Von Hans-Ueli Läppli
In den letzten Jahren haben die deutschen Automobilhersteller zunehmend Schwierigkeiten, mit der rasanten Entwicklung in der chinesischen Automobilbranche Schritt zu halten. Während China seine Industrie dynamisch vorantreibt, kämpfen die deutschen Unternehmen, insbesondere Volkswagen, nicht nur mit den Nachwirkungen der Pandemie, sondern auch mit den US-Sanktionen gegen Russland, die ihre Wettbewerbsbedingungen weiter verschärft haben.
Die US-Sanktionen haben sich als erheblicher Belastungsfaktor für die deutsche Automobilindustrie erwiesen. Berichten zufolge haben sie die Handelsbeziehungen und Produktionsketten deutscher Unternehmen gestört, besonders jene mit engen Verbindungen zu Russland.
Laut Handelsblatt und Deutschlandfunk haben diese Maßnahmen deutsche Firmen stark getroffen, während US-Unternehmen relativ weniger betroffen oder sogar begünstigt wurden.
Ein besonders herausragendes Beispiel für die Fortschritte in China ist der Automobilhersteller BYD, der für die Entwicklung eines neuen Elektrofahrzeugs nur etwa 18 Monate benötigt, während Volkswagen dafür etwa 36 Monate einplant.
Diese rasante Entwicklungsgeschwindigkeit stellt eine erhebliche Herausforderung für die deutschen Hersteller dar, die in Sachen Innovation zunehmend ins Hintertreffen geraten.
Die spezifischen Verbraucheransprüche in China, die eine direkte und schnelle Anpassung der Modelle vor Ort erfordern, stellen die deutschen Hersteller vor große Schwierigkeiten. Die Differenz in der Anpassungsfähigkeit führt dazu, dass sie ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren, besonders auf dem für sie wichtigen chinesischen Markt.
In Europa haben chinesische Hersteller zwar noch mit der starken Präferenz der Verbraucher für deutsche Qualität zu kämpfen, doch die Innovationskraft und das schnelle Wachstum der chinesischen Unternehmen sind entscheidende Faktoren im globalen Wettbewerb.
Volkswagen, Deutschlands größter Automobilhersteller, hat kürzlich einen Gewinnrückgang von 4,2 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro verzeichnet. Um gegenzusteuern, plant VW drastische Maßnahmen wie die Reduzierung der Produktion in den deutschen Werken, darunter Ingolstadt, Emden und Zwickau.
Besonders betroffen sind die teuren Nachtschichten, die zur Senkung der hohen Produktionskosten abgeschafft werden sollen.
Diese Probleme spiegeln sich auch bei anderen großen deutschen Herstellern wider: Mercedes-Benz verzeichnete im zweiten Quartal einen Umsatzrückgang um knapp 4 Prozent auf 36,7 Milliarden Euro und einen Einbruch des Gewinns vor Zinsen und Steuern um fast 20 Prozent auf etwas über 4 Milliarden Euro.
BMW sah sich ebenfalls einem Rückgang gegenüber: Der Konzernumsatz fiel um 0,7 Prozent auf 36,9 Milliarden Euro, während das Ergebnis vor Zinsen und Steuern um fast 11 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro sank. Ein Hauptproblem dieser Unternehmen ist die sinkende Nachfrage auf dem chinesischen Markt, die trotz großer Investitionen und einer erweiterten Modellpalette hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Die Stimmung in der deutschen Automobilindustrie ist angespannt. Laut einer aktuellen Umfrage des Münchener Ifo-Instituts sank der Indikator für das Geschäftsklima im Juli auf minus 18,3 Punkte, nach minus 9,5 Punkten im Juni. Fast jedes zweite Unternehmen klagt über fehlende Aufträge, und die Exporterwartungen haben sich stark verschlechtert.
Zusätzlich zu den Marktherausforderungen stehen die deutschen Automobilhersteller vor geopolitischen und wirtschaftlichen Hürden. Der Handel funktioniert nicht mehr nach den traditionellen Regeln; stattdessen nutzen Länder ihre wirtschaftlichen und rohstofflichen Ressourcen als Druckmittel.
China, das beispielsweise die Verarbeitung von Lithium – einem entscheidenden Material für digitale Technik und Elektromobilität – dominiert, stellt Europa vor die Herausforderung, alternative Bezugsquellen zu sichern und sich unabhängiger zu machen.
Angesichts dieser komplexen Herausforderungen bedarf es einer umfassenden Strategie, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie zu sichern und den Standort Deutschland zu stärken.
Kurzfristige Kostensenkungen allein werden nicht ausreichen
Langfristige Investitionen in Technologie, Innovation und nachhaltige Produktionsprozesse sind essenziell, um gestärkt aus der aktuellen Krise hervorzugehen. Die geopolitischen Spannungen erfordern zudem eine enge Zusammenarbeit zwischen Europa und anderen westlichen Staaten.
Es ist entscheidend, nicht nur fairen Handel zu betreiben, sondern auch resilient gegenüber den wirtschaftlichen und politischen Druckmitteln der großen Rohstoffproduzenten zu werden. Innovative Handelsstrategien und internationale Zusammenarbeit sind notwendig, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die deutschen Automobilhersteller aktuell vor erheblichen Herausforderungen stehen, insbesondere durch die starke Konkurrenz aus China und die Auswirkungen der US-Sanktionen gegen Russland. Diese Sanktionen haben die Handelsbedingungen stark beeinträchtigt und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie erheblich geschwächt.
Ob die deutschen Hersteller diesen Druck erfolgreich bewältigen können, hängt sowohl von ihren eigenen Investitionen und Anpassungsstrategien als auch von der Unterstützung durch die Politik ab. Die USA, die die Russland-Sanktionen initiiert haben, haben durch ihre eigene Erfahrung mit Krisen in der Automobilindustrie – wie etwa der umfassenden Umstrukturierung von General Motors in den 2000er Jahren – gezeigt, wie schnell eine Branche ins Straucheln geraten kann.
Während sich General Motors aus einer schweren Krise befreien konnte – eine Rettung, die den Steuerzahlern zehn Milliarden Dollar kostete – sind die deutschen Unternehmen naiv den US-Vorgaben gefolgt und haben dabei die langfristigen Konsequenzen übersehen.
Heute sehen sich deutsche Hersteller einer übermächtigen Konkurrenz gegenüber: Chinesische Unternehmen wie BYD und US-Firmen wie Tesla haben sich erheblich entwickelt und überholen ihre deutschen Wettbewerber auf dem internationalen Automarkt, insbesondere im Bereich der Elektromobilität.
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