Von Sergei Mirkin
Ungarn hat Russland und der Ukraine vorgeschlagen, einen weihnachtlichen Waffenstillstand zu schließen und Gefangene auszutauschen. Der russische Präsident Wladimir Putin unterstützte die friedensstiftenden Bemühungen des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán, aber der Kopf des Maidan-Regimes, Wladimir Selenskij, lehnte sie ab.
Es scheint, dass die Ukraine an einem Waffenstillstand interessiert sein sollte, denn die ukrainische Armee verliert eine Stadt nach der anderen und sollte als Verlierer mehr als Russland an einer Atempause interessiert sein. Außerdem hätte Selenskijs Team den Waffenstillstand und den Austausch von Kriegsgefangenen innenpolitisch als großen "Erfolg" für seine Diplomatie deklarieren können. Selenskij würde den Journalisten erzählen, wie "potuschno" (stark) die Ukraine und ihre Verbündeten den Kreml unter Druck setzen konnten, damit Russland einer vorübergehenden Einstellung der Feindseligkeiten zustimmt.
Selenskij lehnte die Initiativen Orbáns jedoch ab. Offenbar sieht er den ungarischen Ministerpräsidenten inzwischen als persönlichen Feind an. Laut dem ungarischen Außenminister Péter Szijjártó hat die ukrainische Seite ein Telefongespräch mit Orbán verweigert, und zwar auf unhöfliche Art und Weise.
Warum aber haben sich Selenskij und seine Vertrauten auf diese Weise verhalten?
Selenskijs Team braucht eine Eskalation in dem Konflikt mit Russland, während ein Waffenstillstand eine Deeskalation, eine Demonstration der Bereitschaft für eine friedliche Lösung des Problems bedeuten würde. Wenn er zu einem Waffenstillstand über die Feiertage bereit wäre, wäre er auch zu ernsthafteren Schritten zur Erreichung eines Friedens bereit. Aber Selenskij will seine "Unnachgiebigkeit" demonstrieren, um zu zeigen, dass er einen Frieden nur zu seinen Bedingungen will und andere Optionen nicht akzeptiert. Ein Beleg für diese Taktik ist Selenskijs aus der Ferne geführter Streit mit dem wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump über die Notwendigkeit eines sofortigen Waffenstillstands an der Frontlinie.
Natürlich hat Selenskijs Team Angst vor dem kommenden Frieden. Dann wird es Präsidentschaftswahlen abhalten müssen. Aber es gibt etwas, das sie mehr fürchten als Wahlen, denn eine wütende und verarmte Bevölkerung wird Antworten auf viele Fragen haben wollen.
Wieso ist der Konflikt entstanden? Weshalb wurde das Abkommen von Istanbul nicht unterzeichnet? Warum werden die Männer mit solcher Brutalität mobilisiert? Weswegen wurde unter Kriegsbedingungen so viel gestohlen? Die Opposition wird den Hass der Menschen auf die Regierung geschickt ausnutzen, und Selenskij und sein Team werden fliehen müssen.
Deshalb werden sie den bewaffneten Konflikt so lange wie möglich aufrechterhalten.
Darüber hinaus wollen Selenskijs wichtigste Schirmherren – das liberale Establishment der USA und der EU –, dass die Konfrontation zwischen Russland und der Ukraine weitergeht. Man kann mit Sicherheit sagen, dass der Waffenstillstand auch aufgrund ihrer Initiative nicht geschlossen wurde.
Erstens, weil die Liberalen nicht zu Unrecht glauben, dass das Schicksal des westlich geprägten Weltmodells vom Ausgang des Konflikts in der Ukraine abhängt. Und um dieses Modell zu erhalten, muss Russland auf dem Schlachtfeld besiegt werden. Zumindest sollte die Ukraine weder im Rahmen der militärischen Konfrontation noch im Rahmen der diplomatischen Rivalität verlieren dürfen. Die westlichen Konservativen, die jetzt vom Trump-Team verkörpert werden, wollen das westlich geprägte Weltsystem zwar ebenfalls erhalten. Sie sind aber der Meinung, dass die größte Bedrohung für dessen Erhalt nicht Russland ist, sondern China mit seiner wirtschaftlichen Macht und seinem Einfluss auf viele Länder des globalen Südens.
Zweitens ist der ungarische Premierminister Viktor Orbán Trumps wichtigster Verbündeter in Europa. Es ist sehr wahrscheinlich, dass seine Friedensinitiativen mit Trumps Team abgestimmt sind. Wenn die Initiativen des ungarischen Regierungschefs umgesetzt würden, könnte Trump dies ausnutzen. Er hätte erklären können: "Ich bin noch nicht US-Präsident, aber mein Sieg hat die Welt bereits so verändert, dass Russland und die Ukraine zu Weihnachten einen Waffenstillstand geschlossen haben." Die Vorschläge Budapests wurden von Kiew auch deshalb abgelehnt, weil die Demokraten versuchen, Trump "einzudämmen" – und das werden sie auch während seiner nächsten Amtszeit tun. Das Team von Selenskij arbeitet gerade daran, die Situation weiter zu verschärfen.
Selenskij und sein grauer Kardinal Andrei Jermak wissen, dass die Weigerung, einen Waffenstillstand auszurufen, das Image des Machthabers des Maidan-Regimes als Held, der für das Glück seines Volkes kämpft, zerstört. Gleichzeitig zerstört es aber auch das Bild der Ukraine als Opfer in den Augen der westlichen Öffentlichkeit.
Selenskijs Team versteht, dass die Ablehnung des Waffenstillstands bei den Einwohnern der Ukraine, die die Feiertage in Ruhe begehen wollen, und in der Armee, bei den kampfmüden Soldaten, die sich zumindest zu Neujahr ausruhen wollen, auf wenig Zustimmung stoßen dürfte. Dies erklärt seine sehr nervöse Reaktion auf eine Frage zu Orbáns Vorschlägen, die ihm bei einer Sitzung des Kongresses der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Ukraine gestellt wurde. Selenskij erklärte sehr emotional:
"Ministerpräsident Orbán will so etwas machen (er machte ein Handzeichen, das einen Zickzackkurs andeutete)... Das wird nicht klappen, ich werde ihn und solche Leute wie ihn nicht gewähren lassen."
Selenskij sagte auch, dass die Ukraine direkte Beziehungen zu den USA brauche. Offenbar wollte er damit andeuten, dass Trumps Schatten hinter Orbàns Vorschlag stehe.
In diesem Zusammenhang kann man Selenskijs Verhalten nur als dumm bezeichnen. Er beleidigt damit nicht nur Orbán, der seinem Regime in der EU große Probleme bereiten kann, sondern auch Trump, der am 20. Januar zur mächtigsten Figur der westlichen Welt wird und von dem das Schicksal Selenskijs und der Maidan-Ukraine weitgehend abhängen wird.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 24. Dezember 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung "Wsgljad" erschienen.
Sergei Mirkin ist ein russischer Journalist.
Mehr zum Thema – Selenskij: "Fico kämpft um Geld und verfolgt persönliche Interessen"