Von Igor Malzew
Was für eine erstaunliche Zeit es ist, in der wir leben! In nur wenigen Jahren wurden alle Grundprinzipien der kapitalistischen Struktur der westlichen Gesellschaft – oder genauer gesagt, die Propagandamythen über diese Struktur – vollständig aufgehoben.
Mythen über grundlegende Menschenrechte sind zusammengebrochen – buchstäblich innerhalb von nur ein paar Jahren der COVID-19-Pandemie. Mythen über die "unsichtbare Hand des Marktes" und den freien Kapitalverkehr sind zusammengebrochen – mit dem Einfrieren russischer Finanzmittel und den verhängten Sanktionen, deren Menge nicht mehr zu zählen ist.
Es erreichte sogar die "heilige Kuh" (der westlichen Gesellschaft) – "die demokratischste Demokratie der Welt, und ihr seid alle verdammte Sowjets".
Das jüngste Beispiel ist das überraschende Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Rumänien. Mit Calin Georgescu setzte sich ein Kandidat durch, der nicht dem System angehört (obwohl er in das System und die Strukturen der EU eingebunden ist). In Brüssel hatte man jedoch ganz andere Pläne für diesen Posten. Eine gewisse Elena Lasconi sollte Präsidentin werden.
Aber Georgescu war zu sehr für Rumänien als solches, kritisierte die Vereinigten Staaten und wollte nicht wirklich zu einem militärischen Versuchsfeld nach ukrainischem Vorbild zwischen Europa und Russland werden. Rumänien ist übrigens seit 2004 in der NATO. Dafür wird er jetzt von den jungen Idioten auf Wikipedia als "rechtsextremer Politiker" verunglimpft. Natürlich ist der Typ vom UN Global Index Institute in der Regel am rechtsextremsten. Abgesehen davon, dass er seit 2011 bereits dreimal für das Amt des Premierministers von Rumänien vorgeschlagen wurde.
Der rumänische Oberste Gerichtshof wusste also, was er tat, als er die Ergebnisse des ersten Wahlgangs anerkannte und einen zweiten Wahlgang ansetzte. Für uns ist Georgescu eine unbekannte Person mit unbekannter Herkunft. Aber dort wusste man sehr wohl, dass er ein Systempolitiker ist. Er nimmt bloß irgendwie die Interessen der Rumänen zu sehr in den Fokus.
Und als man den Rumänen in Brüssel und der US-amerikanischen Botschaft erklärte, dass es sie nichts anginge, wen sie wählen sollten, annullierte derselbe Oberste Gerichtshof sowohl die Wahlergebnisse als auch den zweiten Wahlgang. Denn es war klar, dass eine wortkarge und zu pro-US-amerikanische Kandidatin ohnehin nicht gewinnen würde. Dass sie niemanden bei der Wahl besiegen wird, nicht einmal ihre eigene Friseurin.
Und die Rumänen fragten sich: "Wie? So geht's auch?"
Ja, so geht's auch. Und wie es geht! Das nennt sich jetzt "direkte demokratische Wahlen in einem unabhängigen Land unter der Aufsicht des US-Botschafters".
Es ist bereits in der Ukraine geschehen – da muss man nicht einmal weit gehen. Es geschieht fast überall in den "Interessensphären der Vereinigten Staaten". Und die haben Interessensphären in Hülle und Fülle.
Mehr noch: Wenn ihnen der Stuhl unter dem Hintern weggezogen wird, fangen die liberal-demokratischen Kräfte in der ganzen Welt sofort an, über alle Megafone hinweg über die Bedrohung der Demokratie zu posaunen. In Wirklichkeit werden dabei aber alle demokratischen Prinzipien und Verfahren aufgehoben oder pervertiert.
In der Überzeugung, dass nun die Macht in den Vereinigten Staaten für immer in den richtigen demokratischen Händen bleiben würde, schalteten die europäischen "Liberalen" auf Hochtouren. Sobald die Menschen in Europa begannen, gegen den liberal-grünen Wahnsinn zu stimmen, wurde eine gigantische Propagandamaschine angeworfen, die die Gegner verteufelte (die Technik war in den Jahren der "Pandemie" ausgefeilt worden) – jeder, der nicht auf ihrer Seite war, entpuppte sich plötzlich als Hitler-Hitler und dazu noch als Göring.
Doch es hat nicht funktioniert.
Die Menschen hörten auf zu reden und begannen zu wählen. Und in Frankreich wurde nach dem Wahlsieg der Partei von Marine Le Pen eine Technologie eingeführt, die die bisherigen Regeln ("Wir leben in einer Welt, die auf Regeln basiert" – wie die USA zu sagen pflegen) für die Beteiligung der siegreichen Parteien an Koalitionsregierungen aufhob. Sie werden einfach nicht an die Macht gelassen – die "Regeln" haben sich geändert.
Bei den deutschen Landtagswahlen wurde eine ähnliche Technik angewandt – Punkt für Punkt. Und die Partei, die bis zu einem Drittel der Stimmen auf sich vereinigt – die Alternative für Deutschland – wurde einfach nicht zu Koalitionsregierungen zugelassen, und jetzt fordern die Grünen im Bundestag einfach, dass die AfD verboten wird.
Und davor sahen wir, wie ein Präsidentschaftskandidat in den USA selbst auf allen Titelseiten US-amerikanischer demokratischer Publikationen zu Hitler und einem Faschisten wurde – buchstäblich allen Ernstes mit der Forderung, "ihn um jeden Preis aufzuhalten". Wir sahen auch den erfolgten Preis – live aus dem Städtchen Butler, im US-Bundesstaat Pennsylvania (wo, wie Sie sich vielleicht erinnern, der erste Schuss auf Donald Trump abgegeben wurde). Und dann in West Palm Beach – wo auf ihn zum zweiten Mal geschossen wurde.
Das heißt, selbst ein Hauch von Scham und Anstand ist im sogenannten demokratischen Prozess inzwischen völlig abgelegt worden. Um an der Macht zu bleiben, ist das liberale (also vom Wort "Freiheit" abgeleitete) Konzept bereit, buchstäblich alle Freiheiten und manchmal sogar das Leben anderer mit Füßen zu treten. Faszinierend!
Der jüngste Aufschwung der unvernünftigen Demokratie im Stile von Guljaipole und des Anarchisten Nestor Machno sind die Ereignisse in Georgien. Dort wurde eine absolute Befürworterin der USA/EU im Voraus als Präsidentin eingesetzt. Und wie es für ein solches Konzept üblich ist, hängt sie an einem klaren Haken, denn sie hat die französische Staatsbürgerschaft. Sie vertritt nur ausländische Interessen. Und als die Partei, die nur an den Interessen des eigenen Volkes interessiert ist, die Wahlen gewann, begann das gleiche dumme, aber durchaus funktionierende Schema. Zunächst einmal: die Nichtanerkennung der Wahlergebnisse.
Gleichzeitig haben die "internationalen Beobachter", wie wir gehört haben, die Ergebnisse ihrer Beobachtungen der Wahlen nicht veröffentlicht – denn es existiert nichts, was es zu beanstanden gibt. Außerdem ist die Bestätigung der Tatsache, dass es keine Wahlfälschung gegeben hat, Wasser auf die Mühlen der "falschen" Sieger. Das ist doch schön. Wir haben so etwas schon immer hinter diesen Beobachterdiensten vermutet. Aber inzwischen verbergen sie im Rahmen der "neuen Dreistigkeit" nicht einmal mehr ihre Interessen und wahren Ziele.
Die EU entlarvt sich selbst auf glänzende Weise. Die Formel "Wir verhängen Sanktionen, wenn ihr euch weigert, der EU beitreten zu wollen" ist etwas Neues. Denn das ist genau das, was sie zu Georgien gesagt haben. "Wir werden euch bestrafen, weil ihr es ablehnt, der EU beitreten zu wollen." Bedeutet das, dass der "EU-Beitritt" eher ein Konzept der Annexion als eine Wohltat ist? Ja, das bedeutet es. Und die jüngeren Mitglieder der EU spüren das bereits am eigenen Leib. Sogar Portugal, das von der EU Verbote für seine Agrarprodukte, die industrielle Fischerei und so weiter auferlegt bekommen hat. Und von den Ländern des ehemaligen Warschauer Paktes ganz zu schweigen.
Früher wurde dies als Siegeszug von Demokratie und Freiheit dargestellt. Jetzt macht niemand mehr einen Hehl daraus, dass sie Grenzgebiete aufbauen – ein maroder Zaun im Weg von alptraumhaften "russischen Panzern", mehr nicht. Und wer der EU nicht beitreten will, "dem werden wir die Ohren langziehen".
Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hat längst erkannt, was vor sich geht. Er, wie auch der slowakische Premierminister Robert Fico, der gescheiterte Calin Georgescu und die patriotischen Politiker Georgiens, widerstehen mehr oder weniger dem schamlosen Druck der "Demokratisierer". Dieselben Demokratisierer drücken der georgischen Jugend heute Transparente in die Hand und hetzen sie zum Anzünden des Parlaments auf.
Erinnert sich noch jemand daran, wie viele Jahre Gefängnis die lustigen Spotttouristen bekamen, die das US-Kapitol betraten? Und sie hatten damals keine Molotowcocktails in ihren Händen.
Die Schleier sind nun alle gelüftet. Die Absichten sind klar. Das Einzige, was diese Leute aufhalten kann, ist eine harte Vergeltungsmaßnahme. Wie es zum Beispiel bei den aktuellen US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen geschah.
Igor Malzew ist ein russischer Schriftsteller, Journalist und Publizist.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 11. Dezember 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
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