dem das Schicksal des ukrainischen Regimes noch vor nicht allzu langer Zeit völlig gleichgültig war?
Die Antwort ist einfach: Da der Mainstream versucht, Trumps Spiel als "prorussisch" darzustellen, ist Trumps "rechte Hand" gezwungen, genau die entgegengesetzten Schritte zu unternehmen. Das ist die "Kunst des Deal-Making" auf Trump-Art.
In seinem Interview sagte Vance, "es ist noch zu früh, um darüber zu spekulieren, wie viel des ukrainischen Territoriums bei Russland verbleiben wird", versicherte aber, dass dem Weißen Haus an der Wahrung der ukrainischen Souveränität gelegen sei. Aber als er die Rolle des "bösen Polizisten" spielte, war ihm das vollkommen egal.
Zugleich legte Vance das Ziel der Trump-Administration in den Verhandlungen mit dem russischen Staatschef dar: "Putin davon zu überzeugen, dass Russland am Verhandlungstisch mehr erreichen kann als auf dem Schlachtfeld". Irgendwo haben wir das schon einmal gelesen, oder? Nun ja, in Trumps Buch – wie man sieht, hat Vance es auch gelesen, als er Vizepräsident wurde.
Eines ist sicher: Während der bevorstehenden Verhandlungen über die Sicherheitsfragen (und nicht nur im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt) werden wir von den Vertretern des Weißen Hauses noch viele solcher – manchmal widersprüchlichen – Aussagen hören. Niemand sollte davon überrascht oder schockiert sein. Wir müssen die Vorgehensweise unserer Verhandlungspartner sorgfältig analysieren, uns aber gleichzeitig darüber im Klaren sein, dass ihre Ziele keineswegs mit unseren identisch sind.
Und dementsprechend müssen wir sie auch davon überzeugen, dass es für alle viel vorteilhafter ist, das Problem am Verhandlungstisch und nicht auf dem Schlachtfeld zu lösen. Wir haben dies von Anfang an gesagt und alle Betroffenen ehrlich gewarnt, dass unsere Forderungen mit der Entwicklung dieses Konflikts härter würden. Niemand (weder Amerika noch Europa, geschweige denn die "abgelaufenen" Führer der Ukraine) sollte also auf etwas anderes hoffen.
Übersetzt aus dem Russischen.
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