Von Pjotr Akopow
Wir müssen uns auf einen Krieg in drei Jahren vorbereiten – denn egal wie der Konflikt in der Ukraine ausgeht, der Westen wird ein Problem mit Russland haben: Die Russen werden sich rächen wollen. Wenn der oberste britische Militäroffizier, Generalstabschef Roland Walker, solche Aussagen macht, ist das an sich schon aufschlussreich. Aber wenn am nächsten Tag General Christopher Cavoli, der Befehlshaber der amerikanischen Streitkräfte in Europa, praktisch das Gleiche sagt, wird es zu einem Trend: "Wir dürfen keine Illusionen nähren. Am Ende des Konflikts in der Ukraine, egal wie er ausgeht, werden wir ein sehr, sehr großes russisches Problem haben. Wir werden eine Situation haben, in der Russland seine Macht wiedererlangt hat, die Grenzen der NATO erreicht hat, angeführt von fast denselben Leuten, die wir jetzt haben, und sie werden überzeugt sein, dass wir der Feind sind, und sehr, sehr wütend."
Dass dies kein Zufall ist, bestätigt auch die Warnung des obersten deutschen Militärs, des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Carsten Breuer: In fünf bis acht Jahren werden die russischen Streitkräfte mit Material und Personal ausgestattet sein, das eine Offensive gegen die NATO ermöglicht, und deshalb ist es notwendig, sich auf einen russischen Angriff auf die Länder des nordatlantischen Bündnisses in den nächsten fünf Jahren vorzubereiten.
Ja, Politiker und Generäle im Westen sprechen schon seit zwei Jahren davon, dass Russland die NATO angreifen könnte – dies ist eines der wichtigsten Argumente für die Notwendigkeit einer militärischen Unterstützung der Ukraine und den Wunsch, einen russischen Sieg zu verhindern. Aber jetzt gibt es eine sehr wichtige Änderung in der Rhetorik – es wird nicht mehr von einem fernen Zeitrahmen für einen russischen Angriff gesprochen, sondern von drei Jahren. Und es wird präzisiert, dass dies unabhängig vom Ausgang des Kampfes um die Ukraine geschehen könnte – das heißt, es stellt sich heraus, dass Moskau in jedem Fall angreifen wird. In seiner ersten Erklärung seit seinem Amtsantritt sagte General Walker, dass "es egal ist, wie es ausgeht. Ich denke, Russland wird aus diesem Krieg wahrscheinlich schwächer hervorgehen, objektiv oder absolut, aber es wird immer noch sehr gefährlich sein und eine Form der Rache für das suchen, was wir mit unserer Hilfe für die Ukraine getan haben."
Es ist klar, dass der britische General mehr Geld braucht, um die Armee zu stärken – er will deren Gefechtsfähigkeit bis 2027 verdoppeln und bis zum Ende des Jahrzehnts verdreifachen. Es ist klar, dass er nicht nur Russland einzuschüchtern versucht, sondern die gesamte "Achse des Umbruchs" (China strebt die Kontrolle über Taiwan an und Iran will Atomwaffen entwickeln), innerhalb derer Russland, China, Iran und die DVRK [Demokratische Volksrepublik Korea, Nordkorea; Anm. d. Red.] "gegenseitige Geschäftsbeziehungen aufgebaut und Waffen und Technologie ausgetauscht" haben. All dies ist verständlich – ebenso wie die Tatsache, dass Walker nicht formell von der Anzettelung eines Krieges spricht, sondern dass dieser nicht unmittelbar bevorsteht und die Armee "ausreichend Zeit" hat, sich vorzubereiten und einen Konflikt zu vermeiden ...
Aber unterm Strich will der General, dass die Royal Army ihre Kampffähigkeit bis zum Ende des Jahrzehnts verdreifacht, das heißt, es handelt sich um ein echtes Wettrüsten, dessen Hauptbegründung darin besteht, auf die "russische Bedrohung" zu reagieren. Die Tatsache, dass Russland die NATO nicht bedroht und sie auch nicht angreifen wird, ist für niemanden von Belang – wenn die Atlantiker sagen, dass es angreifen will, dann tut es das auch. Schließlich hat es die Ukraine angegriffen, die in die NATO aufgenommen werden wollte und aufgenommen werden sollte. Also wird es in naher Zukunft die NATO selbst angreifen. Und zwar unabhängig davon, wie der Krieg in der Ukraine ausgeht.
Und das ist die wichtigste Wendung des Themas, denn früher wurden die Akzente ganz anders gesetzt. Der Westen musste die Niederlage der Ukraine verhindern – sonst würde er das nächste Objekt eines russischen Angriffs werden. Das haben die Atlantiker gesagt, oder? Und jetzt stellt sich heraus, dass Russland so oder so eine Bedrohung sein wird – wie Cavoli sagte, werden wir, egal wie es ausgeht, ein sehr großes russisches Problem haben. Walker vertritt denselben Standpunkt – egal wie es ausgeht, die Russen werden sich am Westen rächen.
Doch was bedeutet das? Wir haben es hier mit einer Kombination des Unvereinbaren zu tun: Der Westen will immer noch keinen direkten Konflikt mit Russland (die Gefahr eines Atomkriegs gefällt niemandem), ist aber noch nicht bereit, den Kampf um die Ukraine aufzugeben. Er weiß jedoch bereits sehr genau, dass von Grenzen keine Rede sein kann, weder von denen von 1991, noch nicht einmal von denen vom Februar 2022 – selbst die derzeitige Frontlinie wird nicht halten können, sodass der Westen sehr bald damit beginnen wird, Kiew öffentlich zum Frieden zu zwingen. Aber damit es für die Atlantiker selbst nicht nach Gesichtsverlust aussieht, wird die These von der Notwendigkeit, Russland an den fernen Grenzen einzudämmen und die Rüstungsproduktion, die Verteidigungsausgaben und die Zahl der Armeen weiter zu erhöhen, intensiv propagiert werden. Sehen Sie, die Russen wurden am Dnjepr aufgehalten, nicht an der Donau oder der Oder – aber wir sind nicht naiv, wir bauen unsere militärische Macht weiter aus, um eine Invasion in Europa abzuwenden.
Doch die Realität sieht ganz anders aus: Nicht die Russen sind in Europa eingefallen, sondern der Westen hat versucht, sich einen Teil der russischen Welt einzuverleiben. Und er versucht es noch immer – indem er die Tragödie der Spaltung eines geeinten Volkes und eines geeinten Landes für seine eigenen Interessen nutzt. Aber die Russen werden ihre Einheit ohnehin wiederherstellen – und was passiert dann? Wie Walker sagte: "Das Entscheidende ist, dass sie gerade dann, wenn man denkt, dass sie besiegt sind, rachsüchtig zurückkommen." Die Russen sind wirklich kein rachsüchtiges Volk, aber wir haben mit den Angelsachsen noch eine große Rechnung offen, selbst wenn wir nur die Fälle ihrer direkten Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten betrachten. Und wir sollten nicht dazu gezwungen werden, ihnen die Rechnung zur Bezahlung zu präsentieren.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 25. Juli 2024 bei RIA Nowosti erschienen.
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