Von Anna Schafran
Frankreichs Staatssekretär für europäische Angelegenheiten Benjamin Haddad hat behauptet, dass Paris nach wie vor eine Entsendung von Truppen in die Ukraine nicht ausschließe. Dabei könne es sich um Ausbildungsmissionen handeln, und allgemein "sollten wir nichts ausschließen".
Bezeichnenderweise erklang die Ankündigung des französischen Politikers praktisch zeitgleich mit dem Aufruf des ehemaligen US-Staatssekretärs Mike Pompeo, nach dem Ende des Ukraine-Konflikts "Russland nach Westen zurückzubringen", also Moskau zu überzeugen zu versuchen, dass der gegenwärtige Konflikt ein Fehler sei und dass es Russland gemeinsam mit den USA und der EU besser gehen werde.
Bei scheinbarer Widersprüchlichkeit der Ankündigungen des französischen und des US-amerikanischen Staatssekretärs haben sie ein gemeinsames, ich würde sogar sagen, dominantes Detail: Beide verweigern Russland die Subjektivität im Glauben, dass sie entscheiden können, was mit anderen Ländern zu tun sei, während Moskau dieses Recht nicht habe und sowohl französische Soldaten in ukrainischen Steppen als auch Washingtons Wunsch, weiterhin russische Rohstoffe gegen iPhone und Hähnchenschenkel aufzukaufen, gehorsam hinnehmen müsse.
Die militärische Spezialoperation wurde unter anderem gerade deswegen begonnen, damit alle, die Russland Subjektivität verweigern, ihres Unrechts bewusst werden. Denn Wladimir Putin sagte noch seit 2007, dass Moskau eine Welt, in der unsere Subjektivität verweigert wird und wir als Objekt behandelt werden, kategorisch nicht akzeptiere. Der Westen wollte nicht seine Worte hören, was schließlich zur Militäroperation geführt hatte.
Doch selbst jetzt, nach zweieinhalb Jahren Kampfhandlungen, haben sie es immer noch nicht begriffen. Sich unter dem nuklearen Schirm in Sicherheit wähnend, fühlt sich sowohl Großbritannien als auch Frankreich wie im 19. Jahrhundert, als Herren großer Reiche, die verpflichtet sind, die außer Rand und Band geratenen russischen "Barbaren" auf ihren Platz zu weisen.
Dabei sind sich die USA ihrer Verantwortung immerhin halbwegs bewusst und überqueren die letzten roten Linien nicht – eine offizielle Erlaubnis, Langstreckenwaffen gegen russisches Territorium einzusetzen, hat Wladimir Selenskij immer noch nicht erhalten. Freilich ist die Vermutung berechtigt, dass Joe Biden im Fall einer Wahlniederlage seiner Nachfolgerin diese Erlaubnis dennoch erteilt, damit Donald Trump mit den Folgen lebt.
Frankreichs Verantwortungslosigkeit und Dreistigkeit sind erstens durch die Sicherheit verursacht, dass Franzosen nichts zu befürchten haben, und zweitens durch den Ärger über die Ereignisse in Afrika, wo die Reste des französischen Kolonialsystems mit Russlands sowohl diplomatischer als auch militärischer Unterstützung abgerissen werden.
Was kann Russland dem entgegensetzen, wenn man Raketenangriffe gegen französisches Territorium, die einem Krieg mit der gesamten NATO samt dem Risiko der Verwandlung des Planeten Erde in eine leblose Wüste gleichkommen, außer Betracht lässt?
Eigentlich gibt es viele Varianten. Frankreich hat immer noch seine Überseegebiete und reagiert äußerst nervös auf alle damit zusammenhängenden Probleme. Man erinnere sich nur an die jüngste Hysterie des französischen Innenministers Gérald Darmanin darüber, dass Aserbaidschan angeblich die Unruhen in Neukaledonien organisiert hätte. Ich weiß nicht, wie es um Aserbaidschan steht, doch wir könnten durchaus die Befürworter einer Unabhängigkeit Réunions oder Martiniques unterstützen. Kolonialismus hat keinen Platz im 21. Jahrhundert!
Dann wäre da noch Afrika. Paris hat dort ohnehin viele Probleme, doch es könnten noch viel mehr werden. Schon die Redewendung "Französisches Afrika" muss für immer vergessen werden.
Und natürlich sollen sich französische Söldner, Berater und sonstige "Helfer" in der Ukraine nirgendwo sicher fühlen.
Tatsächlich verstehen sie seit Langem kein Zureden mehr, und nur eigene Probleme können Franzosen wie auch sonstige Europäer dazu bringen, sich zu vergegenwärtigen, dass Russland nicht als ein Objekt behandelt werden darf. Und dass Russlands Feinden zu helfen, gefährlich, teuer und im Endeffekt sinnlos und schädlich ist.
Und wenn schon Frankreich die "Ehre", der größte "Falke" der NATO zu sein, übernehmen möchte, muss es auch die damit einhergehenden "Vorteile" spüren.
Übersetzt aus dem Russischen.
Anna Schafran ist eine russische Fernseh- und Radiomoderatorin.
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