Eine Lesermeinung von Mikhail Balzer
Am heutigen Morgen geschah das Ungewöhnliche: Unser Balkonist kochte wie immer seinen Frühstückskaffee. Allerdings war er diesmal ganz allein in der Küche, denn Kater Murr III schlief noch auf dem Balkonsessel. Dass seine Frau kein Frühaufsteher war, daran hatte sich Michael nun in den vielen Jahren gewöhnt, aber dass der Kater frühmorgens nicht um seine Beine schnurrte und laut miauend um sein Katzenfutter bat, war doch ungewöhnlich. "Ist er krank, oder wird er schon alt?", dachte unser Balkonist.
Unwillkürlich musste er dabei an den vormaligen Nachbarskater denken, mit dem sich Murr auf einem seiner seltenen Spaziergänge im Treppenhaus stets gestritten hatte. Dieser sehr dicke und träge, braun gescheckte Kater verteidigte zwar lediglich die Fußmatte vor der Wohnungstüre, aber dies umso vehementer, vor allem wenn er aus seinem valiumgleichen Schlaf gerissen wurde. Der Name war bezeichnenderweise Ben Joseph, und "sleepy" war er auch wie sein berühmterer Namensgeber, der Präsident eines nicht mehr ganz so hegemonen Staates.
Seine allzu früh verwitwete Katzenmama, auch nicht gerade schlank, liebte nämlich alles Amerikanische, besonders diesen Kater und dicke fetttriefende amerikanische Pizza – ansonsten war sie aber eigentlich recht umgänglich und nett. Nun ja, und irgendwann war dieser Ben Joseph krank geworden. Alsbald musste er dann zurücktreten und zog es vor, in Rente zu gehen. Was bedeutete, dass er den Platz vor der Türe nicht mehr verteidigen konnte, woraufhin sich Murr III in seiner sarkastischen Art als Sieger fühlte, um stolz auf besagte Fußmatte zu pinkeln.
So geschehen zumindest laut Michaels Frau Gertrud, die der Szene beiwohnen durfte und diese mit den Worten "Bye bye, Ben … sleep a bit longer, Joe" kommentiert hatte. Noch eine gewisse Zeit lang hörte man die nun heiser mautzende Katerstimme gelegentlich aus der Wohnung, oftmals gefolgt von einer schimpfenden Frauenstimme, vermutlich weil er irgendeinen altersschwachen Unfug angestellt hatte. Und irgendwann war er dann "ausgetauscht worden", als überraschend für alle Hausbewohner, eine junge, durchtrainierte, elegante, aber recht eingebildete dunkelbraune Katze sich im Treppenhaus präsentierte …
"Mein Gott, diese Geschichte mit Sleepy Fat Ben Joe hatte ich fast vergessen", dachte unser Balkonist etwas irritiert. Sie lag wohl etwa zwei, drei Jahre zurück, aber die neue und immer noch arrogante Katze wohnte nun weiterhin bei der Nachbarin.
"Interessant ist es, dass mir gerade jetzt diese Geschichte mit dem Namensvetter von "Sleepy old Joe" einfällt!" Gestern noch hatte er in einem Anflug von Alltagszynismus mit seiner Frau gewettet, wie lange noch der nicht erst seit gestern altersschwach wirkende amerikanische Präsident peinliche Fantasiegeschichten um längst verstorbene Politiker oder offensichtliche Gedächtnislücken vor laufender Kamera zum Besten geben würde. Auch tauchte die Frage auf, welche Strategie die Überkatzenmama namens "Demokratische Partei" einschlagen würde.
Zur nämlichen Strategie entwickelte unser Balkonist nun eine eigentümliche Variante, inspiriert durch die bisweilen wundersam-märchenhaften Meldungen der qualitätsgesicherten deutschen Fernsehnachrichten, denen der sponsernde Zuschauer beiwohnen darf, dabei sogar mit "best governance" umhütet in der ersten Reihe sitzend. Das Problem war schließlich, dass der Präsident offenbar gar nicht daran dachte, seine erneute Bewerbung um das höchstdekorierte Amt zurückzuziehen: womöglich infolge einer... nun ja, sagen wir mal... aufgrund einer gewissen geringen Schwäche der Selbstkritikfähigkeit.
Also einer Eigenschaft, welche allerdings auch zu früheren und besseren Zeiten nur rudimentär ausgebildet zu sein schien. Michaels Ehefrau sprach bei solchen Dingen immer davon, dass "gewisse hochstehende Leute", wie beispielsweise auch vegane Bauernminister, 360-Grad hüpfende und turnende Weltverbesserer*Innen oder Gesundheitsklabautermänner eben keine Spiegel zu Hause hätten, weil ihnen die besten Visagisten in Form einer stets Applaus gebenden Presse zur Verfügung stünden. So könne einem doch schon mal die Selbstkritik abhandenkommen. So viel zu Gertruds hauspsychologischer Analyse.
Jedoch hatte der amerikanische Joseph wohl eingeräumt (oder wurde es ihm bereits geschickt vorverdaut via Teleprompter und "sprechendem Knopf im Ohr" einsuggeriert ?) : "Wenn eine Krankheit auftauchen würde", dann könne er vielleicht doch nicht kandidieren...
Da lag also der Hund begraben! Wie konnte unser Balkonist nur anfangs so naiv sein und den Sinn dieser scheinbar beiläufigen Meldung, dass der Präsident sich mit dem bekanntermaßen hochgefährlichen Citrona*Virus infiziert hätte, übersehen. Es war ja lediglich von einer Infektion die Rede, nicht von einer manifesten Erkrankung mit Symptomen – aber das alles ist in Anbetracht der ständigen Mutationen und Infektiosität dieses ach-so-hochgefährlichen Erregers völlig nachrangig!
Nachrangig vielleicht nicht für die Reste einer noch verbliebenen objektiven Wissenschaft, aber doch zumindest für die große Expertenschar aus Mainstream-Journalismus, Fernsehen, Politprominenz, … und eben auch für die hintergründige "tiefe Puppenspielertruppe". Allseits bekannt war ja auch, dass selbst nach wenig schweren Citrona*Infektionen im Nachgang quasi eine noch viel schrecklichere chronische Erkrankung auftreten könne, nämlich die "post*Citrona Metamorphose". Diese, und selbstverständlich nicht die im rapid-Modus hergestellten HighGenTech Pimp*stoffe, verursachten bekanntlich eine heimtückische Spätfolge.
Nur ein gehässiger Eulenspiegel könnte vielleicht auf die Idee verfallen, dass eben besagter Senior die Prophylaxen schon überreichlich erhalten hätte: getreu dem steinzeitlichen Motto "viel hilft viel" – eben im besten prä-/ postwissenschaftlich geprägten magisch-mythischen Denken.
Nun, wie dem auch sei, so skizzierte unser Balkonist das "Ausstiegsszenario" wie folgt: kurz nach der Mitteilung, dass eine Infektion mit Citrona erfolgt wäre, würden sich bereits merkwürdige Geschmacksstörungen ausbilden, dass heißt, er verspürte nur noch sauren Zitronengeschmack allerorten, sogar im süßen Cappuccino. Dies, so werden wir sodann von telegenen Experten und Feierabend-Wirrologen aufgeklärt, sei schon ein untrügliches Zeichen einer post*Citrona Metamorphose, die dann eine unerklärliche Müdigkeit bis hin zur "Schlafkrankheit" und weiteren "neurologische Störungen" verursachen würde.
Da die, wenn überhaupt eintretende Rekonvaleszenz Monate bis Jahre benötige (selbst bei Einsatz der modernsten HighGenTech Medikamente), könne man dem zu Bedauernden beim besten Willen nicht empfehlen, in den schweren Wahlkampf zu ziehen. Er solle sich nun ganz auf seine Genesung konzentrieren (vermittels Teleprompter und "Knopf im Ohr" versteht sich) und vor allem ausruhen! Von da an würde es nur noch ganz kurze Videosentenzen aus dem "Krankenlager" geben beziehungsweise würden Andere nun ganz offiziell stellvertretend für ihn sprechen. Zudem könne man sich gut vorstellen, dass Kamelhaar Herriß, eine demokratische Vertreterin mit besonderem Ehrgeiz, schon in den Startlöchern positioniert worden sei.
(Hierzu mag ein gehässiger Eulenspiegel noch anfügen: "Die tiefe Puppenspielertruppe lässt bei dieser Inszenierung freundlich grüßen, denn sie bereitet ein weiteres Narrativ vor. Quasi nebenbei verdienen mit dem kostenfreien Marketing auch die verarmten Freunde von BigPharmTech kräftig mit. Im Gefolge wird nämlich selbst die unbedarfteste Mitbürger*in verstehen, wie brandgefährlich diese Citrona*Infektionen und auch andere heimtückische neue Viren sein können. Kaum jemand wird sich dann noch der "best governance", also der Nanni aus milliardenschweren Pimpf*Allianzen und der weltbesten Gesundungsorganisation, entziehen können. Die anrührende Story um "Bye bye Ben Joseph" wird sodann in den folgenden Monaten umgeschrieben, dass nun feststehe, dass sich nur aufgrund einer schon über Monate unerkannt verlaufenen post*Citrona Metamorphose die besagten Gedächtnisirritationen ausgebildet hätten...")
"Bah pfui!", denkt unser Balkonist. "Dieser törichte Eulenspiegel soll nun besser schweigen und nicht immer weitere Verschwägerungs*Theoreme auftischen! Schließlich leben wir in der berühmten besten aller Voltaire'schen Welten!" Bei diesen Gedanken tauchte nun auch ein bestens ausgeschlafener und energiegeladener Kater Murr III wie ein Phoenix aus der fantastischen Asche auf...
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