Die EU will Demokratie liefern – aber im Paket ist am Ende immer Wahlbetrug

Trifft das wirklich nur Osteuropa? Oder nähert sich diese Leidenschaft für Erpressung und Manipulation nicht doch auch der Mitte der EU, deren Bürger sich bisher noch einbilden können, ein Wahlrecht zu besitzen? Rumänien könnte sich als Menetekel erweisen.

Von Dagmar Henn

Welch ein Glück, dass die Berichterstattung aus vielen Ländern in Deutschland so bruchstückhaft ist. Da kommt eben der Satz des ehemaligen Innenministers Thomas de Maizière zur Anwendung: "Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern." Und das darf eben nicht sein, wie man seit Erfindung der "Delegitimierung des Staates" weiß.

Es wird schon sehr bunt getrieben derzeit bei der Verbreitung der Demokratie. Georgien wird jetzt sanktioniert, weil es gewagt hat, sich seine Gesetzgebung nicht von der EU vorschreiben zu lassen, und mit der Abwahl der französischen Präsidentin geradezu Majestätsbeleidigung begangen hat. Wobei diese Leidenschaft für Sanktionen durchaus nur noch eine begrenzte Haltbarkeit haben dürfte. Schließlich lautete das ursprüngliche Konzept Zuckerbrot und Peitsche; das Zuckerbrot, das die EU im Angebot hatte, wurde aber vor allem aus deutschen Steuermitteln finanziert, und die dürften dank der wirtschaftlichen Blüte demnächst deutlich knapper ausfallen. Bleibt also nur noch die Peitsche. Kein wirklich erfolgreiches Mittel, wenn man Länder nötigen will, ihre wichtigen wirtschaftlichen Verbindungen zu kappen.

Ja, dieser Punkt dürfte in näherer Zukunft noch interessanter werden. Die lautstärksten Russlandhasser in der EU sind nämlich allesamt Subventionsempfänger, die Balten vorneweg, aber es scheint noch nicht zu ihnen vorgedrungen zu sein, dass der doppelte wirtschaftliche Absturz Frankreichs und Deutschlands demnächst den Geldfluss wird versiegen lassen, sodass sie dann nicht mehr Weltpolitik betreiben und begeistert aufrüsten können, sondern sich werden sorgen müssen, wie sie die Gehälter ihrer Lehrer oder die Renten bezahlen sollen.

Augenblicklich wird aber weiter auf Teufel komm raus "demokratisiert". Und die Kapriolen werden immer hübscher. Man hätte ja fast gedacht, diese Nummer mit den Wahlen in Moldawien sei nicht mehr zu toppen – diesen EU-Klon Maia Sandu an der Macht zu halten, indem nur die genehmen Auslandsmoldawier Stimmzettel erhalten, die anderen nicht, das war schon reichlich frech, und um das als demokratisch zu verkaufen, muss man dafür sorgen, dass diese Information wieder mal nicht durchdringt.

Aber Rumänien ist wirklich noch etwas dreister. Angefangen damit, dass niemand in Deutschland mehr erwähnt, dass der rumänische Präsident Klaus Johannis deshalb einen so deutschen Namen hat, weil er Deutscher ist. Diese Nummer mit direct rule in den Kolonien funktioniert auch in Ländern, die schon in der EU sind.

Besagter Johannis jedoch gehört auch zu einer Partei, den Nationalliberalen. Und da ist man nun wirklich am Maizière-Punkt angekommen, bei jener Art Information, die nicht sein darf, weil sie verunsichern könnte.

Noch in einem aktuellen Text der Deutschen Welle, also des staatlichen deutschen Senders, steht:

"Die Wahl vom 24. November war vom rumänischen Verfassungsgericht annulliert worden und muss wiederholt werden. Grund waren Hinweise, dass die Abstimmung aus Russland manipuliert wurde."

Ja, der Trick besteht in der unvollständigen Information. Denn der erste Punkt, den man dabei beachten sollte, ist, dass das rumänische Verfassungsgericht erst die Wahlen für gültig erklärt hatte und dann sein eigenes Urteil widerrief, weil die Behauptung aufkam, diese Wahlen seien "aus Russland manipuliert" worden.

Die "Manipulation" bestand aus einigen TikTok-Videos zugunsten des von der EU ungeliebten Präsidentschaftskandidaten Călin Georgescu. Ein Kandidat, der – zur großen Verblüffung der Reporter – nach einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung auch bei den Auslandsrumänen ausgesprochen beliebt zu sein scheint. Allerdings – auch die Süddeutsche Zeitung verschweigt, dass sich in der Geschichte um die vermeintliche "von Russland finanzierte Kampagne" inzwischen einiges ergeben hat.

Vor allem, dass Russland rein überhaupt nichts mit den besagten TikTok-Videos zu tun hat. Nachdem der rumänische Geheimdienst diese Geschichte mit der Wahlbeeinflussung in die Welt gesetzt und das Verfassungsgericht daraufhin die Wahlen für ungültig erklärt hatte, fanden nämlich die Finanzbehörden heraus, dass diese Videos von einer ganz anderen Partei finanziert worden waren.

Und zwar wirklich von einer Partei. Nämlich der Johannis', die damit vermutlich, weil sie Georgescu als Konkurrenten nicht ernst nahmen, Stimmen von ihren politischen Gegnern, der sozialdemokratischen PSD, abziehen wollte. Hatte nicht ganz die angestrebte Wirkung. Aber wenn man sich Gedanken über Wahlbeeinflussung in Rumänien machen will, sollte man nun eher unter einer deutschen Adresse suchen als unter einer russischen.

Könnte sein, dass TikTok bösartigerweise die Drohung wahrgemacht hat, die es nach der Behauptung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausgesprochen hatte: "Wir arbeiten weiterhin mit der Europäischen Kommission sowie mit regionalen und nationalen Behörden zusammen, um Anfragen zu bearbeiten und Bedenken zu diskutieren." Die rumänischen Finanzbehörden haben angefragt, TikTok hat ganz brav mitgeteilt, wer die Videos geliefert hat, und schon sah es schlecht aus für all die weiteren Pläne, die an der rumänischen Geschichte hingen.

Das sind viele. Von der Leyen beispielsweise will politische Inhalte auf TikTok gleich ganz verbieten. Und dann sind da noch die NATO-Stützpunkte in Rumänien, auf denen man beispielsweise die F-16 so gut stationieren kann, und die Donaumündung, die man für Teile der Waffenlieferungen an die Ukraine braucht, und diese US-Raketenstationierung, und – ja, und das kleine Moldawien brächte auch keinen Nutzen mehr, wenn Rumänien nicht mehr in der NATO wäre, was schon allein deshalb auf gar keinen Fall passieren darf. Wozu gibt man sich denn die Mühe, so eine Kunstfigur wie Sandu zu etablieren, wenn da am Ende nicht einmal ein kleiner Krieg dabei herumkommt?

Johannis, der deutsche Statthalter in Rumänien, hat jedenfalls schon erklärt, er bleibe gern bis Ende Januar im Amt. Wo man dann doch gleich denken muss, was da wieder ist bis Ende Januar, und sich fragt, was sie denn vorhaben, wenn es nötig ist, den Rumänen auf so bizarre Weise das Wahlrecht zu nehmen. Da muss der Termin eine wichtige Rolle spielen. Denn eines ist sehr wahrscheinlich: Dass sich jetzt, nach diesem Trauerspiel rund um die erste Runde der Präsidentschaftswahl, die "proeuropäischen" Parteien zusammengeschlossen haben und sich sogar auf einen Kandidaten einigen wollen, dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach das Gegenteil des beabsichtigten Effekts auslösen. Nicht nur eine Instabilität des politischen Systems erzeugen, sondern gleichzeitig die Unterstützung für Georgescu noch einmal deutlich erhöhen. Weil nichts die Beliebtheit der EU deutlicher steigert als ihre massiven Wahleinmischungen.

Nun, damit ist es nicht anders als mit sonstigen kolonialistischen Verhaltensweisen. Langsam, aber sicher kriechen die Manipulationsmethoden, mit denen sich diese EU immer weiter ausdehnen will, ins Innere zurück. In dem Moment, in dem erkennbar wird, dass die Versprechungen für eine wirtschaftlich bessere Zukunft leer sind und sich die Bevölkerung eines Landes darauf besinnt, ihren eigenen Interessen zu folgen und nicht jenen der Brüsseler Bürokratie, beginnen die Drohungen. Dann werden die politischen Gegner auf vielfache Weise unter Druck gesetzt oder gleich verboten, damit die Wahl am Ende nur noch zwischen EU oder EU erfolgt. Das moldawische Theater hat sich jetzt wie eine Ansteckung nach Rumänien verbreitet, und es ist keineswegs gesichert, dass diese Infektion nicht noch weiter vordringt. Nach Deutschland beispielsweise. Du darfst alles wählen, solange du wählst, was wir dir sagen.

Hinter Rumänien, in Moldawien, könnte es derweil brenzlig werden, weil hier eine der Fronten liegt, an denen die scheidende US-Regierung noch zündeln könnte. Da wäre natürlich ein EU-kritisches Rumänien ausgesprochen störend. Aber das wiederum kann man den Deutschen nicht verraten, also wird die längst geplatzte Lüge von der "russischen Manipulation" weiter verbreitet. Denn die EU und Deutschland, die stehen für Demokratie und demokratische Werte. Alles andere könnte Sie schließlich verunsichern.

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