Von Wiktoria Nikiforowa
In den sozialen Netzwerken wird das Thema "Geheimgespräche" über einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine so eifrig gehypet, dass es wahrscheinlich notwendig ist, noch einmal klarzustellen, was ohnehin schon offensichtlich ist: Diese Einlassungen werden vom Westen absichtlich verbreitet, um die russische Gesellschaft zu spalten und uns hinsichtlich der bereits abgekarteten Partie gegeneinander auszuspielen.
In der Tat führt das Kiewer Regime geheime Gespräche mit seinen Herren. Im Wesentlichen wird erörtert, wie Kiew seine Kapitulation so gestalten kann, dass sie mehr oder weniger anständig aussieht. Wie kann man der Bevölkerung, die sich sicher ist, dass die ukrainische Armee kurz vor der Einnahme Moskaus steht, verkaufen, dass sie mindestens 20 Prozent ihres Territoriums aufgeben muss. Und was man im Gegenzug dafür zu versprechen hat. Wenn Selenskij den Verlauf dieser Verhandlungen publik macht, wird er von seinen eigenen Leuten in Stücke gerissen werden, sodass sich die hohen vertragschließenden Parteien in die Ecken verkriechen müssen.
Ein alles andere als vorteilhaftes Bild geben auch die amerikanischen Herren in dieser Lage ab. Erst haben sie Kiew in einen sinnlosen Krieg hineingezogen. Und dann, als es Hunderttausende von Quadratkilometern und Menschen verloren hat, haben sie sich unverhohlen zusammengeschlossen. All dies erinnert zu sehr an die Schande in Afghanistan, und so beginnen die "Geheimnisse des Hofes von Madrid" (Anspielung auf den historischen Roman "Isabella, Spaniens verjagte Königin oder Die Geheimnisse des Hofes von Madrid" des deutschen Schriftstellers Karl George Füllborn aus dem Jahr 1870, Anm. d. Red.).
Dagegen liegen in unseren Beziehungen zum Westen die Dinge ganz offen zutage. Sie haben mit atemberaubender Unverfrorenheit die Idee eines weiteren genialen Abkommens geäußert: Die Feindseligkeiten werden an der Frontlinie eingestellt, Russland nimmt sich alle befreiten Gebiete. Aber der Westen wird diese nicht als russisch anerkennen, und die verbleibende Rumpf-Ukraine wird in die NATO aufgenommen.
Das Nachkriegsdeutschland wird als Vorbild hingestellt: Damals erkannten die Amerikaner die DDR nicht an und nahmen die Bundesrepublik Deutschland unter der Bedingung in die NATO auf, dass der nukleare Schutzschirm von Uncle Sam nur für Westdeutschland gilt. Damit umging man die Bedingung des Bündnisses, keine Länder mit ungelösten territorialen Problemen aufzunehmen.
Die Antwort der russischen Seite auf diese Idee war ebenfalls recht offen: Wir haben nichts zu verbergen. Der stellvertretende Außenminister Alexander Gruschko hat gerade in seinem großen Interview festgestellt: "Die NATO hat aufgehört, die Tatsache zu verbergen, dass sie sich auf einen möglichen bewaffneten Zusammenstoß mit Russland vorbereitet." Es wurden regionale Verteidigungspläne verabschiedet und spezifische Aufgaben für alle Militärkommandos der Allianz formuliert. Mögliche Varianten eines militärischen Vorgehens gegen Russland werden ständig ausgearbeitet. Logistische Routen für die Verlegung von Truppen und Waffen über den Atlantik an die "Ostflanke" werden getestet. Dort werden Waffendepots angelegt und Kontingente ausländischer Streitkräfte stationiert. Das Szenario des größten Manövers seit dem Ende des Kalten Krieges, "Steadfast Defender", das vom 22. Januar bis zum 31. Mai stattfand, beinhaltete zum ersten Mal keinen fiktiven Staat, sondern Russland als Gegner.
Unsere Diplomaten halten sich an die traditionelle Etikette, aber wenn wir es auf eine einfache Art und Weise erklären sollen, damit es unsere westlichen Gesprächspartner verstehen: Die NATO bereitet sich darauf vor, gegen uns in den Krieg zu ziehen, was bedeutet, dass die Aufnahme auch nur eines Teils der Ukraine in das Bündnis in keiner Weise infrage kommt. Dies ist die höfliche Absage an den Westen – so sieht die Erklärung des stellvertretenden Ministers aus.
Russland hat seine eigene Vorstellung von der Zukunft nicht nur der Ukraine, sondern auch des Nordatlantischen Bündnisses. Gruschko erwähnte den Vorschlag Moskaus, die NATO auf die Grenzen von 1991 zurückzuführen: "Der Entwurf des Vertrages über Sicherheitsgarantien, der Brüssel im Dezember 2021 übergeben wurde, wurde von der NATO abgelehnt. Ich glaube, dass die denkenden Menschen im Westen dies heute sehr bedauern."
Der Diplomat erinnerte noch einmal an die richtige Position, die das Bündnis hätte einnehmen müssen: "Hätte die NATO an der Oder-Neiße-Grenze Halt gemacht, wie es der sowjetischen Führung versprochen worden war, wäre die einzige Kontaktzone zwischen Russland und dem Militärblock die etwas mehr als hundert Kilometer lange Grenze bei Kirkenes in Norwegen."
Wie wir sehen können, werden die Positionen der beiden Seiten – des Westens und Russlands – ganz konkret und ohne Umschweife dargelegt. Es ist nicht nötig, nach den "Geheimnissen des Hofes von Madrid" zu suchen. Die Allianz will sich nach Osten ausdehnen – und sich dabei alles einverleiben, was von der Ukraine noch übrig ist. Moskau dagegen legt der Allianz nahe, sich nach Hause zu verfügen.
Der Punkt ist, dass Russland einen echten, dauerhaften Frieden braucht, keine Atempause vor einer weiteren Eskalationsrunde. Wir können sehr gut erkennen, dass die Amerikaner nicht vorhaben, die Ukraine aufzugeben. Sie wollen Kiew einen Waffenstillstand aufzwingen, um Geld in die Wirtschaft zu pumpen, die Eliten zu säubern, die vor lauter Diebstahl den Verstand verloren haben, Rüstungsfabriken in Betrieb zu nehmen und die Armee zu trainieren. Die Ukrainer werden nach Hause fahren, und eine neue Truppenreserve wird entstehen. Sie werden mit NATO-Einheiten ihre Kampfausbildung durchlaufen. Und nachdem sie den richtigen Moment abgewartet haben, wird diese revanchistische Bande wieder auf Russland losstürmen.
Moskau tritt für genau das gegenteilige Herangehen ein, was vom russischen Präsidenten mehr als einmal proklamiert wurde. Das Gebiet der ehemaligen ukrainischen SSR sollte bündnisfrei, neutral und so weit wie möglich entmilitarisiert sein. Dort sollte es keine NATO-Truppen in irgendeiner Form geben – weder als Kadaver noch als Vogelscheuchen. Dies würde Russland eine Sicherheitsgarantie geben und gleichzeitig Europa davor bewahren, in den Dritten Weltkrieg hineingezogen zu werden.
Aber Washington phantasiert wie im Fieberwahn einfach weiter von der Idee eines umfassenden Krieges auf europäischem Boden. Es wäre so bequem, seine Konkurrenten auszulöschen und sie gleichzeitig mit seinen Waffen und Krediten zu überschwemmen und sie in exorbitante Schulden zu treiben. Um die Schulden zurückzuzahlen, kann man sich dann die interessantesten europäischen Vermögenswerte aneignen. Und die Hauptsache ist, dass wir nicht selbst in den Krieg ziehen müssen. Europa wird alles tun – sich ausziehen und sich ihnen hingeben, nach dem Prinzip "Weruntschik, mach' schon selbst, schnell!" (Anspielung auf eine Szene im sowjetischen Spielfilm "Ein Bahnhof für Zwei"; Anm. d. Red.)
Deshalb sehen alle westlichen "Friedenspläne", die unter dem Diktat des Weißen Hauses geschrieben werden, wie Vorbereitungen für einen neuen Krieg aus. Nun, solange die andere Seite nicht zur Interaktion bereit ist, wird Russland seinen Ex-Partnern die eigene Vision mit militärischen Mitteln nahebringen.
Die Aufnahme der Überreste der ehemaligen ukrainischen SSR in die NATO ist für alle Mitgliedsstaaten des Bündnisses absolut tödlich. Alexander Gruschko drückte es so aus: "Die euroatlantische Integration der Ukraine wird nicht nur die Überreste der europäischen Sicherheitsarchitektur zerstören, sondern auch das Bündnis selbst unter seinen Trümmern begraben."
"Unter den Trümmern begraben" – das ist ganz ohne diplomatische Umschweife gesagt, sodass es auch den uneinsichtigsten Bürgern klar wird. Noch haben sie die Chance, alles zu begreifen und sich zu verziehen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 9. Oktober 2024 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.
Wiktoria Nikiforowa ist eine Kolumnistin bei RIA Nowosti.
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