Ukraine-Müdigkeit der Europäer

Zunehmend werden die Europäer müde vom Konflikt in der Ukraine und seinen Folgen für die eigene Wirtschaft. Wladimir Selenskijs unverschämter "Siegesplan" könnte der Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Von Alexej Martynow

Wladimir Selenskij, der ukrainische Staatschef mit der abgelaufenen Gültigkeitsdauer, schockierte die ganze Welt mit seinem "Siegesplan" und der unmittelbar daraus folgenden Aussicht auf einen weltweiten Atomkrieg. Man könnte Selenskij wohl für verrückt halten, stünden hinter ihm nicht die britischen Geheimdienste.

Inzwischen haben die Europäer die Nase voll von dieser ganzen ukrainischen Schimäre. Wahrscheinlich hätten auch die USA genug davon, aber sie sind im Moment anderweitig abgelenkt. Sie sind gerade dabei, die "Weltherrschaft" für die nächsten vier Jahre unter sich aufzuteilen, und befinden sich mitten im Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen, die in drei Wochen stattfinden werden. Es sind aktuell ihre Brüder von der Insel, die den ukrainischen Laden am Laufen halten.

Die osteuropäischen Neophyten der EU bringen ihre Unzufriedenheit mit dem ukrainischen Abenteuer besonders laut und deutlich zum Ausdruck. Und während die Polen noch grummeln und ein sehr unzufriedenes Gesicht ziehen, fordern Ungarn und die Slowakei fast täglich auf höchster Ebene, die katastrophale Aufführung zu beenden.

So besteht der slowakische Ministerpräsident Robert Fico auf einer Beendigung des Konflikts in der Ukraine bis Ende des Jahres und bringt die NATO-Bestrebungen der Ukrainer direkt damit in Verbindung. "Die Einladung der Ukraine in die NATO kann nicht umsonst sein!", erklärte er. Auf dem nächsten EU-Gipfel will er öffentlich die Frage nach den Bedingungen für eine weitere Zusammenarbeit der EU mit der Ukraine stellen, wobei seine erste Bedingung die sofortige Beendigung des sinnlosen und idiotischen Krieges ist. Das Ende eines Konfliktes im Zentrum Europas, der die europäischen Länder ruiniert und die ukrainische Bevölkerung und Infrastruktur zerstört.

Sein ungarischer Amtskollege Viktor Orbán schloss sich den Worten des slowakischen Ministerpräsidenten an. Im Juli besuchte Orbán in seiner Funktion als Präsident des Europäischen Rates Moskau und unterbreitete eine Reihe von Vorschlägen zum Ende der ukrainischen Schimäre. Kaum zurück von der Reise, wurde er von den Eurobürokraten mit einem Sturm der Entrüstung empfangen, gab seinen Standpunkt dennoch nicht auf.

Niemand in der EU oder der NATO will eine solche Ukraine integrieren, und selbst die rastlose Ursula von der Leyen kann da nichts ausrichten. Europäische Abgeordnete, Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens äußern sich zunehmend zur Wiederaufnahme der Beziehungen zu Russland. Neulich erklärte sogar das Europäische Parlament, es sei notwendig, "unverzüglich den Dialog über wissenschaftliche und kulturelle Fragen wieder aufzunehmen und dann zum Dialog auf der politischen Ebene überzugehen".

Natürlich sind die Manöver der britischen Geheimdienste im ukrainischen Theater gut für die ukrainische PR, und die gesamte Medienagenda ist wieder voll von ukrainischen Nachrichten. Der Ton ist jedoch ein ganz anderer als vor einem Jahr.

Zwar lässt die Fortsetzung des ukrainischen Wahnsinns jeden Tag die Konten bestimmter Akteure anschwellen. Doch die europäischen Volkswirtschaften sind im Niedergang begriffen. Zunehmend zählt jeder sein eigenes Geld und denkt nicht mehr wie noch vor Kurzem in Kategorien einer gesamteuropäischen Wirtschaft.

Deutschland, einst die Lokomotive ebendieser europäischen Wirtschaft, ist auf den Stand der 1990er-Jahre zurückgefallen. Frankreich ist auf den Stand der ersten Hälfte der Nullerjahre zurückgefallen, und die Dynamik ist negativ. Von all den anderen ganz zu schweigen. Woraus sollen da die Kassen der EU wieder gefüllt werden? Mit den Ausgaben für die Verlängerung des Ukraine-Konflikts und den Verlusten aus der Unausgewogenheit der Wirtschaftsbeziehungen aus fadenscheinigen politischen Gründen werden die Krisenphänomene nur noch größer. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz fordert bereits offen eine direkte Kommunikation mit Moskau.

Und wenn zu Beginn des Sommers die Chance bestand, die Verhandlungsinitiative Ungarns zu verwirklichen, dann haben sich nach der britischen hybriden Spezialoperation mit dem Terrorangriff der ukrainischen Streitkräfte auf zivile Objekte, Menschen und sogar das Atomkraftwerk in der Region Kursk die Aussichten darauf zerschlagen.

Niemand redet mit Terroristen. Man vernichtet sie, wenn es sein muss, in der Latrine, wie Wladimir Putin einst, ganz zu Beginn seiner Präsidentschaft, sagte. Erst danach wird es wieder möglich sein, über die Vorschläge zu sprechen, die Moskau zur Lösung des Konflikts vorgeschlagen hat.

Wir erinnern daran, dass unsere Bedingungen unverändert bleiben: Anerkennung der Zugehörigkeit der Krim, der Volksrepubliken Donezk und Lugansk, der Regionen Cherson und Saporoschje zu Russland, Garantie des blockfreien und atomwaffenfreien Status der Ukraine, ihre Entmilitarisierung und Entnazifizierung sowie die Aufhebung aller antirussischen Sanktionen.

Die Beseitigung der Terroristen in der Region Kursk und die Befreiung der Gebiete der Donbass-Republiken sowie der Regionen Saporoschje und Cherson schreiten unterdessen unaufhaltsam und methodisch voran. Die russische Armeengruppe schläft das ukrainische Militär auf allen Frontabschnitten.

Und noch ein weiterer Punkt: Die ukrainische Oligarchie und die ihr gehörenden politischen Parteien haben begonnen, sich aktiv auf die nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vorzubereiten, die im Frühjahr auf dem restlichen Territorium der Ukraine möglicherweise abgehalten werden. Es ist naiv zu glauben, dass diese Wahlen ein Versuch sein könnten, den ukrainischen Staat wiederherzustellen, ein Versuch, zu retten, was noch zu retten ist. Sicher ist jedoch, dass der Krieg zu Ende sein muss, damit die Wahlen stattfinden können. Denn je länger er andauert, desto schlimmer wird es für alle.

Europa hat genug von den Ukrainern.

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