Von Semjon Pegow
Ich würde nicht lügen, wenn ich sage, dass der Donezker Frontabschnitt, wo wir aktiv vorrücken, im Verlauf des vergangenen Jahres für uns der spektakulärste und erfolgreichste war. Die schillerndsten Siege der Saison errangen wir ausgerechnet hier: Im Winter wurde Awdejewka befreit, im Sommer fanden die beispiellosen Sturmangriffe auf Krasnogorowka und New York statt, im Herbst befreiten wir Ugledar, Ukrainsk, Selidowo, und zu Beginn des Winters rücken wir in Dserschinsk vor und schlagen uns nach Kurachowo durch, den wichtigsten Verkehrsknoten der Region.
Die ersehnten Namen, die die Erinnerung der Volksmilizionäre des Russischen Frühlings schmerzlich aufwühlen – Druschkowka, Kramatorsk, Konstantinowka, Slawjansk, die im Sommer 2014 verlassen wurden –, kehren wieder ins alltägliche Frontlexikon zurück. Im Grunde bleiben etwa bis Konstacha, wie die Einheimischen im Donbass Konstantinowka nennen, knapp über zehn Kilometer. Auf den Stabsmonitoren unserer Truppen bei Dserschinsk kann man regelmäßig beobachten, wie Russlands Luftstreitkräfte mit FAB-Bomben ukrainische Stützpunkte zerstören. Bisher liegen sie im Hinterland, die schnell vorrückende Front wird sie aber ganz bald zum Teil der Kontaktlinie werden lassen.
Ohne die Verdienste anderer Verbände zu schmälern, erfolgte der Durchbruch der russischen Armee vor allem dank der Kämpfer und Kommandeure der 51. Armee – eines neuen Donezker Verbands, der auf Grundlage des legendären und absolut heldenhaften 1. Donezker Armeekorps aufgestellt wurde.
Seinerzeit bildeten seinen Kern gerade jene Freiwilligen und faktischen Partisanen, die im Frühling 2014 als erste in den bewaffneten Kampf gegen die Neonazis zogen, die einen Putsch in Kiew veranstaltet und ihre Geschütze auf die russischen Städte des Donbass gerichtetet hatten.
In diesem Zusammenhang ist wichtig, zu verstehen: Auch wenn es Ideengeber gab, die wie Arsen "Motorola" Pawlow als Freiwillige "vom Festland" kamen, griffen in Slawjansk, Kramatorsk und Konstacha vor alle die Einheimischen zu den Waffen. Viele von ihnen mussten später ihre Häuser verlassen, und seit nunmehr zehn Jahren leben sie mit dem Traum von der Rückkehr in ihre Heimatstädte. Offensichtlich verleiht dieser Faktor den Sturmangriffen der 51. Armee zusätzlichen Schwung. Doch meiner Meinung nach (und ich begleite das Vorrücken der 51. Armee und des Donezker Korps praktisch während der gesamten Militäroperation), ist das nicht der einzige Grund.
In den vergangenen Tagen fuhr ich gerade an die Front bei Dserschinsk und unterhielt mich nicht nur mit einfachen Infanteristen und Artilleristen, sondern auch mit Kommandeuren von Bataillonen, Brigaden, Regimentern – und merkte, dass an es an den verantwortlichen Stellen sehr viele ganz junge Offiziere gibt. In einigen habe ich die Sturmkämpfer von gestern wiedererkannt, die als erste nach Wolnowacha stürmten und mit dem MG in der Hand Mariupol befreiten. Inzwischen sind sie zu erfahrenen, selbstbewussten Kommandeuren herangewachsen.
Ein Bataillons- oder Regimentskommandeur oder gar ein stellvertretender Brigadekommandeur im Alter unter 30 ist für die 51. Armee eine gewöhnliche Sache. Die Sachkundigen werden bestätigen, dass dies für eine Armee in Friedenszeiten schlicht unsinnig ist. Und es ist spitze, dass im Fall des Donezker Korps das Kommando keinen stereotypischen und rein formalen Weg eingeschlagen hat – hier erhalten junge und vielversprechende Offiziere, die ihre Autorität und Erfahrung bei realen Sturmangriffen erkämpft haben, eine Art Blankoscheck. Immerhin kann man nirgendwo besser kämpfen lernen als im Krieg, und keine Akademien können das ersetzen.
Wenn man also über unser Erfolgsgeheimnis am Donezker Frontabschnitt nachdenkt, kann man sagen, dass neben der rein menschlichen Motivation (die Helden des Russischen Frühlings drängen nach Hause!) eine der Hauptrollen gerade die Kaderpolitik des Kommandos spielt. In der 51. Armee gelang es, ein Team aus im positiven Sinne leidenschaftlichen und ambitionierten jungen Offizieren zu bilden, die aus eigener Erfahrung wissen, wie das Leben eines einfachen Infanteristen oder Sturmkämpfers aussieht, aber auch in der Lage sind, gewagte Entscheidungen zu treffen. Ich bin mir sicher, dass dieses Team dem Gegner noch viele unangenehme Überraschungen bereiten wird, und uns viele angenehme!
Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst speziell für RT am 29. Oktober.
Semjon Pegow, Jahrgang 1985, ist ein russischer Journalist und Kriegsberichterstatter, Schriftsteller und Blogger. Er berichtet regelmäßig über den Konflikt in der Ukraine. Man kann ihm auf seinem Telegram-Kanal WarGonzo folgen.
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