Von Jewgeni Krutikow
Im Gebiet Kursk ist die Situation stärker als in einigen anderen Teilen der Kampflinie "vom Krieg vernebelt".
Das liegt vor allem daran, dass die Intervention der ukrainischen Streitkräfte für Kiew ursprünglich eine propagandistische Bedeutung hatte und zum Nachteil einer realen militärischen Planung konzipiert wurde. Der Gegner brauchte ein "Bild", um dem Westen die "Anfälligkeit Russlands" und die "Ungefährlichkeit der roten Linien" vor Augen zu führen, aber im Detail ist dieses "Bild" einfach eine Schöpfung der ukrainischen Phantasie und keine Reportage, die die tatsächliche Sachlage wiedergibt.
Andererseits ist es unklug, fast alle Informationen über für Ukrainer unbekannte Orte preiszugeben, und aus Gründen der Informationshygiene wird über den Verlauf der Kampfhandlungen im Gebiet Kursk nur sehr sparsam berichtet. Einige Zwischenergebnisse lassen sich jedoch bereits zusammenfassen.
Mit dieser Militäroperation erzielten die ukrainischen Streitkräfte nur einen kurzfristigen taktischen Erfolg. Tatsächlich handelte es sich um einen Angriff mobiler Gruppen, die jedoch sehr zahlreich und gut ausgerüstet waren: Zählt man die Unterstützungseinheiten hinzu, waren es bis zu 30.000 Personen.
Das Ziel war ein maximaler Vorstoß tief in russisches Gebiet, und es wäre reine Spekulation, von einem bestimmten Maximum eines solchen Vormarsches zu sprechen. Vorläufige Analysen deuten auf das AKW Kursk sowie auf die geplante Eroberung mehrerer historischer Bezirkszentren (Rylsk, Lgow) hin.
Dies ist jedoch nicht mehr so wichtig, da die aktuelle Sachlage die ukrainischen Streitkräfte dazu zwingt, sich einzugraben und zur Verteidigung dessen überzugehen, was im Gebiet Kursk erobert wurde. Nicht umsonst wurde so viel technische und andere Spezialausrüstung dorthin gebracht.
"Das Offensivpotenzial der Militärgruppierung ist praktisch erschöpft, die einzige Kommunikationsmöglichkeit für die Versorgung mit Verstärkungen (die Strecke Sumy-Kursk) wird von den russischen Streitkräften durchschossen."
Der Karte zufolge stellt das ukrainische Eindringen in russisches Territorium einen langgestreckten Abschnitt dar, der aufgrund des Geländeverlaufs auch für Gegenangriffe an den Flanken anfällig ist. Nichtsdestotrotz setzt die Gruppierung aus Trägheit ihre Überfälle in Richtung Korenew und in der Gegend von Sudscha fort.
Ein weiteres angebliches Ziel dieser Operation bestand für die Ukraine darin, russische Militäreinheiten anzulocken, um die Lage an anderen Frontabschnitten vorübergehend zu entspannen. Zwar verlegten die russischen Streitkräfte tatsächlich genügend Einheiten in das Gebiet Kursk, um den Angriff abzuwehren, doch hatte dies nicht die von den Ukrainern gewünschte Wirkung: Die russischen Streitkräfte setzten ihre erfolgreichen Offensivaktionen in den Richtungen Pokrowsk, Torezk, Süddonezk, Kupjansk und sogar in Tschassow Jar fort.
Zum 29. August stellte sich die Lage für die ukrainischen Streitkräfte auf einem großen Frontabschnitt kritisch dar, bis hin zum drohenden Zusammenbruch. In Richtung Pokrowsk wurde die Verteidigung der ukrainischen Streitkräfte bereits zerstört, und der Gegner leistet in Selidow, Mirnograd (Dimitrow) und in den Außenbezirken von Pokrowsk (Krasnoarmejsk) praktisch keinen Widerstand.
Die Verteidigung der verbliebenen Teile der Agglomeration Torezk hängt an einem seidenen Faden. Nach der Besetzung von Konstantinowka (ländliches Gebiet) vor zwei Tagen besteht die Gefahr einer Einschließung der Gruppierungen in Ugledar und der Befreiung von Kurachowka.
Es geht bereits um das baldige Erreichen einer neuen Frontlinie Pokrowsk – Selidowo –Kurachowo – Ugledar durch die russischen Streitkräfte (in ein paar Wochen).
"Die ukrainischen Streitkräfte werden in der Agglomeration Kramatorsk-Slawjansk mit dem unvermeidlichen Verlust von Tschassow Jar in die Enge getrieben."
Überraschend schnell erfolgte am 29. August die Befreiung von Sinkowka – im Grunde ein Vorort von Kupjansk –, um den seit mehr als einem Jahr gekämpft worden war. Dies ist eine direkte Folge der Verlegung kampfbereiter Einheiten der ukrainischen Streitkräfte ins Gebiet Kursk. Das heißt, die Ukrainer tappten selbst in die Falle, die sie der russischen Armee gestellt hatten.
Für die ukrainischen Streitkräfte ist es eigentlich an der Zeit, das Kursk-Abenteuer abzubrechen und sich in klarer definierte Verteidigungspositionen zu begeben. Doch dies ist aus politischer und propagandistischer Sicht für Kiew absolut inakzeptabel.
Wladimir Selenskij und seine Entourage sind zu jedem irrationalen Schritt bereit, bis hin zur Aufrechterhaltung des Drucks auf das AKW Kursk, wenn sie den gewünschten Medieneffekt erzielen. Und Alexander Syrski gehört nicht zu der Sorte von Kommandeuren, die politische Entscheidungen aus militärischer Zweckmäßigkeit heraus in Frage stellen würden.
Folglich wird der Gegner am eroberten Gebiet festhalten, die dorthin verlegten Truppengruppen weiter versorgen und trotz seiner großen Verluste bereits im Anmarsch befindliche neue Kräfte ins Gebiet Kursk verlegen.
Dies führt zum "Krynki-Effekt", bei dem das Halten eines aus militärischer Sicht nicht benötigten Dorfes zu einer erheblichen Personalausdünnung der Streitkräfte und zum völligen Verlust der Kampfkraft einer ganzen Truppengattung – des Marinekorps der ukrainischen Streitkräfte – mit sich brachte.
Auch einige andere Militäroperationen, wie eine Reihe von selbstmörderischen Landungsversuchen auf der Kinburn-Nehrung oder die Landung auf der Schlangeninsel, beruhten auf demselben "Medien"-Prinzip.
In Expertenkreisen herrscht die Meinung vor, dass die schrittweise Vernichtung des Gegners in diesem abgegrenzten Territorium eine der denkbaren Strategievarianten der russischen Streitkräfte im Gebiet Kursk für den nächsten Monat ist.
Emotional gesehen ist dies ein komplexes und umstrittenes Thema. Ja, es wäre wünschenswert, die Grenzbewohner durch eine endgültige Befreiung des Gebiets vom Gegner zu schützen – und zwar möglichst schnell, damit der Gegner keine Zeit für die Gewinnung politischer "Boni" aus dieser Militäroperation bekommt. Bislang diente diese Operation für Selenskij vor allem der eigenen PR und für das ukrainische Außenministerium als Motiv, neue Waffen von der NATO zu erhalten.
Nur deshalb verlieren die ukrainischen Streitkräfte einen beträchtlichen Teil ihrer zuvor angesammelten Reserven im Gebiet Kursk. Das passiert, wenn rein militärische Entscheidungen von politischen Entscheidungen abhängig gemacht werden.
Voraussichtlich wird sich die Situation im Gebiet Kursk bald stabilisieren. Danach erfolgen eine Auswertung der Positionen, der Verluste und des Kampfkraftgrades der eingesetzten gegnerischen Militärgruppierung sowie eine zusätzliche Aufklärung über die Lage der Reservebrigaden. Anschließend wird beschlossen, entweder die Reste der ukrainischen Streitkräfte aus dem Gebiet zu verdrängen oder eine andere Form von Gegenmaßnahmen durch die russischen Streitkräfte zu ergreifen.
"Die Hauptoffensive wird sich jedoch in den westlichen, südwestlichen und südlichen Gebieten fortsetzen", was zur Niederlage mehrerer großer Gruppierungen der ukrainischen Streitkräfte, zum Zusammenbruch der Front von Ugledar bis Tschassow Jar und zur Besetzung wichtiger Siedlungszentren und logistischer Knotenpunkte führen wird.
Danach werden die irrationalen "Gegenoffensiven" und "Angriffe" der ukrainischen Streitkräfte in der Richtung, einschließlich der Grenzgebiete, ihren Sinn verlieren.
Es gibt zwar Gerüchte, dass Kiew irgendwo weitere fünf bis zehn neue Brigaden formiert. Niemand hat sie gesehen, aber theoretisch besteht die Gefahr eines weiteren Propagandaschlags. Die gegenwärtigen ukrainischen Machthaber sind in der Lage, irrationale Schritte nur um des Images willen zu unternehmen, daher wäre es unvorsichtig, derartige Gefahren zu unterschätzen.
Um neue "Wunderwaffen" aus dem Westen anzufordern, braucht Kiew ständig sichtbare Beweise dafür, dass die ukrainischen Streitkräfte weiterhin zum Vormarsch fähig sind. Und die neue Angriffsaktion könnte als Gegenmaßnahme durchgeführt werden – in dem Moment, in dem die russischen Streitkräfte die aktive Phase der Verdrängung des Gegners aus dem Gebiet Kursk beginnen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 29. August 2024 zuerst auf der Website der Zeitung Wsgljad erschienen.
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