T-Online und China: Behauptete Böswilligkeit als Beweis der eigenen Bösartigkeit

In einem armseligen Stück giftet ein Redakteur von "T-Online" gegen China. Aus dem Text geht regelrechter Hass hervor, und er zeigt deutlich, dass Selbstreflexion bei den meisten deutschen Journalisten schlicht nicht mehr möglich ist.

Von Tom J. Wellbrock

Im deutschen Mainstream bricht ein Damm nach dem anderen. Seriosität und Professionalität sind nebulöse Begriffe, die man in vergilbten Blättern nachlesen kann. Heute haben wir es mit einem feindseligen Text von T-Online zu tun, der auf China schießt. Der oberflächliche Hass des Redakteurs zieht einem regelrecht die Schuhe aus.

T-Online – so viel Zeit muss sein – gehört zum Konzern "Ströer", ein Monopolist in der Außenwerbung, der in Sachen Hetze und Diffamierungen eine gewisse Tradition aufgebaut hat. Wer in der Corona-Episode zu den Kritikern gehörte, wird "Ströer" vermutlich kennen, denn beim Feuern auf kritische Köpfe beauftragte die Bundesregierung gern diesen Giftköder.  

Die Olympischen Spiele von Paris hatten eher wenige, wirklich wundervolle Momente zu bieten. Doch einer von ihnen ging dem Publikum nahe. Nachdem die Chinesin Huang Yaqiong im Badmintondoppel die Goldmedaille gewonnen hatte, überraschte sie ihr Partner mit einem Blumenstrauß und einem Heiratsantrag. Der Mann – ebenfalls Badmintonspieler – kniete vor ihr nieder und hielt um ihre Hand an. Huang Yaqiong nahm den Antrag an, die Halle war von Jubel und Applaus durchflutet. Eine wahrlich rührende Szene.

Aber nein, halt, Moment! Der Redakteur Patrick Dieckmann hatte längst durchschaut, worum es in Wahrheit ging:

"Diese Szene steht sinnbildlich dafür, wie sich chinesische Athletinnen und Athleten nach Xi Jinpings Willen in Frankreich präsentieren sollten. Nicht nur erfolgreich, sondern auch nahbar, emotional und immer mit einer ausgestreckten Hand in Richtung der Sportler anderer Nationen."

Na also! Von wegen rührende Momente, liebevolle Heiratsanträge und menschliche Nähe. Xi Jinping hatte das alles geplant. Denn die Chinesen machen alles aus Berechnung, Kalkül und Böswilligkeit. Freundliche Bilder mit Chinesen und anderen Sportlern? Nicht ohne Befehl von oben:

"Ohne Anordnung würden chinesische Sportlerinnen und Sportler freundschaftliche Bilder mit westlichen Athleten nicht produzieren, denn ihre sportliche Zukunft ist auch immer von der Gunst der chinesischen Führung abhängig."

Die dopen ja eh alle!

Und dann kommt natürlich die Doping-Keule. Zwar hätten sich chinesische Sportler in Sachen Medaillenspiegel auf Augenhöhe mit dem Erzfeind USA befunden. Aber das kann eigentlich nur mit Doping zusammenhängen. Und dass aus China nach den Doping-Vorwürfen auch noch wütende Gegenwehr folgte, zeige ja nur, dass man richtig liege.

Und überhaupt, der Sport. Er erfüllt in China nur eine einzige Funktion:

"Für China ist der Leistungssport ein wichtiges Element seiner 'Soft Power', also eine Möglichkeit, Machtpolitik durch die Beeinflussung anderer Akteure ohne die Verwendung von wirtschaftlichen Anreizen oder militärischer Bedrohungen auszuüben."

Diese Menschenverachtung ist nur schwer zu ertragen, eigentlich überhaupt nicht. Es folgen noch Ausflüge in die chinesische Vergangenheit, die allesamt die Niedertracht des Chinesen an sich unterstreichen sollen.

Patrick Dieckmann äußert sich auch zum Umgang Chinas mit seinen Sportlern:

"Die Ausbildung chinesischer Sportlerinnen und Sportler beginnt im frühen Kindesalter. Sie erwartet harter Drill, Tausende Wiederholungen, Disziplin und ein immenser Leistungsdruck. Daraus resultierte bei vielen chinesischen Olympioniken in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine Verbissenheit und die Einstellung, unbedingt gewinnen zu müssen."

Dazu sei nur kurz angemerkt, dass wir hier vom Prinzip des Leistungssports sprechen. Im Detail mögen sich die Praktiken in verschiedenen Ländern unterscheiden. Doch Leistungssport bedeutet genau das: Harte Arbeit bis zum körperlichen Schmerz und die Aufgabe vieler anderer Dinge, die andere Kinder und Jugendliche haben. Man kann sich vortrefflich darüber streiten, was man von dieser Art des Sports hält, aber es ist die pure Heuchelei, so zu tun, als gebe es Leistungsdruck nur in China. Zudem: Dieckmann und unzählige Zuschauer des Leistungssports wünschen sich immer neue Rekorde, immer schneller, weiter und größer müssen die Leistungen der Sportler sein.

Gelingt das aber einem Chinesen, ist es auch wieder falsch. Erst kürzlich – die Welt berichtete darüber – gewann der chinesische Schwimmer Pan Zhanle Gold über 100 Meter Freistil und düpierte dabei die gesamte Weltspitze. Sofort war wieder von Doping die Rede, ein australischer Schwimmtrainer wird mit folgenden Worten zitiert:

"Hört zu, ich will ehrlich sein. Ich bin wütend über diese Schwimmleistung (…) Das ist nicht real, man schlägt diese Jungs – Kyle Chalmers, David Popovici, Jack Alexy – nicht um eine ganze Körperlänge in 100 Metern Freistil. Das ist menschlich nicht möglich."

Also kann es nur Doping sein. Bei jedem anderen Sportler wären die Medien und die Sportwelt vor Freude an die Decke gegangen und hätten von historischer Leistung oder einem Wunder gesprochen. Aber bei einem Chinesen? Wo kämen wir da hin!

Doch dem Schmierfink von T-Online geht es ohnehin um etwas anderes.

Die Unmöglichkeit sympathischer Chinesen

Wie ist es möglich, dass eine chinesische Sportlerin ein Selfie mit zwei Sportlerinnen aus Indonesien und (sogar!) Südkorea macht? Für Dieckmann gehört das alles zum Plan:

"Die chinesische Strategie in Paris dokumentierte nun eine gewisse Kurskorrektur. Chinesische Athletinnen und Athleten sollten offenbar nicht nur erfolgreich sein, sondern auch sympathisch. Dass es in Paris auch um eine Charmeoffensive ging, wird in zahlreichen Artikeln der chinesischen Staatsmedien deutlich. Die 'China Daily' schrieb etwa: 'Bei den Olympischen Spielen in Paris kam es zu wunderbaren Bekundungen von Freundschaft und Kameradschaft.' Das ist mit Blick auf die gegenwärtigen Spannungen zwischen China und dem Westen durchaus bemerkenswert."

An dieser Stelle entlarvt sich Dieckmann endgültig selbst. Er kann, er will nicht verstehen, dass Sport – und insbesondere die olympische Idee – genau das erreichen will: Freundschaft, Kameradschaft, Selfies von Sportlern aus Ländern, die in der Politik nicht viel oder nichts voneinander wissen wollen. Es ist ein Armutszeugnis.

Verkommener Journalismus

Es ist nicht neu und war schon bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland zu sehen: Der deutsche Mainstream ist auf ein Niveau herabgesunken, an dem es schlimm riecht und schlammig wirkt. Selbst bei der Berichterstattung beim Sport wird gegen vermeintlich feindliche Länder gehetzt und gestichelt.

Der deutsche Journalismus ist an seinem Ende angekommen. Er ist der verlängerte Arm der politischen Propaganda, schreibt willfährig auf, was ihm diktiert wird, vermutlich ist ein solches Diktat nicht einmal mehr notwendig. Die Hässlichkeit und Gefährlichkeit des deutschen Journalismus beginnt beim Sport und endet bei der Geopolitik. Dabei werden die Gefahren durch unverantwortliche Arbeit ignoriert oder durch entsprechende Medienstücke bewusst in die Höhe getrieben.

Es ist heute so, wie es immer schon war: Die schrecklichsten Kriege waren nie möglich ohne die tatkräftige Unterstützung der Massenmedien. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass zahlreiche Journalisten in Deutschland Mittäter des Krieges sind, und selbst die Bezeichnung Mitmörder ist nicht übertrieben. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, kommt zu diesem Umstand auch noch erschwerend hinzu, dass nicht einmal das Attribut der Fahrlässigkeit zulässig ist. Die deutschen Massenmedien handeln mit Vorsatz.

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.

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