Freilassung von Assange: Geht es "nur" um die US-Wahl oder hat das Imperium perfidere Pläne?

Auf die Freilassung des WikiLeaks-Gründers Julian Assange haben wir alle lange gewartet und kaum mehr zu hoffen gewagt. Jetzt kommt sie doch so plötzlich, dass man nicht umhin kommt, sich zu fragen, was das US-Imperium damit bezweckt.

Von Oleg Jassinski

Die lange erhoffte und schon lange kaum noch erwartete Freilassung von Julian Assange gleicht dem sprichwörtlichen Löffel Honig im Fass der herben Nachrichten der letzten Zeit. Assange ist frei – oder zumindest fast frei. Alle Menschen guten, ehrlichen Willens auf der Welt – egal über welche anderen Dinge sie sich sonst streiten – freuen sich aufrichtig über diese Nachricht. Es ist ein großer Sieg für unsere gemeinsame Hoffnung – in einer Situation, in der viele glaubten, es gäbe nichts mehr zu hoffen.

Vor seiner Inhaftierung haben Assange und das Team bei dem von ihm gegründeten WikiLeaks einen echten Wandel in der Welt herbeigeführt und mit ihren Enthüllungen sogar viele Leben gerettet. Ich denke, in diesem Sinne waren sie weitaus effektiver als die UNO und eine Vielzahl anderer internationaler bürokratischer Organisationen zusammen. Auch ich freue mich für Assange und seine Angehörigen.

Aber da ich die Natur des Systems kenne, dem Assange einst so viel Angst einjagte, dass es ihn – sogar aller propagandistischen Nachteile zum Trotz – so viele Jahre lang als Geisel hielt, muss ich mich noch stärker auf das fokussieren, was wohl als nächstes kommen mag.

Es ist klar, dass die US-Regierung unter der Demokratischen Partei mit der Freilassung eines eigentlich noch relativ jungen Mannes, der inzwischen durch die Haftbedingungen zu einem kranken und alten Mann geworden ist, eine Trumpfkarte auf der Jagd nach Stimmen der "fortschrittlichen Öffentlichkeit" bei den kommenden Präsidentschaftswahlen ausspielen will. Der Feind der Menschheit, der im Rekordtempo tatsächlich unsere Zerstörung vorantreibt, zieht sich eine eilig genähte Maske der Großzügigkeit und des Edelmuts über seine hässliche Fratze. Und zwar natürlich nur im Austausch gegen das Geständnis von Assange für ein Verbrechen, das er in Wahrheit niemals begangen hatte. Das ist zumindest der sichtbare Teil des Eisbergs. Aber ist das auch alles, beschränkt sich ihr Plan wirklich darauf?

Oder gibt es womöglich noch ein anderes Projekt, bei dem Assange – oder das, was von ihm übrig ist – in einem weitaus ruchloseren Spiel von einer Seite im aktuellen globalen Konflikt eingesetzt wird? Der Mann war viele Jahre buchstäblich aus der Welt, er war lange von Nachrichten weitgehend abgeschnitten. Im Dienste des Systems stehen auch "beste" Psychologen, und die Möglichkeiten der Beeinflussung des menschlichen Gehirns mit Pharmaka sind enorm.

Wird Assange wirklich eine Chance bekommen, sich zu erholen und sich in die Privatsphäre zurückzuziehen, die ihm so lange vorenthalten wurde? Oder hat das System heute noch ganz andere Pläne mit ihm?

Man sehe mir bitte nach, dass ich nicht ganz blauäugig nur an den Löffel Honig glaube, sondern darin gleich noch nach Teer und Gülle fahnde. Die Lehren aus manchen jüngsten Ereignissen lassen wenig Raum für eine andere Logik.

Oleg Jassinski (englische Transliteration: Yasinsky), ein aus der Ukraine stammender Journalist, lebt überwiegend in Chile und schreibt für RT Español sowie unabhängige lateinamerikanische Medien wie Pressenza.com und Desinformemonos.org. Man kann ihm auch auf seinem Telegram-Kanal folgen.

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