Von Paul R. Wolf
Ob Georgien, das ehemalige Jugoslawien, Moldawien, Rumänien, Syrien, Weißrussland oder die chinesische Provinz Xinjiang. Die Liste der Gelegenheiten, wo sich die EU in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischt, ist lang.
Dabei verkommt die so hoch gepriesene "Demokratie" in der Alten Welt, wieder einmal, immer mehr zur reinen Worthülse. Hatten schon die alten Griechen die Demokratie allein dem Demos vorbehalten, also männlichen Personen mit Bürgerrechten, so verknöcherte die Demokratie, die Herrschaft des einfachen Volkes – unter Führung einer Partei, die freilich nur das Beste für dieses wünschte – in den sozialistischen Staaten am Ende so sehr, dass das Volk auf die Straße ging und rief: "Wir sind das Volk!" (und nicht ihr da oben).
Im Kampf gegen all jene, die etwas ändern wollen in Europa, den politischen Gegner, der verschrien wird als Demokratiefeind und Rechtsradikaler, wird heute – mit den effizienten und modernen Mitteln der Informationsgesellschaft – wieder einmal die Meinungsfreiheit beschnitten. Ja es werden auf Geheiß von Brüssel sogar demokratische Wahlen annulliert, wie zuletzt geschehen in Rumänien.
Eine Bestandsaufnahme
Wir leben aktuell in einem Europa, das sich einem Hegemon unterwirft, der einst als "Land of the Free" Hunderttausende europäischer Siedler anzog, die vor den unerträglichen sozialen Verwerfungen in der absolutistischen Alten Welt flohen. Doch diese Siedler nahmen auch den kolonialistischen Geist mit in die USA. Mit dem Goldrausch und dem Drang nach Westen entbrannten Völkermord und Landraub, die sich gegen die indigenen Stämme Nordamerikas entluden und zu deren Konzentration in Reservaten führten. Auch Versuche der Umerziehung waren dort an der Tagesordnung. Um die unermesslichen Ländereien zu bewirtschaften, derer man nun habhaft geworden war, bedienten sich die US-Amerikaner der Sklaverei. Rassenwahn und Apartheid hielten bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts an.
Um nicht länger billige Energie aus Russland beziehen zu müssen, was beständig als Befreiung aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem autokratischen System hingestellt wird, hat sich Europa in die energetische Abhängigkeit von den USA begeben. Neben den zahlreichen Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Föderation mit ein Grund dafür, dass es in der EU wirtschaftlich bergab geht. Und das wiederum führte zu einem weiteren Ausbluten der europäischen Volkswirtschaften, da zahlreiche Unternehmen inzwischen ihre Produktion verlegt haben, auch in die Vereinigten Staaten.
Wir leben aktuell in einem Europa, wo nicht wenige Länder mutmaßlich einen Völkermord unterstützt haben in Israel, dem Land, das einst dem vom Genozid des Zweiten Weltkriegs schwer getroffenen jüdischen Volke als Zuflucht dienen sollte. Sogenannte demokratische Länder Europas stimmen gegen UN-Resolutionen zur Verurteilung und Bekämpfung des Nazismus in der Welt. Die Linke und das BSW stimmen gegen AfD-Anträge, die auf den Beginn von Friedensverhandlungen im Ukraine-Konflikt abzielen. Geschieht dies wirklich nur, weil diese Anträge von der "falschen Seite" kommen?
Im Baltikum erleben antisowjetischer Nationalismus und Russophobie eine neue Renaissance. Leider muss man auch feststellen, dass den fast täglichen TV-Dokumentationen über Hitler und den Nationalsozialismus, die mutmaßlich auch dazu dienen sollen, über die deutschen und europäischen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg aufzuklären, der fade Beigeschmack einer ungewollten Glorifizierung dieses dunklen Kapitels der europäischen Geschichte anhaftet.
Die deutschen Medien werden wohl auch im 80. Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg die Militärparade am Tag des Sieges (9. Mai) in Moskau als "Putins Protzparade" verunglimpfen, zumal die Befreier der nationalsozialistischen KZs in Osteuropa auch in diesem Jahr nicht zum Holocaustgedenken geladen wurden.
Dass Deutschland wieder danach strebt, kriegstüchtig zu werden. Dass Denkmäler abgerissen werden, die an die Befreiung großer Teile Europas durch die Rote Armee erinnern sollten, und die Maidan-Ukraine von der EU in ihrem Vernichtungskrieg gegen die eigene russischsprachige Bevölkerung unterstützt wird. Ist es nicht an der Zeit, dass all das endlich aufhört?
Eine mögliche Perspektive
Was wäre, wenn Europa das absehbare Ende des Ukraine-Krieges zum Anlass nähme, endlich souverän zu werden? Wenn es seine Kolonialistenmentalität ablegte, für wahre Völkerfreundschaft und Zusammenarbeit einträte, und endlich den wahren Faschismus in den eigenen Reihen bekämpfte?
"Ami go home!", diese Parole hörte man schon in vielen Teilen der Welt. Ob nach dem Vietnam-Krieg, nach der "Befreiung" des Irak, nach 20 Jahren Intervention in Afghanistan. Jetzt wo Trump alles umkrempelt, und die EU womöglich fallen lässt oder womöglich sogar danach trachtet, die Alte Welt als wirtschaftlichen Konkurrenten auszuschalten. Ist es da nicht an der Zeit, dass die US-Truppen aus Europa abziehen und die europäischen Nationalstaaten in Anbetracht all ihrer historischen Errungenschaften endlich zu echter Souveränität finden?
Zuletzt drohten die USA unter Trump, Grönland, Kanada oder gar Großbritannien zu annektieren. Und angesichts der Abwanderung vieler deutscher und europäischer Traditionsunternehmen in die Vereinigten Staaten ließ sich sogar Robert Habeck dazu hinreißen, über einen europäischen Inflation Reduction Act zu schwadronieren, um diese Entwicklung vielleicht doch noch irgendwie aufzuhalten. Wie wäre es stattdessen, wenn die europäischen Länder endlich ihren eigenen Weg gingen, und ehrliche Wirtschaftsbeziehungen zum gegenseitigen Vorteil mit allen Ländern der Welt unterhielten, auch mit den USA? Die Tür zu BRICS und echter Souveränität der europäischen Staaten stünde dann offen.
Angesichts der großen Bedeutung Chinas für den Welthandel, der zahlreichen Produkte, die aus dem Reich der Mitte nach Europa importiert werden. Angesichts der Tatsache, dass Europa für seine flächendeckende Digitalisierung und Umstellung auf erneuerbare Energien Rohstoffe und Technologien benötigt, die es zu einem vernünftigen Preis aus China beziehen kann. Wäre eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit der Volksrepublik, wie sie einst in Projekten wie China-Town bei Berlin zum Ausdruck kamen, nicht im gegenseitigen Interesse von Berlin, Brüssel und Peking? Wäre es nicht besser, wenn der chinesische Präsident alle wichtigen Hauptstädte Europas besuchte, und nicht nur einzelne Länder wie Ungarn oder Serbien?
Vielleicht wäre mit den Chinesen, die Vorreiter sind in der Welt im Bereich erneuerbare Energien, ja tatsächlich auch eine echte Energiewende möglich. Und die Grüne Partei müsste nicht mehr länger alte Kohlekraftwerke anwerfen, weil Atom-Strom und Gas aus Russland nicht in die eigene verbohrte Weltsicht passen.
Allen gegenteiligen Behauptungen und politischen Bestrebungen der letzten Jahre zum Trotz ist auch die Russische Föderation ein Teil Europas. Nicht umsonst spricht man in der Geografie vom europäischen Teil Russlands. Ja, es gibt im Uralgebirge sogar eine ganze Reihe von Ortschaften, die Namen europäischer Städte tragen: Warna, Berlin, Kassel, Leipzig und sogar Paris. So stolz ist man dort auf die Lage an der Grenze zu Europa und Asien.
Für die "Amerikaner" ist Russland hingegen ganz weit weg. Und es erweist sich immer wieder als Tatsache, dass gerade die Amerikaner nicht viel wissen von der Welt außerhalb der USA. Warum also sollte sich Europa von Washington diktieren lassen, was es zu denken, wie es Geschichte zu interpretieren hat?
Freundschaft mit Russland, das brachte Ost- und auch Westeuropa viele Jahrzehnte des Friedens, Energiesicherheit und damit die Grundlage für wirtschaftliche Prosperität. All dies ist angesichts der Politik der letzten Jahre bedroht, oder sogar schon verloren. Dabei ginge es eben auch anders!
Mehr zum Thema - Zwischen Panik und Hoffnung: Trump hat mit der Dressur Europas begonnen