Von Sergei Strokan
In Moldawien haben Präsidentschaftswahlen stattgefunden, in deren Verlauf die regierende Partei mit äußerst aktiver Unterstützung des Westens versuchte, der Präsidentin Maia Sandu zu einer zweiten Amtszeit zu verhelfen – sie schaffte es aber nicht im ersten Versuch. Am selben Tag fand ein Referendum statt, in dessen Rahmen die Bürger des Landes auf die Frage antworten sollten: "Befürworten Sie die Änderung der Verfassung zum Zwecke des Beitritts der Republik Moldawien zur Europäischen Union?"
Die Zahlen eines komfortablen und problemlosen Siegs von Sandu gleich in der ersten Wahlrunde zu erzielen, gelang trotz enormer Anstrengungen und ausgiebigen Einsatzes der administrativen Ressourcen nicht. Die Abstimmung am 20. Oktober verlief offensichtlich nicht nach dem Szenario der moldawischen Machthaber, und das ist das Hauptergebnis.
Nach Angaben der zentralen Wahlkommission erhielt die amtierende Präsidentin nach Auswertung von 95 Prozent der Stimmzettel 39,87 Prozent der Stimmen. Berücksichtigt man allerdings, wie diese Wahlen – die dreckigsten und dramatischsten in der Geschichte des unabhängigen moldawischen Staats – verliefen, bestehen große Zweifel, dass dies die tatsächlichen Unterstützungswerte für Sandu sind. In jedem Fall erwies es sich für sie als unmöglich, die 50-Prozent-Hürde zu überwinden, und nun erwartet das Land eine weitere Abstimmung am 3. November.
Konkurrent von Maia Sandu in der zweiten Runde ist der ehemalige Staatsanwalt Alexander Stoianoglo, der zuvor von der Präsidentin mit großem Tamtam seines Postens enthoben worden war, dieser Entscheidung allerdings erfolgreich widersprochen hatte. Nach offiziellen Angaben erhielt Stoianoglo nach Auswertung von 95 Prozent der Stimmzettel 27,58 Prozent der Stimmen, auch wenn diese Angaben zu niedrig angesetzt sein könnten. Jedenfalls hat er jetzt die Chance, für die Sensation des Jahres zu sorgen und eine Wiederwahl Sandus zu verhindern.
Im Vorfeld der Wahlen erklärte Stoianoglo, dass Moldawien auf die Unterstützung antirussischer Sanktionen verzichten solle. Zuvor meldete der Außenminister des Landes, Mihai Popșoi, dass die Republik 80 Prozent der europäischen Sanktionen gegen Russland mittrage. "Russland war für uns ein traditioneller Absatzmarkt, und alternative Märkte gibt es heutzutage praktisch nicht. Wir versuchen, neue Märkte zu finden, doch sie lösen das Absatzproblem nicht im vollen Umfang", schrieb Stoianoglo auf seinem Telegram-Kanal vor den Wahlen. Er erinnerte daran, dass es auf dem europäischen Lebensmittelmarkt ständige Lieferanten aus Polen, Italien und Spanien gebe und dass auf diesem etablierten Markt niemand auf Moldawien warte.
Neben der für Sandu missglückten ersten Wahlrunde wurde auch das am selben Tag mit den Präsidentschaftswahlen stattfindende Referendum zum EU-Beitritt, das Hauptprojekt Sandus, zu einem Fiasko. Dieses Möchtegern-Referendum inspirierte die Wähler absolut nicht. Viele weigerten sich, abzustimmen, und diejenigen, die abstimmten, und zwar dagegen, waren bis zum letzten Moment in der Mehrzahl. Die moldawische Wahlkommission musste in den letzten Stunden der Stimmenauszählung anscheinend eilig Stimmen fälschen. Nach der Auswertung der Zahlen der Stimmlokale im Ausland kletterte die Zahl der Ja-Stimmen nach oben. Schließlich behauptete Chişinău, dass 50,07 Prozent der Wähler für die Euro-Integration und 49,93 dagegen gestimmt hätten.
Doch wer wird einem solchen Referendum glauben, das so grob manipuliert wurde? So zum Beispiel wurden in Russland, wo sich etwa 500.000 moldawischer Staatsbürger aufhalten, nur zwei (!) Wahllokale eröffnet, und zwar beide am gleichen Ort – in der Botschaft in Moskau. Und für diese 500.000 Menschen wurden nur 10.000 Stimmzettel vorbereitet, während insgesamt für die Stimmabgabe im Ausland 200.000 Stimmzettel vorbereitet wurden. Demgegenüber wurde für Bürger Moldawiens, die in der EU, den USA und Kanada leben, die größtmögliche Zahl an Wahllokalen eröffnet und zusätzlich eine Stimmabgabe per Briefwahl erlaubt.
Kurzum, Moldawien hat gezeigt, dass es nicht gelingt, dem Land Maia Sandu, die Präsidentin mit dem höchsten Ablehnungswert, für eine zweite Amtszeit aufzubürden, ebenso wenig wie das Land in den gesamteuropäischen Stall zu treiben. Moldawien ergibt sich nicht, und hat es offenbar auch nicht vor.
Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst speziell für RT am 21. Oktober.
Sergei Strokan, geboren 1982 im Gebiet Dnjepropetrowsk in der heutigen Ukraine, ist ein russischer Journalist und Schriftsteller.
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