Attentat auf Trump: Es hätte überrascht, wenn es keins gegeben hätte

Joe Biden braucht kein Attentat zu fürchten, er ist sich selbst das Attentat. Dagegen war zu erwarten, dass früher oder später Schüsse auf Donald Trump fallen werden. Es ist eine alte "demokratische" Tradition in den USA, heute so degradiert wie das ganze Land.

Von Oleg Jassinski

Ich habe oft geschrieben, dass ich weder für die eine noch für die andere Seite des US-amerikanischen Bruderzwistes, des inzestuösen Kampfes um einen Alterssitz im Weißen Haus, persönliche oder politische Sympathien hege. Beide Seiten repräsentieren mit nur geringen Nuancen eine uns und der gesamten Menschheit zutiefst feindlich gesinnte Kraft. Die Kraft, die ihr imperialistisches Heimatland "wieder groß machen" will, indem sie dessen angeschlagene Weltherrschaft festigt.

Je heftiger sie untereinander streiten, desto besser für uns.

Es wäre überraschend, wenn es keinen Anschlag auf Trumps Leben gegeben hätte. Nur bei Biden brauchen wir uns in dieser Hinsicht keine Sorgen zu machen, er ist selbst das permanente Attentat auf seine eigene Kandidatur.

Die USA bleiben ihrer geliebten "demokratischen" Tradition treu, nur dass es heute nicht mehr nötig ist, das magere Budget der Sonderdienste für die Ausbildung von Superagenten zu strapazieren. Es reicht vollkommen aus, den freien Verkauf von Waffen aufrechtzuerhalten und die Zahl der aggressiven, psychisch instabilen Lumpen auf den Straßen hochzuhalten, womit das verkommene mediale System perfekt zurechtkommt.

Die Dekadenz des Systems zeigt sich in allen Bereichen. Das von Jahr zu Jahr sinkende intellektuelle Niveau der Wahlbewerber ist nicht auf einen "Personalmangel im Establishment" zurückzuführen, sondern spiegelt den Wunsch der Masse der Wähler nach einem Politiker wider, der ihm intellektuell ebenbürtig und verständlich ist. Wie nahe er dabei dem System steht, spielt für den Durchschnittswähler keine Rolle. Franklin Delano Roosevelts oder Kennedys Reden würde der heutige Wähler einfach nicht verstehen und wäre beleidigt.

Damit Biden im November noch mit Trump gleichziehen kann, müssten seine Image-Macher den Wählern vorschlagen, auch auf ihn ein paar Schüsse abzugeben. Und da die Sicherheitsdienste völlig überfordert sind, sollten sie den Kandidaten zumindest raten, während ihrer Reden vor den Wählern keine Sekunde stillzustehen und kugelsichere Kopfhörer zu tragen.

Aber nehmen wir uns ein Beispiel an den USA und mischen uns nicht in die inneren Angelegenheiten eines unabhängigen Landes ein.

Wenn das Attentat echt war, dann überrascht an ihm nur eines: das Ausmaß der Unfähigkeit der Sicherheitsdienste. Selbst der mutmaßliche Attentäter (der Zeit hatte, auf das Dach zu kriechen und sorgfältig zu zielen) wurde nicht von ihnen, sondern von der Polizei erschossen. Kommt man da umhin, sich die verwegene Frage zu stellen, in welch "zuverlässigen Händen" sich die US-Atomwaffenarsenale befinden?

Oleg Jassinski (englische Transliteration: Yasinsky), ein aus der Ukraine stammender Journalist, lebt überwiegend in Chile und schreibt für RT Español sowie unabhängige lateinamerikanische Medien wie Pressenza.com und Desinformemonos.org. Man kann ihm auch auf seinem Telegram-Kanal folgen.

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