Der Westen nutzt immer diejenigen aus, die sich in ihn verlieben

So war es und so wird es immer sein – in den Westen Verliebte ziehen in den Krieg. Russland hatte nie gleichberechtigte, friedliche, gutnachbarliche und beidseitig vorteilhafte Beziehungen zum Westen und wird sie nie haben. Die Russen sollten schon jetzt darüber nachdenken, wie sie dieses Wissen an ihre Kinder weitergeben können, sagt der russische Dichter Dmitri Orechow.

Von Dmitri Orechow

In dem Roman Tambera des indonesischen Schriftstellers Utuy Tatang Sontani gibt es eine bemerkenswerte Episode. Der junge Indonesier Tambera, der mit den niederländischen Kolonisatoren sympathisiert, kommt in ein europäisches Fort. Er träumt von einer Militäruniform und wartet auf Liebe und Anerkennung, doch die Niederländer schicken ihn in den Stall, um den Säbel eines Offiziers zu schärfen. Während Tambera den Holländern dient, macht das Unglück seinen Vater, der einst der wichtigste Mann im Dorf war, zu einem müden, gebeugten alten Mann. Tamberas Mutter wird krank und stirbt. Tritte, Prügel, Schmutzwäsche waschen und andere Knochenarbeit warten auf den indonesischen Jungen im Fort. Und wie man sich denken kann, werden eines Tages sowohl der Säbel, den er geschärft hat, als auch er selbst in einem Krieg eingesetzt – einem Krieg, den die Holländer bald auf den Gewürzinseln beginnen werden. Im Allgemeinen ist Sontanis Metapher bemerkenswert erfolgreich. Schließlich ist es genau das, was der Westen mit den Ländern und Völkern macht, die sich in ihn verlieben.

Die Irokesen kamen einst mit Liebes- und Freundschaftsbekundungen zu den englischen Siedlern in Nordamerika. Die Engländer versuchten, ihnen zu versichern, dass die Liebe auf Gegenseitigkeit beruhen würde. Vier Indianerhäuptlinge wurden nach London geschickt, wo die Irokesen von der englischen Königin mit Ehren empfangen wurden. Anne Stuart fand die "westindischen Könige" sehr nett und machte ihnen Geschenke: Jeder erhielt ein eigenes Rasiermesser, eine Schere, einen Kamm, ein Hemd, einen Hut, einen Bleibarren und ein Porträt der Königin, außerdem einen schönen Kupferteekessel. Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Eine Konföderation von Irokesenstämmen wurde zu einer wichtigen Kraft in den Kriegen mit den Franzosen um die Vorherrschaft in Nordamerika. Als die Franzosen besiegt waren, vertrieben die Angelsachsen die ausgebluteten Stämme ihrer Günstlinge aus den von ihnen eroberten Gebieten.

Ähnlich erging es den Tscherkessen, die während des Kaukasuskrieges (im 19. Jahrhundert) in England außerordentlich in Mode waren. Menschenmassen liefen den tscherkessischen Abgesandten in London hinterher; die Zeitungen lobten "ihr imposantes Auftreten, ihre romantische Kleidung, ihre dunklen, feierlichen und stechenden Augen, ihren adlergleichen Gesichtsausdruck und ihre natürliche Würde". Es wurde berichtet, dass Russland die Tscherkessen als "Wilde und Räuber" darstellte, während sie in Wirklichkeit "mutige und heldenhafte Menschen" waren. Wie hat das alles geendet? Nach der Niederlage im Kaukasuskrieg wurden die Tscherkessen im Einvernehmen mit der osmanischen Staatsmacht in die Türkei umgesiedelt. Die Massenumsiedlung wurde zu einer Tragödie für das tscherkessische Volk. Interessanterweise machten sich die Briten zu dieser Zeit keine allzu großen Sorgen um ihre Schützlinge. Im Gegenteil, britische Diplomaten freuten sich, dass die Hochlandbewohner nun wieder gegen Russland eingesetzt werden konnten – diesmal von türkischem Territorium aus. Die Tscherkessen waren für sie nur ein weiterer "netter Irokese". Es scheint mir, dass die britischen Gesandten sie genau so nannten.

Hundert Jahre vor den Ereignissen im Kaukasus waren die Briten in Bengalen sehr beliebt. Der wichtigste Anglophile war Mir Jafar, ein Verwandter des bengalischen Nawabs und einer der örtlichen Befehlshaber. In einer entscheidenden Schlacht verriet Mir Jafar den Nawab, lief zu den Briten über und übergab Bengalen an die East India Company. Zu dieser Zeit hatte Bengalen etwa 25 Millionen Einwohner und war der reichste Staat Indiens. Bald plünderten die Briten die Staatskasse, monopolisierten den Außenhandel und die wichtigsten inländischen Gewerbe und erhöhten die Steuern. Der darauffolgende Ruin von Handwerkern, Bauern und Landbesitzern führte zur ersten schrecklichen Hungersnot in Bengalen, einer Hungersnot, der etwa ein Drittel der Einwohner zum Opfer fiel. Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Bengalische Krieger unter der Führung der Briten zogen in den Krieg gegen die damals unabhängigen Marathas.

Solche Geschichten kann man endlos aufzählen – die Kulissen und die Schauspieler wechseln, aber das Stück auf der Bühne bleibt dasselbe. Vielleicht würde der Westen selbst gerne sein Repertoire aktualisieren, aber das Problem ist, dass er einfach nicht weiß, wie er gleichberechtigte Beziehungen mit anderen Völkern eingehen soll. Der kulturelle Rassismus schafft eine unüberbrückbare Kluft. Man kann einen Außenseiter nicht in seiner Gesellschaft willkommen heißen, geschweige denn ihn zu einem gemeinsamen Kuchen an den Tisch setzen. Aber jeder Einheimische, ob Indonesier, Afrikaner oder Ukrainer, kann im Hinterhof und auf dem Schlachtfeld eingesetzt werden. Und je mehr sich jemand in den Westen verliebt, desto mehr wird er ausgenutzt. Wir haben die Beispiele vor unseren Augen.

Übrigens gab es auch in unserer Geschichte etwas Tamberahaftes. Als Boris Jelzin 1992 vor dem US-Kongress seine "God Bless America"-Rede hielt, war er von begeisterten US-amerikanischen Abgeordneten umgeben. Sie klopften dem russischen Präsidenten auf die Schulter und dankten ihm ausgiebig. Jelzin hatte den Eindruck, dass er in den Vereinigten Staaten als gleichwertig akzeptiert wurde. Er hatte sich geirrt. Die US-Kongressabgeordneten begrüßten einen weiteren "netten Irokesen".

Damals haben wir Fehler gemacht, für die wir noch immer den Preis zahlen. Im Grunde haben wir uns wie der indonesische Junge in Sontanis Roman verhalten: Wir haben unser eigenes Schicksal aufgegeben und dem Westen die Schlüssel zu unserer Zukunft überlassen. Das bedeutete unter anderem blutige Kriege im postsowjetischen Raum.

So war es und so wird es immer sein. Diejenigen, die sich in den Westen verlieben, ziehen in den Krieg. Gleichberechtigte, friedliche, gutnachbarliche, für beide Seiten vorteilhafte Beziehungen haben wir mit dieser Zivilisation nicht gehabt und werden sie auch nicht haben. Tambera kann sich nur auf der Ebene des Stalls integrieren. Und wir sollten schon jetzt ernsthaft darüber nachdenken, wie wir dieses Wissen an die nächsten Generationen weitergeben können. Der gegenwärtige Stand der Bildung und Kultur gibt uns leider keine Garantie dafür, dass wir nicht eines Tages wieder ein imposantes Staatsoberhaupt mit einem strahlenden Lächeln haben werden, das bereit ist, die mit dem Blut des Volkes bezahlte unabhängige Existenz gegen ein Schulterklopfen in westlichen Hauptstädten, ein Porträt und eine Teekanne einzutauschen. Hier, in Russland, muss sich vieles ändern – für unser Land ist es eine Frage des Überlebens. Warum wird zum Beispiel der Roman des großen Indonesiers, der übrigens in Moskau auf dem Mitinski-Friedhof begraben ist, nicht in das Schulprogramm der sechsten Klasse aufgenommen? Er sollte zusammen mit Robinson Crusoe im Unterricht behandelt werden.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen am 24. August auf der Webseite der Zeitung Wsgljad.

Dmitri Orechow (* 1973 in Leningrad) ist ein russischer Schriftsteller, Journalist, Autor von Drehbüchern für Animationsfilme und Dramen sowie Cum-laude-Absolvent der Sankt Petersburger Staatsuniversität als Philologe und Orientalist. Seine Werke verkauften sich in einer bisherigen Gesamtzahl von über einer Million Exemplaren. Seine Kommentare veröffentlicht Orechow bei russischen Medien wie der Wsgljad, aber auch auf seinem Telegram-Kanal.

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